Freihandel bei Lebensmitteln braucht Grenzen


Internationale Studie zu Verbraucherwünschen bei Lebensmitteln: Verbraucher sehen Angleichung von Standards kritisch
Die Mehrheit der Befragten spricht sich dafür aus, dass sich Standards und Regeln für den Lebensmittelhandel nicht allein an wissenschaftlichen Fakten zur Gesundheit orientieren dürfen

(06.02.15) - Verbraucher sehen es kritisch, wenn nationale Standards für Lebensmittel geändert werden, um international Handelshemmnisse abzubauen. Das zeigt eine aktuelle Umfrage von forsa im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). In vier Ländern auf vier Kontinenten wurden über 2.000 Verbraucher nach Anforderungen an Lebensmittel und den globalen Handel gefragt: Deutschland, USA, Indien und Südafrika. Die größten Unterschiede gibt es bei der Bewertung von Herstellungsbedingungen, Zusammensetzung, Einsatz von Gen- und Klontechnik aber auch Preisen von Lebensmitteln. Der vzbv fordert eine stärkere Gewichtung der Verbraucherinteressen in internationalen Freihandelsabkommen.

Die international angelegte Befragung zum Thema "Kulturelle Wünsche der Verbraucher bei der Auswahl von Lebensmitteln" zeigt, dass rund um den Globus unterschiedliche Aspekte bei Lebensmitteln kaufentscheidend sind.

Kontinentübergreifend messen die Befragten zwar der gesundheitlichen Unbedenklichkeit (86 Prozent) und dem guten Geschmack von Lebensmitteln (89 Prozent) große Bedeutung bei. Bei anderen Aspekten liegen die Präferenzen hingegen weit auseinander: In Deutschland ist die Skepsis gegenüber dem Einsatz von Hormonen und Antibiotika am größten – 79 Prozent der Befragten lehnen das ab. In den USA sind es nur 52 Prozent. Dass Gen- und Klontechnik nicht eingesetzt wird, ist für 70 beziehungsweise 71 Prozent der deutschen Verbraucher wichtig. In den USA sind es 46 beziehungsweise 48 Prozent.

Die Umfrage zeigt zudem, dass Verbraucher die immer stärkere Angleichung von Standards zum Abbau von Handelshemmnissen kritisch sehen: Nur etwa ein Drittel (31 Prozent) spricht sich für einheitliche internationale Standards aus. Verbraucher in den USA stehen einer Vereinheitlichung am unkritischsten gegenüber, in Deutschland wird sie lediglich von 13 Prozent unterstützt. Ebenso ein Drittel aller Befragten befürwortet die Aufrechterhaltung nationaler Standards beziehungsweise den Abbau von Handelshemmnissen, wenn weiterhin die Möglichkeit länderspezifischer Regulierungen gegeben ist. "Verbraucher wollen keine Gleichmacherei – das müssen die Verantwortlichen berücksichtigen, wenn sie Unterstützung für Handelsabkommen wollen", sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv.

Verbraucherinteressen berücksichtigen
Die Mehrheit (62 Prozent) der Befragten spricht sich dafür aus, dass sich Standards und Regeln für den Lebensmittelhandel nicht allein an wissenschaftlichen Fakten zur Gesundheit orientieren dürfen. Auch andere Bedürfnisse und Wünsche seien zu berücksichtigen. Zu relevanten Verbraucherinteressen zählt neben der Ablehnung von bestimmten Produktionsmethoden, wie etwa der Gen- und Klontechnik, auch das Recht auf eine informierte Kaufentscheidung. Bislang sieht das internationale Handelsrecht regulatorische Eingriffe nur zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen vor. Aus Sicht des vzbv ist das nicht ausreichend: "Freihandel muss die Interessen der Verbraucher berücksichtigen", so Müller. "Verbraucher wollen mehr wissen: Wie wurde das Produkt hergestellt, was ist drin und wo kommt es genau her." Handelsabkommen dürften die Kennzeichnung von ausschlaggebenden Produkteigenschaften wie Herkunft, Nährwert oder Informationen über die Art der Tierhaltung nicht einschränken, so Müller.
Vorsorgeprinzip nicht verhandelbar
Der vzbv fordert zudem eine Wiederbelebung multilateraler statt immer weiterer bilateraler Abkommen. "Demokratie bedeutet, alle an einen Tisch zu holen und gemeinsame Lösungen zu vereinbaren. Die Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO sind zwar zäh. Sie sind aber besser geeignet als bilaterale Abkommen, denn sie schaffen durch eine größere Allgemeingültigkeit mehr Rechtsverbindlichkeit", so Müller. (vzbv: ra)

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