Interner Schutz von Whistleblowern


"Whistleblowing Report 2021": Ein Drittel der Unternehmen weist Missstände auf
Mehrheit der Unternehmen hat eine interne Meldestelle - Großteil nicht vorbereitet auf die ab 17. Dezember in Kraft tretende EU-Whistleblowing-Richtlinie



Mitte Dezember tritt die EU-Whistleblowing-Richtlinie in Kraft und verpflichtet einen Großteil der Unternehmen zur Implementierung eines internen Meldekanals. Jedoch sind viele betroffene Unternehmen noch nicht ausreichend vorbereitet, wie aus dem Whistleblowing Report 2021 hervorgeht. Für diesen befragte die Fachhochschule Graubünden in Zusammenarbeit mit der Münchner EQS Group 1.239 Unternehmen in Deutschland, Schweiz, Frankreich und Großbritannien zur Verwendung von internen Meldekanälen.

Drittel der deutschen Unternehmen verzeichnet Missstände
Bei 37 Prozent der befragten deutschen Unternehmen traten im vergangenen Jahr Missstände auf. Dazu gehört illegales oder unethisches Verhalten, das nach geltenden Bestimmungen oder Gesetzen nicht erlaubt ist – wie finanzielles Fehlverhalten, Dokumentenfälschung, Korruption und Bestechung. In vielen Fällen ziehen diese Missstände auch einen finanziellen Schaden nach sich. Das Fehlverhalten tritt dabei insbesondere bei größeren Unternehmen auf: 42 Prozent der befragten Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden gaben an, dass dies im Jahr 2020 vorkam.

Für rund ein Drittel der Unternehmen, bei denen es 2020 zu Missständen und daraus resultierenden finanziellen Einbußen kam, betrugen diese mehr als 100.000 Euro. Bei weiteren 35 Prozent bezifferte sich der Schaden auf eine Summe zwischen 10.000 Euro und 99.999 Euro. Insgesamt gesehen gingen pro Unternehmen im Schnitt 34 Meldungen im Jahr 2020 ein.

Großteil bereits mit interner Meldestelle
63 Prozent der befragten Unternehmen aus Deutschland weisen eine interne Meldestelle auf. Bei den Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden liegt dieser Anteil sogar um elf Prozent höher (74 Prozent). Die Hauptgründe für die Verwendung einer internen Meldestelle sind, dass die Befragten vom Nutzen und der Effektivität überzeugt sind (89 Prozent), die Verbesserung der Unternehmenskultur mithilfe der Meldungen (87 Prozent) sehen sowie ihre Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitenden (86 Prozent) wahrnehmen möchten.

Von den Unternehmen, die derzeit noch über kein Meldesystem verfügen, planen 14 Prozent die Einführung eines solchen, weitere 17 Prozent ziehen es in Erwägung. Währenddessen führt ein Viertel der befragten Unternehmen eine Meldestelle nur bei gesetzlicher Pflicht ein, für 43 Prozent ist eine Einführung derzeit kein Thema. Einer der Hauptgründe ist demnach die fehlende gesetzliche Verpflichtung sowie der Vorwand einer bereits starken integren Unternehmenskultur (je 71 Prozent).

Allerdings sind die meisten Unternehmen noch weit davon entfernt, die insgesamt neun Punkte der EU-Richtlinie zu erfüllen: Nur 14 Prozent haben das Ziel bereits erreicht, weiteren 13 Prozent fehlen nur noch ein oder zwei Punkte zur kompletten Umsetzung der Hinweisgeberrichtlinie. Dagegen stehen 43 Prozent noch komplett bei null. Die Umsetzungsfrist dafür läuft in wenigen Wochen ab.

So können Mitarbeitende in Unternehmen Missstände melden
Der Großteil der Unternehmen bietet seinen Mitarbeitenden an, via E-Mail Missstände zu melden (78 Prozent). Daneben sind mit 68 Prozent bzw. 67 Prozent das Telefon sowie der persönliche Besuch bei den Compliance-Beauftragten die am häufigsten angebotenen Meldewege. Die Meldung per Brief bieten 41 Prozent der Unternehmen an, per Hotline oder über ein webbasiertes Hinweisgebersystem allerdings nur 19 Prozent der Unternehmen.

Eine anonyme Hinweisabgabe, bei der keine Rückschlüsse auf die zu meldende Person gezogen werden können, gewährleisten 73 Prozent aller befragten Unternehmen. Zusätzlich ermöglichen 23 Prozent eine vertrauliche Abgabe von Meldungen.

Die meisten Meldungen der Unternehmen mit interner Meldestelle bezogen sich dabei auf die geschäftliche Integrität (24 Prozent), HR, Diversität sowie Respekt am Arbeitsplatz (22 Prozent), aber auch auf das interne Rechnungswesen, Wirtschaftsprüfung oder die Finanzberichterstattung mit 17 Prozent.

Marcus Sultzer, CRO und Mitglied des Vorstands der EQS Group AG, kommentiert die Ergebnisse: "Die Ergebnisse unseres Whistleblowing Reports 2021 zeigen deutlich auf, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen in Deutschland die Relevanz für einen besseren internen Schutz von Hinweisgebenden sieht. Was die konkrete Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie betrifft, ist allerdings noch deutlich Luft nach oben. Auch wenn für das deutsche Gesetz noch kein Entwurf vorliegt, müssen sich die Unternehmen in Deutschland am EU-Gesetz orientieren. Wenn Sie bis Mitte Dezember nicht die Punkte der Hinweisgeberrichtlinie vorweisen, verstoßen sie faktisch gegen EU-Recht." (EQS Group: ra)

eingetragen: 18.11.21
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