Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Kartellrecht: Beurteilung des Informationsflusses


Keine Einwände gegen Start einer digitalen Agrarplattform
Bei der kartellrechtlichen Beurteilung des Informationsflusses zwischen Plattform und möglichen späteren Gesellschaftern knüpft das Bundeskartellamt im vorliegenden Fall an seine Praxis bei der Stahlhandelsplattform "XOM-Metals" an



Das Bundeskartellamt hat keine Einwände gegen den geplanten Start von "Unamera", einer digitalen Handelsplattform für Agrarprodukte. Die Unamera GmbH ist ein Start-up-Unternehmen aus Zwickau, das von den Getreidehandelsunternehmen BayWa AG, Getreide AG und ATR Landhandel als Finanzierungspartner unterstützt wird. Über die Plattform sollen künftig insbesondere Getreide und Ölsaaten zwischen Agrarhandelsunternehmen auf der einen sowie Landwirten und Verarbeitern auf der anderen Seite gehandelt werden.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Insbesondere für die Beurteilung von Kooperationen im digitalen Bereich nutzen viele Unternehmen das Bundeskartellamt als Ansprechpartner, um kartellrechtliche Fragen zu klären. Es ist offensichtlich, dass digitale Plattformen den Handel deutlich effizienter gestalten können. Sie dürfen aber den Wettbewerb nicht beschränken. Unsere Bewertung solcher digitaler Plattformen konzentriert sich auf wesentliche Fragen. Es darf über solche Netzwerke nicht zu Preisabsprachen kommen, sie dürfen nicht diskriminierend wirken, und es darf kein Übermaß an Transparenz geschaffen werden. Besonderes Augenmerk liegt daher regelmäßig auf Art und Umfang des Informationsaustausches, der Gestaltung von "Chinese Walls" zwischen den Beteiligten, der Veröffentlichung von Marktstatistiken sowie der Offenlegung der Identität der Handelspartner."

Bei der kartellrechtlichen Beurteilung des Informationsflusses zwischen Plattform und möglichen späteren Gesellschaftern knüpft das Bundeskartellamt im vorliegenden Fall an seine Praxis bei der Stahlhandelsplattform "XOM-Metals" an. Zur Vermeidung eines kartellrechtswidrigen Informationsflusses muss die bisher bestehende personelle, organisatorische, technische und informatorische Trennung der Handelsplattform von Gesellschaftern gewahrt bleiben. Zudem dürfen im selben Markt tätige Gesellschafter nicht die ihnen nach dem GmbH-Gesetz zustehenden Auskunfts- und Einsichtsrechte ausüben, soweit diese Beschränkung kartellrechtlich erforderlich ist.

Im Hinblick auf die beabsichtigte Veröffentlichung von Marktstatistiken setzt die Offenlegung von Preisen nach Auffassung des Amtes im vorliegenden Fall unter anderem voraus, dass die Daten zu einem Durchschnittspreis aggregiert wurden, in den Preise von mindestens fünf unabhängigen Unternehmen eingegangen sind.

Auf der Plattform treten sowohl Agrarproduzenten als auch Agrarhändler auf. Mit dem Angebot standardisierter Produkte über Getreide und Ölsaaten geht eine gesteigerte Transparenz einher, die Absprachen erleichtern kann. Marktteilnehmer müssen sich als Anbieter und Nachfrager mit einem Kunden-Login registrieren. Die Preise werden zunächst anonym angezeigt. Erst im letzten Schritt vor Vertragsabschluss wird der Vertragspartner offengelegt.

Vor diesem Hintergrund hat das Amt im Rahmen seines Ermessens entschieden, derzeit keine kartellrechtlichen Einwände gegen die Inbetriebnahme der Handelsplattform Unamera zu erheben. (Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 20.02.20
Newsletterlauf: 27.04.20



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Compliance-Maßnahmen müssen gelebt werden

    Das Bundeskartellamt hat gegen die Sennheiser electronic SE & Co. KG mit Sitz in Wedemark, die Sonova Consumer Hearing Sales Germany GmbH mit Sitz in Wedemark sowie drei verantwortlich handelnde Mitarbeitende Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp sechs Mio. Euro wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Unter der Marke "Sennheiser" werden hochwertige Produkte im Bereich der Unterhaltungselektronik produziert und vertrieben.

  • Schwerpunkt im Rüstungsbereich

    Das Bundeskartellamt hat einen Anteilserwerb an der Renk Group AG, Augsburg, durch die KNDS N.V., Amsterdam (Niederlande), freigegeben. KNDS beabsichtigt, ihre Beteiligung an Renk auf 25 Prozent + 1 Stimme aufzustocken. Renk hat ihren Schwerpunkt im Rüstungsbereich und vertreibt insbesondere Getriebe und Federungssysteme für militärische Fahrzeuge und bietet entsprechende After-Sales-Produkte und -Dienstleistungen an.

  • Kartellrechtliches Instrument des § 32f Abs. 3 GWB

    Das Bundeskartellamt macht im Bereich des Kraftstoffgroßhandels erstmals Gebrauch von dem 2023 in Kraft getretenen neuen Wettbewerbsinstrument (§ 32f Abs. 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, GWB). Die Behörde hat ein Verfahren eingeleitet, um in einem ersten Schritt zu prüfen, ob im Kraftstoffgroßhandel eine erhebliche und dauerhafte Störung des Wettbewerbs vorliegt. Sollte sich dies bestätigen, könnte das Bundeskartellamt zielgerichtete Maßnahmen erwägen, um diese Störungen abzustellen.

  • Langfristiger Liefer- und Kooperationsvertrag

    Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben der Harry-Brot GmbH freigegeben, die Großbäckerei Bergkirchen der Glockenbrot Bäckerei GmbH & Co. OHG zu übernehmen und mit der REWE-Gruppe zwei Gemeinschaftsunternehmen zu gründen. Der Brot- und Backwarenproduzent Glockenbrot ist bislang Teil der REWE-Gruppe.

  • Bedeutende Wettbewerber in allen Bereichen

    Das Bundeskartellamt hat den Einstieg der UniCredit S.p.A., Mailand (Italien), bei der Commerzbank AG, Frankfurt am Main, unter fusionsrechtlichen Gesichtspunkten freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Schon durch den angemeldeten Minderheitserwerb kommt es zu einer Stärkung der Marktposition der UniCredit im Privat- und Firmenkundengeschäft in Deutschland. Wir haben uns deshalb die besonders betroffenen Finanzdienstleistungen intensiv angesehen. In allen Bereichen sind weitere bedeutende Wettbewerber tätig, weshalb das Vorhaben freizugeben war."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen