Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten


Datenvorratsspeicherung: Europäische Kommission erhebt Klage gegen Deutschland und fordert Verhängung von Geldstrafen
Europäische Kommission will Zahlung eines Zwangsgelds für jeden Tag ab dem Urteil des Gerichtshofs bis zur Beendigung des Verstoßes gegen EU-Recht


(08.06.12) - Mehr als zwei Jahre nachdem das Bundesverfassungsgericht das nationale Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten aufhob, ist Deutschland der Richtlinie immer noch nicht nachgekommen. Daher erhob die Kommission Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und forderte die Verhängung von Geldstrafen.

Die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten schreibt Telekommunikationsbetreibern und Internetanbietern zwingend vor, Verbindungs- und Standortdaten für Strafverfolgungszwecke zu speichern. Verzögerungen bei der Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht könnten negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation sowie auf die Fähigkeit von Justiz- und Polizeibehörden haben, schwere Straftaten aufzudecken, zu untersuchen und zu verfolgen.

Am 2. März 2010 hob das Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie auf. Deutschland wurde hinlänglich Zeit für die Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht eingeräumt. Obwohl das Gerichtsurteil die volle, verfassungskonforme Umsetzung der Richtlinie keineswegs ausschließt, wurden seitdem keine neuen Rechtsvorschriften erlassen.

Im Oktober 2011 forderte die Kommission Deutschland in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme auf, diesen Verstoß gegen EU-Recht zu beenden. Am 26. März 2012 wies die Kommission das Land darauf hin, dass sie den Gerichtshof ersuchen würde, Geldstrafen zu verhängen, sollte der nächste Verfahrensschritt – die Anrufung des Gerichtshofs – gerechtfertigt sein.

Seitdem haben die deutschen Behörden noch nicht mitgeteilt, inwiefern und wann sie neue Rechtsvorschriften zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie erlassen werden. Die Kommission hat deutlich gemacht, dass ein System der Datensicherung ("Quick Freeze Plus"), wie es derzeit in Deutschland diskutiert wird, nicht als vollständige Umsetzung der Richtlinie anzusehen wäre.

Daher beschloss die Kommission, Klage zu erheben und dem Gerichtshof vorzuschlagen, die Zahlung eines Zwangsgelds für jeden Tag ab dem Urteil des Gerichtshofs bis zur Beendigung des Verstoßes gegen EU-Recht zu verhängen (Artikel 260 Absatz 3 AEUV).

Die Kommission schlägt vor, dass der Gerichtshof gegen Deutschland die Zahlung eines täglichen Zwangsgelds in Höhe von 315.036.54 EUR verhängt.

Außerdem beschloss die Kommission offiziell, das Verfahren gegen Österreich, das alle Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie mitgeteilt hat, einzustellen und das Verfahren gegen Schweden teilweise einzustellen.

Auch wenn Schweden die Richtlinie inzwischen vollständig umgesetzt hat, wird noch ein Urteil des Gerichtshofs nach seiner letztjährigen zweiten Anrufung in dieser Sache erwartet, als die Kommission die Zahlung eines Pauschalbetrags und eines Zwangsgelds forderte. Entsprechend ihrer Praxis in Fällen, in denen ein Mitgliedstaat eine Richtlinie bereits umsetzt, wenn der Gerichtshof zum zweiten Mal mit dem Verstoß befasst wird, beschloss die Kommission, die Forderung nach Zahlung eines Zwangsgelds zurückzuziehen, gleichzeitig aber die Forderung nach Zahlung eines Pauschalbetrags durch Schweden aufrechtzuerhalten.

Hintergrund
Die Richtlinie zur Datenvorratsspeicherung (2006/24/EG) wurde 2006 angenommen und hätte bis zum 15. September 2007 in innerstaatliches Recht umgesetzt sein müssen, wobei die Möglichkeit bestand, die Speicherung von Verbindungsdaten beim Zugang zum Internet sowie bei der Nutzung von Internet-Telefonie und elektronischer Post erst ab dem 15. März 2009 zwingend vorzuschreiben.

Datenvorratsspeicherung heißt, dass die Verbindungs- und Standortdaten (nicht der Inhalt) der elektronischen Kommunikation gespeichert werden. Nach der Richtlinie dürfen die von den Internetanbietern und Telefongesellschaften gespeicherten Verbindungs- und Standortdaten nur in besonderen Fällen nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts, der einschlägigen Bestimmungen des EU-Rechts und des Völkerrechts an die nationalen Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden.

Im April 2011 nahm die Kommission einen Bewertungsbericht an, in dem die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten analysiert wird und die Verwendung der gespeicherten Daten sowie die Auswirkungen auf Betreiber und Verbraucher beurteilt werden. (Europäische Kommission: ra)

Lesen Sie auch:
EU-Klage wegen Vorratsdatenspeicherung
Vorratsdatenspeicherung und Grundrechte
Teuer: Umsetzung des verfassungswidrigen Gesetzes
Vorratsdatenspeicherung & Datensicherheit


Meldungen: Europäische Kommission

  • Straßenverkehrssicherheit und Luftqualität

    Um die Straßenverkehrssicherheit und die Luftqualität in der gesamten EU zu verbessern, schlägt die Kommission eine umfassende Überarbeitung der EU-Vorschriften für die Straßenverkehrssicherheit und die Zulassung von Fahrzeugen vor.

  • Geldbußen bis zu 500 Mio. Euro

    Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass Apple nicht, wie im Gesetz über digitale Märkte vorgeschrieben, seine Einstellungen zur standardmäßigen Weiterleitung aufgehoben hat, und dass Meta gegen die im Gesetz über digitale Märkte vorgeschriebene Verpflichtung verstoßen hat, Verbraucherinnen und Verbraucher einen Dienst wählen zu lassen, bei dem weniger personenbezogene Daten verwendet werden.

  • Wiederherstellung der Rentabilität

    Die Europäische Kommission hat eine Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 321,2 Mio. EUR, die Deutschland Condor zur Wiederherstellung ihrer Rentabilität gewährt hatte, nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. Dieser Beschluss trägt dem Urteil des Gerichts vom 8. Mai 2024 Rechnung, mit dem ein vorheriger Kommissionsbeschluss vom Juli 2021 für nichtig erklärt wurde. Die deutsche Charterfluggesellschaft Condor erbringt von ihren Drehkreuzen in Deutschland aus Luftverkehrsdienstleistungen für Privatkunden und Reiseveranstalter, insbesondere im Rahmen von Freizeitreisen. Im September 2019 musste Condor wegen der Abwicklung seiner Muttergesellschaft, des Reisekonzerns Thomas Cook, Insolvenz anmelden.

  • Effizienter Austausch von Fahrzeugdaten

    Auf den Straßen der EU sind nach wie vor unsichere Fahrzeuge präsent. Sie verursachen Abstürze, direkt oder indirekt. Einige Fahrzeugmängel werden noch nicht erkannt, entweder weil sie bei der regelmäßigen technischen Inspektion (PTI) nicht geprüft werden oder weil keine Verpflichtung besteht, das Fahrzeug selbst zu prüfen. Darüber hinaus wurden die derzeitigen Testmethoden nicht an den Fortschritt und die Einführung neuer Technologien wie ADAS-Funktionen (Advanced Driver Assistance) und Elektrofahrzeuge angepasst. Auch die Kontrolle der Luftschadstoff- und Lärmemissionen von Fahrzeugen ist nach wie vor unzureichend, da einige der PTI-Tests nicht empfindlich genug sind, um Emissionen über die für die jüngsten Fahrzeuge geltenden gesetzlichen Grenzwerte hinaus zu erkennen, und die derzeitigen Prüfverfahren nicht geeignet sind, zur Verringerung der Luftverschmutzung (Stickstoffoxidemissionen (NOx)und Nanopartikel) und des Lärms beizutragen.

  • Verbesserung der Resilienz

    Die Europäische Kommission hat beschlossen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an 19 Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Deutschland, Estland, Irland, Spanien, Frankreich, Zypern, Lettland, Luxemburg, Ungarn, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Finnland und Schweden) zu richten, weil diese Länder es versäumt haben, ihr die vollständige Umsetzung der NIS-2-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2555) mitzuteilen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen