Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Kontrolle über die Buchhandelsaktivitäten


Bundeskartellamt genehmigt Zusammengehen von Thalia und Osiander
Bei der Betrachtung der Absatzmärkte hat das Bundeskartellamt vor allem auch den Online-Handel einbezogen, da dessen Bedeutung durch starke Online-Händler wie Amazon aber auch durch die Vernetzung mit dem stationären Buchhandel in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat

23. Juni 2025

Das Bundeskartellamt hat den angemeldeten Zusammenschluss der beiden Bucheinzelhändler Thalia und Osiander freigegeben. Thalia ist die größte Buchhandelskette in Deutschland mit bundesweit 312 Filialen, Osiander betreibt aktuell 72 Buchhandelsfilialen, die überwiegend in Süddeutschland liegen. Beide Unternehmen sind darüber hinaus im Online-Handel mit Büchern tätig.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Durch den Zusammenschluss mit Osiander kann Thalia seine starke Position im deutschen Buchhandel weiter ausbauen. Dennoch führt das Vorhaben weder für Verbraucher noch für Buchverlage oder Barsortimenter zu einer erheblichen Behinderung des Wettbewerbs. Insbesondere mit dem Online-Handel und mit der Vielzahl von kleineren und mittleren Sortimentsbuchhändlern bestehen weiterhin gute Einkaufs- bzw. Vertriebsalternativen. Bei der Bewertung des Vorhabens wurde auch die besondere Rolle der gesetzlichen Buchpreisbindung berücksichtigt."

Auf der Absatzseite bestehen in verschiedenen lokalen Märkten, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, Überschneidungen von Thalia und Osiander. In den wenigen Einzelfällen, in denen die Beteiligten zusammen kritische Marktanteile erreichen, werden diese jedoch durch die konkrete Wettbewerbssituation vor Ort relativiert. Bei der Betrachtung der Absatzmärkte hat das Bundeskartellamt vor allem auch den Online-Handel einbezogen, da dessen Bedeutung durch starke Online-Händler wie Amazon aber auch durch die Vernetzung mit dem stationären Buchhandel in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Zusätzlicher Wettbewerbsdruck auf den Buchhandel geht von den sonstigen Verkaufsstellen wie Tankstellen oder Supermärkten sowie vom Direktvertrieb der Verlage aus. Beide Vertriebswege werden traditionell nicht in den Markt des Sortimentsbuchhandels einbezogen, stehen aber zusammen für rund ein Drittel des Gesamtvertriebs von Büchern in Deutschland. Die Buchpreisbindung sorgt schließlich dafür, dass die Verbraucher in allen Verkaufsstellen den gleichen Preis für ein Buch zahlen, sodass kleinere Händler in dieser Hinsicht keinen Nachteil haben.

Auf der Beschaffungsseite verfügen Thalia und Osiander nach dem Zusammenschluss ebenfalls über eine starke Marktstellung gegenüber den Verlagen und den Barsortimentern. Aufgrund der Betrachtung eines nationalen Beschaffungsmarktes sind die Anteile der Beteiligten hier jedoch deutlich niedriger als in einzelnen lokalen Absatzmärkten. Das durch den Zusammenschluss hinzukommende Beschaffungsvolumen von Osiander ist vergleichsweise gering. Die Konditionenverhandlungen auf der Beschaffungsseite unterliegen zudem einer gewissen, rechtlichen Einschränkung durch das Buchpreisbindungsgesetz. Den Verlagen stehen mit zahlreichen Sortimentsbuchhändlern, dem Online-Handel, vielen sonstigen Verkaufsstellen und dem Direktvertrieb weiterhin Absatzalternativen zur Verfügung. Auch in Bezug auf die Barsortimenter und deren Bedeutung für die Vielfalt der verfügbaren Titel und die Wettbewerbsfähigkeit der kleineren Buchhändler ergeben sich aus der vorliegend konkret zu prüfenden Bündelung der Beschaffung durch Thalia und Osiander keine durchgreifenden wettbewerblichen Bedenken.

Kartellamtspräsident Andreas Mundt, sagte: "Das Vorhaben führt – trotz der Betonung der kooperativen Aspekte in der Außendarstellung – dazu, dass Thalia die Kontrolle über die Buchhandelsaktivitäten von Osiander erwirbt. Gleichzeitig ist bekannt, dass Thalia weitere Bucheinzelhändler in eine gemeinsame Plattform einbinden möchte. Die Frage, inwieweit eine derartige Zusammenarbeit zukünftig kartellrechtlich zu prüfen ist, wird von der konkreten Konstellation im Einzelfall abhängen und war nicht Gegenstand des vorliegenden Fusionskontrollverfahrens."

Bezüglich der weiteren von dem Zusammenschluss betroffenen Märkte wie der Einzelhandel mit Presseerzeugnissen, der Vertrieb von E-Readern oder das Nebensortiment des Buchhandels (insbesondere Spielwaren) hat das geprüfte Vorhaben keinen Anlass zu wettbewerblichen Bedenken gegeben.

Im Ergebnis konnte der geplante Zusammenschluss daher im Vorprüfverfahren freigegeben werden.(Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 19.11.20
Newsletterlauf: 27.01.21



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Wettbewerbsprozess auf dem Amazon-Marktplatz

    Das Bundeskartellamt hat seine vorläufige rechtliche Einschätzung zur Einflussnahme auf die Preise der Marktplatzhändler auf dem Amazon Marketplace sowie der Marketplace-Richtlinie zur angemessenen Preisgestaltung an die Amazon.com Inc., Seattle, USA, und die Amazon EU S.à r.l., Luxemburg (gemeinsam im Folgenden "Amazon"), übersandt. Händler, die ihre Angebote auf der Amazon-Handelsplattform anbieten, sollen bestimmte von Amazon vorgegebene Preisgrenzen nicht überschreiten. Darin könnte nach vorläufiger Auffassung des Bundeskartellamtes ein Missbrauch nach den besonderen Vorschriften für große Digitalunternehmen (§ 19a Abs. 2 GWB) sowie ein Verstoß gegen die allgemeinen Missbrauchsvorschriften des § 19 GWB und Artikel 102 AEUV liegen. Amazon hat jetzt Gelegenheit zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

  • Zahlreiche Aufträge zugeschoben

    Das Bundeskartellamt hat gegen sieben Straßenreparatur-Unternehmen Geldbußen in Höhe von insgesamt 10,5 Mio. Euro wegen Kunden- und Submissionsabsprachen verhängt. Beteiligt waren die Unternehmen AS Asphaltstraßensanierung GmbH (AS), Langwedel, bausion Strassenbau-Produkte GmbH (bausion), Landsberg, BITUNOVA GmbH (BITUNOVA), Krefeld, Gerhard Herbers GmbH (Herbers), Spelle, Liesen … alles für den Bau GmbH (Liesen), Lingen, Mainka GmbH Straßenunterhaltung, Rüdersdorf bei Berlin (Mainka) und MOT Müritzer Oberflächentechnik GmbH (MOT), Röbel/Müritz.

  • Fitness- und Wellbeing-Angebote

    Das Bundeskartellamt hat den Erwerb der Urban Sports GmbH (USC) durch Wellhub, Inc. (Wellhub) freigegeben. Wellhub und USC sind als sog. Fitness- und Wellbeing-Aggregatoren tätig. Sie bieten Rahmenverträge für Firmenkunden an, auf deren Basis die Mitarbeitenden verschiedene Fitness- und Wellbeing-Angebote nutzen können. USC hat daneben auch ein Angebot für private Nutzende.

  • Compliance-Maßnahmen müssen gelebt werden

    Das Bundeskartellamt hat gegen die Sennheiser electronic SE & Co. KG mit Sitz in Wedemark, die Sonova Consumer Hearing Sales Germany GmbH mit Sitz in Wedemark sowie drei verantwortlich handelnde Mitarbeitende Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp sechs Mio. Euro wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Unter der Marke "Sennheiser" werden hochwertige Produkte im Bereich der Unterhaltungselektronik produziert und vertrieben.

  • Schwerpunkt im Rüstungsbereich

    Das Bundeskartellamt hat einen Anteilserwerb an der Renk Group AG, Augsburg, durch die KNDS N.V., Amsterdam (Niederlande), freigegeben. KNDS beabsichtigt, ihre Beteiligung an Renk auf 25 Prozent + 1 Stimme aufzustocken. Renk hat ihren Schwerpunkt im Rüstungsbereich und vertreibt insbesondere Getriebe und Federungssysteme für militärische Fahrzeuge und bietet entsprechende After-Sales-Produkte und -Dienstleistungen an.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen