Selbstanzeige wird nicht abgeschafft


Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung: Der Strafzuschlag (Aufschlag auf die Steuerschuld) soll ab einem Hinterziehungsvolumen von 50.000 Euro von bislang fünf auf zehn Prozent erhöht werden
Die Linke: "Die strafbefreiende Selbstanzeige stellt damit ein Instrument zur rechtlichen Privilegierung bereits privilegierter Menschen dar"

(29.04.14) - Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben sich grundsätzlich für den Erhalt der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung ausgesprochen. In einer Sitzung des Finanzausschusses lehnten CDU/CSU- und SPD-Fraktion einen Antrag der Linksfraktion (18/556) auf Abschaffung dieses Instruments ab. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmte gegen den Antrag der Linksfraktion.

In ihrem Antrag fordert die Linksfraktion von der Bundesregierung die Vorlage eines Gesetzentwurfs, der die Möglichkeit zur Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung abschafft. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, Bagatelldelikte künftig als Ordnungswidrigkeiten zu behandeln. "Keine Schwarzfahrerin, kein kleiner Betrüger kann durch Selbstanzeige einen gesetzlich zugesicherten Anspruch auf Straffreiheit geltend machen. Eine Sonderregelung wird lediglich dem Steuerbetrug eingeräumt. Selbst wenn Eurobeträge in Millionenhöhe hinterzogen werden, gibt es bei Abgabe einer rechtzeitig korrekt ausgeführten Selbstanzeige ein Recht auf faktische Straffreiheit" heißt es in dem Antrag. Die jüngsten Fälle zeigten, dass die Selbstanzeige überwiegend den Reichen zur Entkriminalisierung diene.

"Die strafbefreiende Selbstanzeige stellt damit ein Instrument zur rechtlichen Privilegierung bereits privilegierter Menschen dar", heißt es in dem Antrag. In der Sitzung des Ausschusses wies ein Sprecher der Fraktion darauf hin, dass Korrekturmeldungen von falschen Angaben gegenüber den Finanzbehörden auch ohne Selbstanzeige zu Änderungen der gemachten Angaben führen würden. Zudem seien Bagatellfälle strafrechtlich nicht relevant.

Der Vertreter der Bundesregierung erläuterte die Einigung der Finanzministerkonferenz vom 27. März 2014 auf Änderungen bei der Selbstanzeige. Danach soll der Berichtigungszeitraum eines Steuerhinterziehers für alle Fälle der Steuerhinterziehung auf zehn Jahre ausgeweitet werden. In Fällen einfacher Steuerhinterziehung waren es bisher nur fünf Jahre.

Die Strafverfolgungsverjährung soll auch bei einfacher Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre angehoben werden. Der Strafzuschlag (Aufschlag auf die Steuerschuld) soll ab einem Hinterziehungsvolumen von 50.000 Euro von bislang fünf auf zehn Prozent erhöht werden. Außerdem sieht die Einigung vor, dass die sofortige Entrichtung der Hinterziehungszinsen von sechs Prozent pro Jahr künftig eine "zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung" für die Selbstanzeige sein soll. Geprüft werden müssen nach Angaben der Bundesregierung noch einige Punkte wie die Möglichkeit von Zuschlägen unterhalb eines Hinterziehungsvolumens von 50.000 Euro sowie die Möglichkeit einer Obergrenze für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige. Die Bundesregierung äußerte die Erwartung, dass die Selbstanzeige so ausgestaltet sein werde, dass die Fälle nicht nur noch von Spezialkanzleien betreut werden könnten.

Die CDU/CSU-Fraktion warf der Linksfraktion vor, den Nutzen der Selbstanzeige zu verkennen. Bei der Selbstanzeige würden viele Sachverhalte aufgedeckt werden, die sonst nicht ans Licht kommen würden. Verschärfungen der Bestimmung seien richtig, dürften aber nicht zu einer "Quasi-Abschaffung" der Möglichkeit der Selbstanzeige führen, wurde von der CDU/CSU-Fraktion gewarnt. Ohne Selbstanzeige würde der Staat in vielen Fällen nicht an die hinterzogenen Steuern kommen.

Auch die SPD-Fraktion ging davon aus, dass ohne die Möglichkeit der Selbstanzeige viele fälle von Steuerhinterziehung unentdeckt bleiben würden. Solange es nicht genug Personal bei den Finanzbehörden gebe, werde die Selbstanzeige gebraucht.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprach sich auch gegen den Antrag der Linksfraktion aus. Die von den Finanzministern beratene Untergrenze von 50.000 Euro wurde als zu hoch kritisiert. Man müsse berücksichtigen, welche Mengen an Kapital vorhanden sein müssten, um 50.000 Euro Zinsen zu hinterziehen. Die Fraktion verlangte, das Entdeckungsrisiko für Steuerhinterzieher müsse erhöht werden. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Bitcom lobt und kritisiert Kryptopolitik

    Der Branchenverband Bitcom warnt davor, dass Deutschland seine gute Ausgangsposition im Bereich der Kryptowirtschaft nicht aufs Spiel setzen solle. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (20/10280) sagte Bitcom-Vertreter Benedikt Faupel: "Der Standort Deutschland hat gute Voraussetzungen, ich erinnere an die Blockchain-Strategie."

  • Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte

    Der Kulturausschuss hat sich in einem öffentlichen Fachgespräch mit den Chancen und Risiken des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Medienbereich auseinandergesetzt. Geladen hatte er Sachverständige von Gewerkschaften, Berufsverbänden, Unternehmen und aus der Wissenschaft.

  • Modernisierung des Postrechts

    In einer Anhörung beschäftigten sich neun Sachverständige mit dem Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung zur Modernisierung des Postrechts (20/10283). Dieses beinhalte eine "grundlegende Novellierung des Postrechts", schreibt die Bundesregierung zu dem Entwurf.

  • Einnahmen aus dem Energiekrisenbeitrag

    Die im Zuge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine massiv gestiegenen Preise für Erdgas, Wärme und Strom haben zeitweise eine existenzbedrohende Belastung für die Bevölkerung und Unternehmen in Europa und nicht zuletzt in Deutschland dargestellt. Dabei sorgten das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) und das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) für eine zeitlich befristete, schnelle Entlastung in der Breite der Bevölkerung und der Unternehmen in Deutschland, welche durch ihre konkrete Ausgestaltung die Anreize zum Energiesparen aufrechterhalten hat.

  • Soziale und ökologische Nachhaltigkeit

    Eine nachhaltige Künstliche Intelligenz (KI) braucht politische Rahmenbedingungen. Das machte Kilian Vieth-Ditlmann, stellvertretender Leiter des Policy- & Advocacy-Teams bei der AW AlgorithmWatch gGmbH während eines öffentlichen Fachgespräches im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung deutlich. Als ersten Schritt bewertete er die im EU-Parlament verabschiedete KI-Verordnung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen