Anlegerschutz mit Lücken


Verbraucherzentrale Bundesverband fordert "Schutzschirm für Verbraucher"
Statt Kontrolle durch die BAFin nun (Bafin) eine stärkere gewerberechtliche Regulierung, die allerdings noch völlig offen sei


(10.11.10) - Lückenhaft und inkonsequent sei der Regierungsentwurf zum Anlegerschutz. Das kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und fordert die deutsche Bundesregierung auf, ein schlüssiges Gesamtkonzept zum Anlegerschutz vorzulegen.

"Wir brauchen einen Schutzschirm für Verbraucher. Stattdessen schützt die Koalition die Anbieter vor wirksamer Kontrolle", sagt Vorstand Gerd Billen. Kritik übt der vzbv insbesondere an den fehlenden Regelungen für freie Finanzvermittler und an der völlig unzureichenden Umsetzung des Produktinformationsblattes.

Ursprünglich wollte das Bundesfinanzministerium Verkäufer von Produkten des Grauen Kapitalmarkts der Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) unterstellen. Im nun vorliegenden Gesetzentwurf sei davon keine Rede mehr. Stattdessen verweise die Koalition auf eine stärkere gewerberechtliche Regulierung, die allerdings noch völlig offen ist.

"Die Gewerbeaufsicht ist zu einer effektiven Kontrolle personell, strukturell und inhaltlich nicht in der Lage", kritisiert Billen. Die Konsequenz: Es gebe weiterhin Produktgruppen, deren Verkauf weniger gut kontrolliert werde. Der vzbv prognostiziert, dass unseriöse Vermittler in genau diesen Markt drängen werden. Denn dort erwarte sie der geringste Widerstand.

Keine Mündigkeit ohne Transparenz
Ein weiterer Kritikpunkt: Die Vorgaben zum Produktinformationsblatt blieben weit hinter dem zurück, was vor allem Verbraucherministerin Ilse Aigner angekündigt hätte. Zwar sei das Informationsblatt künftig gesetzlich verpflichtend, doch die Anbieter müssten es nicht automatisch veröffentlichen, wenn sie ein neues Produkt auf den Markt bringen. Es reiche, dieses im Verkaufsgespräch auszuhändigen. Damit sei es Verbrauchern weiterhin nicht möglich, sich unabhängig vom Gespräch anhand klar verständlicher und vergleichbarer Informationen zu informieren.

"Wer den mündigen Verbraucher will, muss auch für Transparenz sorgen", erklärt Billen. "Ich will wissen, was ein Produkt kostet und wie sicher es ist - egal ob es um Lebensmittel, Spielzeug oder die Altersvorsorge geht."

Das große Ganze in den Blick nehmen
Insbesondere mangele es dem Gesetzentwurf an einem schlüssigen Gesamtkonzept, das Antworten auf die gravierenden Verbraucherschädigungen gebe, die die Finanzkrise zu Tage gefördert habe. "Die Koalition verharrt im Klein-Klein, statt das große Ganze in den Blick zu nehmen", so Billen.

Bestandteile eines solchen Konzepts müssten aus Sicht des vzbv unter anderem folgende Punkte sein:

>> eine verbraucherorientierte Reform der Finanzaufsicht, insbesondere die Verankerung des Verbraucherschutzes als Aufsichtsziel,

>> ein formalisiertes Beschwerderecht für Verbraucherorganisationen gegenüber der Finanzaufsicht bei systematischen Problemen im Finanzmarkt,

>> eine einheitliche Kontrolle von Finanzvermittlern, unabhängig vom Vertriebsweg,

>> ein verpflichtendes, standardisiertes Produktinformationsblatt, das Anbieter für alle Finanzprodukte veröffentlichen müssen, die sie in Verkehr bringen,

>> klarere Standards für Form und Inhalt von Beratungsprotokollen,

>> eine Umkehr der Beweislast zugunsten der Kunden, wenn Beratungsprotokolle fehlen oder fehlerhaft ausgefüllt sind,

>> strengere Vorgaben für die Berufsqualifikation von Finanzvermittlern, die finanzplanerische Kompetenzen mit Verbraucherorientierung abdecken muss,

>> die Verbesserung der Rahmenbedingungen für provisionsfreie Honorarberatung.

Stellungnahme des vzbv zum Regierungsentwurf zum Anlegerschutzgesetz
(vzbv: ra)

vzbv: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Berichtspflichten dürfen kein Selbstzweck sein

    Die Europäische Kommission hat ihre Omnibus-Initiative zur Vereinfachung der ESG-Regulierung vorgestellt. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) hat bereits im Vorfeld Vorschläge gemacht, wie das Regelwerk effizienter und steuerungsrelevanter werden kann.

  • Vereinfachung von Nachhaltigkeitsvorschriften

    Die EU-Kommission legte ihr erstes sogenanntes Omnibus-Paket zur Vereinfachung von Nachhaltigkeitsvorschriften vor, um Regulierungen und Bürokratie abzubauen. Zugleich sollen mit dem Clean Industrial Deal (CID) wichtige industriepolitische Weichen gestellt werden.

  • FIDA-Einführung belastet Finanzsektor erheblich

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) fordert eine umfassende und sorgfältige Überprüfung des Vorschlags der Europäischen Kommission zur Financial Data Access Regulation (FiDA). Die Debatte um das neue Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission bis hin zu einer Rücknahme des FiDA-Vorschlags verdeutlicht den erheblichen Klärungsbedarf in zentralen Fragen.

  • EU-Regulierung von Online-Marktplätzen

    Zur Mitteilung der EU-Kommission zu den aktuellen Herausforderungen im Bereich von E-Commerce-Plattformen erklärt Dr. Bernhard Rohleder, Bitkom-Hauptgeschäftsführer: "Die EU-Kommission schlägt mit ihrer Mitteilung den richtigen Weg ein. Wer online einkauft, muss sich auf die Sicherheit der angebotenen Produkte verlassen können. Dafür braucht es allerdings keine weiteren Regeln, sondern stärkere Importkontrollen und die Aufhebung der Zollfreigrenze von 150 Euro. Denn wenn außereuropäische Händler unter Ausnutzung dieser Grenze illegale Produkte einführen, gefährdet das nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch europäische Anbieter."

  • Künstliche Intelligenz: Was für Unternehmen gilt

    Seit Sonntag, 2. Februar 2025 sind weitere Regelungen der europäischen KI-Verordnung (AI Act) in Kraft. Dabei handelt es sich zum einen um Verbote von bestimmten KI-Praktiken wie Social-Scoring-Systemen, manipulative KI-Techniken oder Emotionserkennung am Arbeitsplatz. Zum anderen greifen Vorgaben für KI-Kompetenzanforderungen von Beschäftigten.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen