Sie sind hier: Home » Markt » Hinweise & Tipps

"Mutwillige Auslegungen" vermeiden


Auslegung eines Vergleichs zeigt Abwegigkeit von Ansprüchen
Bei Freistellungen sollte regelmäßig der Hinweis auf die Anrechnung von Zwischenverdienst erfolgen

(16.03.16) - Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 18.03.2015 (12 Sa 64/15) einen Vergleichstext auslegen müssen. Für Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug, Hauptgeschäftsführer des Agad Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. in Essen, zeigt diese Entscheidung, welche abwegigen Ansprüche von Arbeitnehmern geltend gemacht werden können. "Der Vergleichstext bietet überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Arbeitgeber in diesem Fall sozusagen doppelt habe zahlen wollen. Die Entscheidung zeigt aber auch, dass zur Sicherheit, insbesondere bei Freistellungen, regelmäßig der Hinweis auf die Anrechnung von Zwischenverdienst erfolgen sollte. Damit lassen sich solch "mutwillige Auslegungen" wie hier vermeiden", rät Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug.

Die Klägerin war bei einer Betriebskrankenkasse beschäftigt, die durch das Bundesversicherungsamt geschlossen wurde. Gegen die deswegen ausgesprochene Kündigung klagte die Klägerin erfolgreich durch drei Instanzen. Die Schließung wurde zum 31.12.2011 auch tatsächlich vollzogen. Vor dem Bundesarbeitsgericht einigte sich die Betriebskrankenkasse mit der Klägerin auf die Beendigung zum 31.12.2013.

Im Vergleichstext wurde folgendes protokolliert: "1. Es besteht Einigkeit, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.2013 beendet worden ist. 2. Die Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt auf der Basis des Monatsgehalts zum Zeitpunkt der Schließung zuzüglich vertraglicher Sonderzahlungen, deren Höhe sich ebenfalls nach dem Stand zum Zeitpunkt der Schließung bemisst, abzurechnen und sich hieraus ergebende Nettolohnansprüche an die Klägerseite auszuzahlen, soweit Ansprüche nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger, übergegangen sind."

Da die Klägerin in der Zwischenzeit bei einer anderen Krankenkasse ein neues Arbeitsverhältnis begründet hatte, rechnete die Betriebskrankenkasse bei den nachzuzahlenden Gehältern für die Jahre 2012 und 2013 den erzielten anderweitigen Verdienst an und zahlte nur die Differenz in Höhe von 8.341,66 Euro noch an die Klägerin.

Die Arbeitnehmerin meinte hingegen, eine Anrechnung von Zwischenverdienst sei nach dem Vergleichstext nicht vorgesehen und forderte ihre vollen Gehälter für 2012 und 2013 in Höhe von insgesamt 78.853,14 Euro. Die Klage blieb durch beide Instanzen erfolglos.
Das LAG weist darauf hin, dass die Anrechnung von anderweitig erzieltem Zwischenverdienst gem. § 615 BGB als gesetzlicher Regelfall ausgestaltet worden sei. Die Auslegung des Vergleichstextes ergebe, dass der Vergleich ebenfalls von einer Anrechnung des Zwischenverdienstes ausgehe. In Nummer 2 des Vergleiches verpflichte sich die Beklagte dazu, das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.2013 abzurechnen und sich hieraus ergebende Nettolohnansprüche an die Klägerseite auszuzahlen. Eine Abrechnung betreffe von ihrer Wortbedeutung her die tatsächlich bestehenden Ansprüche. Im Annahmeverzug bestehe nach den gesetzlichen Regelungen der Anspruch auf Vergütung nur unter Anrechnung des Zwischenverdienstes. Auch wenn im Vergleichswortlaut das Wort "ordnungsgemäß" fehle, ändere dies nichts daran, dass der konkrete Vergleichstext aus der Sicht eines durchschnittlichen Arbeitnehmers in verständiger und redlicher Weise zur Überzeugung der Kammer so zu verstehen sei, dass eine Anrechnung des Zwischenverdienstes erfolge. (Agad: ra)

Agad: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Markt / Hinweise & Tipps

  • Datenschutz erfordert technische Präzision

    Moderne Unternehmensarchitekturen stellen hohe Anforderungen an eine Consent Management Platform (CMP). Nur mit tiefer technischer Integration lassen sich Datenschutz und Nutzerfreundlichkeit effektiv umsetzen - das zeigen aktuelle Entwicklungen in Regulatorik und Praxis. Die Zeiten einfacher Cookie-Banner sind vorbei: In modernen Unternehmensumgebungen muss eine Consent Management Platform mehr leisten als die bloße Einholung einer Zustimmung.

  • Bewertung der Kreditwürdigkeit

    Wer in Anleihen investieren möchte, sollte die Unterschiede zwischen Staats- und Unternehmensanleihen kennen. Beide bieten Chancen aber auch unterschiedliche Risiken. Dieser Artikel zeigt, worauf es bei der Einschätzung von Bonität, Rendite und Sicherheit ankommt.

  • Compliance-Verstöße: Identitäten im Blindflug

    Rund 40 Prozent der Unternehmen verzichten laut einem aktuellen Bericht noch immer auf moderne Identity-Governance- und Administration-Lösungen (IGA). Das ist nicht nur ein organisatorisches Defizit - es ist ein ernstzunehmender Risikofaktor. Denn der Umgang mit digitalen Identitäten ist in vielen Organisationen noch immer ein Flickwerk aus manuellen Abläufen, intransparenten Prozessen und veralteter Technik. Während Cloud-Umgebungen rasant wachsen und Compliance-Anforderungen zunehmen, bleiben zentrale Fragen der Zugriffskontrolle oft ungelöst.

  • So schützen Sie sich vor Anlagebetrug

    Wer im Internet nach lukrativen Geldanlagemöglichkeiten sucht, sollte vorsichtig sein. Oft werden hohe Renditen auch für kleine Anlagebeträge versprochen. Was auf den ersten Blick verlockend klingt, kann Sie schnell um Ihr Geld bringen!

  • Risiko für Wirtschaftlichkeit & Compliance

    Die Begeisterung für KI-Modelle hält ungebrochen an - doch sie hat eine Schattenseite: Systeme wie GPT o3 und o4-mini werden zwar immer leistungsfähiger, halluzinieren aber immer häufiger. Bei Wissensfragen im sogenannten SimpleQA-Benchmark erreichen sie Fehlerquoten von bis zu 79 Prozent - ein alarmierender Wert, der selbst die Entwickler bei OpenAI ratlos zurücklässt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen