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Nebeneinkünfte im Deutschen Bundestag


Lammert kritisiert Offenlegung der Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten – Der Intransparenz wurden Tür und Tor geöffnet
Neue Umfrage von Compliance-Magazin.de: Sollte das Transparenz-Gesetz nochmals reformiert werden?


(11.07.07) - Die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun erfolgte teilweise Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten im Internet hat massive Kritik in fast allen politischen Lagern ausgelöst. An die Spitze der Kritiker hat sich Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert gesetzt. Er hatte schon kurz nach Urteilsverkündung erklärt: "Die derzeit von verschiedener Seite zu vernehmende Kritik an der Aussagekraft der veröffentlichten Angaben über Nebentätigkeiten halte ich für berechtigt." Lammert gab allerdings zu bedenken, dass ihm als Parlamentspräsident gewissermaßen die Hände gebunden seien und eine Reform der Reform von den Abgeordneten angestoßen werden müsste.

Die als "Transparenz-Gesetz" bekannte Neuregelung im Abgeordnetengesetz behandelt die Verhaltensregeln der Abgeordneten und war noch unter der rot-grünen Regierung abgesegnet worden. Schon damals hatte Lammert gegen dieses Gesetz Position bezogen.

Treffend nannte der "Spiegel" die veröffentlichten Nebeneinkünfte "eine Liste der Intransparenz". Indem die Nebeneinkünfte je nach Höhe in drei Stufen eingeteilt werden, werde die tatsächliche Einnahme der Abgeordneten verschleiert. Auch die Erklärungen auf der Internetseite des Bundestages weisen auf eine andere entscheidende Lücke hin: "Die Höhe der Einkünfte bezeichnet daher nicht den wirtschaftlichen Gewinn aus einer Tätigkeit oder das zu versteuernde Einkommen."

Der SPD-Abgeordnete Peter Dankert, einer der Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht, begründet den Änderungsbedarf des Gesetzes damit, dass das Gesetz sein eigentliches Ziel verfehle. Es böte keine Transparenz, da nicht ersichtlich sei, ob Abgeordnete bei der Ausübung ihres Mandates durch ihre nebenberufliche Tätigkeit beeinträchtigt werden. Auch Dankert will eine Änderung dieses Gesetzes.

Max Straubinger, Abgeordnete der CSU und ebenfalls Kläger, bemängelt, dass bei den Nebenberufen nicht unterschieden wird zwischen Tätigkeiten, die ein Abgeordneter noch vor seiner Wahl ins Parlament wahrgenommen hat und Verpflichtungen, die erst später hinzu gekommen seien.

FDP-Chef Guido Westerwelle will gar einen ganz neuen Weg der kompletten Intransparenz bzw. des "Lobbyismus pur" einschlagen: In der "Badischen Zeitung" regte er eine neue Variante der Politikerversorgung an. Abgeordnete sollten angemessen verdienen dürfen – dafür sollten sie aber wie Freiberufler selbst für ihr Alter Vorsorge treffen. Das hieße nichts anderes als: Das Amt üben durch und von der Wirtschaft bezahlte Abgeordnete aus. Resultat: Der Abgeordnete als Handlanger bzw. Erfüllungsgehilfe der Wirtschaft.

Heinz Riesenhuber, früherer Bundesforschungsminister und Abgeordneter der CDU, ließ in einem Gespräch mit der Financial Times Deutschland (FTD) erkennen, dass er überhaupt nicht den wahren Sinn des Transparenzgesetzes erkannt hat. "Letztlich entscheiden doch die Bürger, ob ich im Wahlkreis ausreichend präsent bin." Es sei alles eine Frage der Arbeitsorganisation. Die Gefahr der politischen Vereinnahmung durch die spendablen Zuwendungen aus der Wirtschaft scheint Heinz Riesenhuber überhaupt nicht bewusst zu sein. Laut Berechnungen der FTD strich Riesenhuber allein im letzten Jahr rund 300.000 Euro an Nebeneinkünften ein.

Dr. Heinz Riesenhuber, CDU/CSU (im Nebenberuf Abgeordneter des Deutschen Bundestages),
ist Stolz darauf, alle Jobs unter einen Hut zu bringen. Nicht erwähnt wurden im Folgenden Funktionen in Vereinen, Verbänden und Stiftungen sowie Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften.

Entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat

  • Casino zu Coblenz, Koblenz, Vortrag, September 2006, Stufe 2
  • Du Pont de Nemours S.A., Bad Homburg, Vortrag, Januar 2007, Stufe 3
  • Siemens AG, München, Mitarbeit im Innovationskreis (bis 31.5.2006), 2005, Stufe 3
  • Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen e.V., Gelsenkirchen, Vortrag, März 2007, Stufe 3

Funktionen in Unternehmen

  • Altana AG, Bad Homburg, Mitglied des Aufsichtsrates (bis 3.5.2007), 2005, Stufe 3; 2006, Stufe 3; Mai 2007, Stufe 3
  • EVOTEC AG, Hamburg, Vorsitzender des Aufsichtsrates, 2006, Stufe 3; April 2007, Stufe 3
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt/Main, Mitglied des Aufsichtsrates, 2005, Stufe 3; 2006, Stufe 3
  • Frankfurter Versicherungs-AG, München, Mitglied des Beirates (bis 31.12.2005)
  • HBM BioVentures AG, Baar/Schweiz, Mitglied des Verwaltungsrates, 2006, Stufe 3; 2007, Stufe 3
  • Heidelberg Innovation BioScience Venture II GmbH & Co. KG, Heidelberg, Mitglied des Investorenbeirats
  • Henkel KGaA, Düsseldorf, Mitglied des Aufsichtsrates, 2005, Stufe 3; 2006, Stufe 3; 2007, Stufe 3
  • Kabel Deutschland GmbH, München/Unterföhring, Mitglied des Beirates und des Aufsichtsrates, 2005, Stufe 3; 2006, Stufe 3; 2007, Stufe 3
  • Marketing Corporation AG, Bad Homburg, Vorsitzender des Beirates (bis 31.12.2006), Dezember 2005, Stufe 2; 2006, Stufe 3
  • VfW AG Logistik und Rücknahmesysteme, Köln, Stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrates, 2006, Stufe 3: 2007, Stufe 3
  • Vodafone Deutschland GmbH, Düsseldorf, Mitglied des Aufsichtsrates (bis 18.6.2007), 2006, Stufe 3


Das Transparenz-Gesetz steht in der Kritik.
Wir wollen von den Lesern von Compliance-Magazin.de wissen, ob dieses Gesetz nochmals geändert werden sollte.
Zudem möchten wir von Ihnen erfahren, was geändert werden sollte.

Hier geht es zur Umfrage:
Nebeneinkünfte: Lammert setzt Gesetz um
BVerfG schmettert Abgeordnetenklage ab
Interessenkonflikte werden transparenter
Deutscher Bundestag und Nebeneinkünfte
Verhaltensregeln: Deutscher Bundestag

(Compliance-Magazin.de, Deutscher Bundestag: ra)


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