Korruption von Abgeordneten
Erste Verurteilung nach dem Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung in Deutschland seit seiner Einführung
Transparency Deutschland fordert eine Verschärfung des §108e, Strafgesetzbuch
(10.04.07) - Das Neuruppiner Landgericht hat Montag letzter Woche erstmalig den seit 1994 existierenden Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung angewandt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und könnte durch den Bundesgerichtshof aufgehoben werden. Dem Abgeordneten des Neuruppiner Stadtrates hat eine Investitionsgesellschaft ein persönliches Darlehen von 100.000 Euro angeboten, wenn die Stadt einer Ausfallbürgschaft von 13,7 Mio. Euro zustimmt. Diese Bürgschaft war nach Ansicht des Gerichts wesentliches Element einer Finanzierung der Investitionsgesellschaft. Das Gericht sah den Stimmenkauf als erwiesen an.
Transparency Deutschland fordert angesichts der ersten Verurteilung in 13 Jahren die Verschärfung des §108e StGB. Dieser Paragraph sollte nicht nur wie zurzeit den konkreten Stimmenkauf unter Strafe stellen, sondern auch den Kauf aller Handlungen bzw. Unterlassungen, die bei der Wahrnehmung des Mandats erfolgen. Weiterhin wird gefordert, dass die Strafbarkeit auch Vorteile für Dritte umfasst und dass auch so genannte "Dankeschön-Spenden" strafrechtlich verfolgt werden können.
Christian Humborg, Geschäftsführer von Transparency Deutschland, kommentiert: "Dieses Urteil wird in die Justizgeschichte eingehen. Seit 1851 ist die Regelung der Abgeordnetenbestechung ein Zankapfel in der Politik. Inzwischen wird in Deutschland die Bestechung ausländischer Abgeordneter sogar härter bestraft als die Bestechung inländischer Abgeordneter. Diese Schieflage muss endlich beseitigt werden".
Eine Verschärfung des 108e StGB ist Voraussetzung für die Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption durch Deutschland. Mit der Unterzeichnung der Konvention im Dezember 2003 hat Deutschland seinen Willen bekundet, die Konvention umzusetzen. Die Konvention stellt die Bestechung von Amtsträgern - wozu nach der Definition dieser und anderer internationaler Konventionen auch Abgeordnete gehören - in einem Maße unter Strafe, wie es das deutsche Recht nur für Beamte und öffentliche Angestellte kennt. Die Konvention wurde inzwischen durch mehr als 75 Staaten ratifiziert, darunter China, Frankreich, Großbritannien, Polen, Russland, Südafrika und die USA.
"Aufgrund der eng gefassten Definition des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung ist Deutschland nach wie vor nicht in der Lage, die Anforderungen der UN-Konvention gegen Korruption zu erfüllen" erläutert Anne van Aaken, Professorin an der Universität St. Gallen und Mitglied von Transparency Deutschland. "Die durch Deutschland unterschriebene Konvention muss endlich ratifiziert werden. Für Deutschland besteht dringender Handlungsbedarf, um sich in diesem Bereich international nicht ins Abseits zu stellen". (Transparency: ra)
Meldungen: Markt-Nachrichten
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Zusammenhang mit Korruptionsdelikten
Im Jahr 2021 ist die Zahl der Korruptionsstraftaten in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen. Von der Polizei wurden insgesamt 7.433 Korruptionsdelikte registriert - ein Anstieg von fast 35 Prozent im Vergleich zu 2020. Auch die Zahl der damit unmittelbar zusammenhängenden Begleitdelikte - hierzu zählen u.a. Betrugsdelikte und Urkundenfälschungen, wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen, Strafvereitelungen, Falschbeurkundungen im Amt sowie Verletzungen des Dienstgeheimnisses - nahm um über 10 Prozent zu.
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Deutsche Kunden einer Bank in Puerto Rico im Blick
Am 11.08.2020, fanden mehrere Einsatzmaßnahmen wegen des Verdachts der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung in mehreren Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main statt. Im Einzelnen: Ermittlungen gegen einen Geschäftsmann in Brandenburg - Einsatzkräfte des Bundeskriminalamts durchsuchten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main (Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftssachen) Räumlichkeiten einer Im- und Exportfirma sowie Wohnräume eines Beschuldigten in Brandenburg wegen des Verdachts der Geldwäsche.
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Massiver Datenschutzverstoß
Vierzehn Menschenrechts- und Digitalrechtsorganisationen - darunter auch die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) - starteten, koordiniert von Liberties, die Kampagne #StopSpyingOnUs, indem sie gleichzeitig in neun EU-Ländern bei ihren nationalen Datenschutz-Aufsichtsbehörden Beschwerden gegen illegale Verfahren der verhaltensorientierten Werbung einreichen. Zu den Ländern, die an der Kampagne teilnehmen, gehören Deutschland, Belgien, Italien, Frankreich, Estland, Bulgarien, Ungarn, Slowenien und die Tschechische Republik. Dies ist die dritte Welle einer Kampagne, die 2018 begann. Die ersten Beschwerden wurden bei den britischen und irischen Datenschutzbehörden eingereicht.
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Tausende Briefkastengesellschaften vorgehalten
Seit drei Jahren ermittelt das Bundeskriminalamt im Auftrag der Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen insgesamt drei Beschuldigte. Ab 18.02.2019 erfolgte die gleichzeitige Beschlagnahme von vier Immobilien in Schwalbach am Taunus, Nürnberg, Regensburg und Mühldorf am Inn im Gesamtwert von rund 40 Millionen Euro. Daneben wurde ein Konto bei einer Bank in Lettland mit einem erwarteten Guthaben in Höhe von ca. 1,2 Millionen Euro beschlagnahmt, welches aus der Veräußerung einer weiteren Immobilie in Chemnitz herrührt. Zusätzlich wurde die vorläufige Sicherung von Kontoguthaben bei diversen Banken in Deutschland auf der Grundlage von Vermögensarresten in Höhe von ca. 6,7 Millionen Euro bei zwei beteiligten Immobiliengesellschaften in Deutschland veranlasst.
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Korruption: Dunkelfeld weiterhin sehr groß
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat 2017 einen Rückgang der Korruptionsstraftaten registriert. Wie aus dem veröffentlichten Bundeslagebild Korruption hervorgeht, nahm die Zahl dieser Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent auf 4.894 ab. Damit wurde 2017 die niedrigste Anzahl von Korruptionsstraftaten seit fünf Jahren gemeldet. Das BKA führt diese Entwicklung unter anderem auf etablierte Compliance-Strukturen in Unternehmen und Behörden sowie auf die damit verbundene Sensibilisierung der Mitarbeiter zurück. Einen Grund zur Entwarnung liefern die Zahlen indes nicht: Nur ein Teil aller begangenen Korruptionsstraftaten wird polizeilich bekannt. Das Dunkelfeld wird weiterhin als sehr groß eingeschätzt.