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Marktbeherrschender Online-Hotelvermittler im EWR


Fusionskontrolle: EU-Kommission übermittelt Booking Mitteilung der Beschwerdepunkte zur geplanten Übernahme von eTraveli
Die beherrschende Stellung von Booking auf dem Markt für Online-Hotelvermittlungsdienste könnte gestärkt werden



Die Europäische Kommission hat Booking Holdings ("Booking") ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass die geplante Übernahme der Flugo Group Holdings AB ("eTraveli") es Booking ermöglichen könnte, ihre Position auf dem Markt für Online-Hotelvermittlungsdienste im Europäischen Wirtschaftsraum ("EWR") zu stärken. Sowohl Booking als auch eTraveli erbringen Online-Reisebürodienste, wobei Booking hauptsächlich Hotels und eTraveli vor allem Flüge vermittelt. Booking ist zudem – in erster Linie über die Preisvergleichsplattform "KAYAK" – auf dem Markt für Metasuchdienste tätig.

Die Mitteilung der Beschwerdepunkte
Am 16. November 2022 leitete die Kommission eine eingehende Prüfung ein, um zu untersuchen, ob die Übernahme von eTraveli durch Booking die Stellung von Booking auf dem Markt für Online-Hotelvermittlungsdienste im EWR stärken könnte.

Im Rahmen dieser Prüfung, mit der die Kommission Aufschluss über die möglichen Auswirkungen der Übernahme erhalten möchte, analysierte sie interne Unterlagen der beteiligten Unternehmen und holte Informationen und Stellungnahmen von konkurrierenden Online-Reisebüros und von Hotels ein.

Dabei kam die Kommission zu dem vorläufigen Schluss, dass Booking der marktbeherrschende Online-Hotelvermittler im EWR ist. Die Kommission befürchtet, dass der Zusammenschluss

>> die beherrschende Stellung von Booking auf dem Markt für Online-Hotelvermittlungsdienste stärken, ihre Verhandlungsposition gegenüber Hotels verbessern und dazu führen könnte, dass die Nachfrage in geringerem Umfang durch günstigere alternative Vertriebskanäle gedeckt wird, da es auf dem Markt für Online-Hotelvermittlungsdienste bereits jetzt wenig Wettbewerb gibt und auf Booking offenbar kein Druck von konkurrierenden Online-Reisebüros, Hotels oder Endkunden ausgeübt wird;
>> Booking in die Lage versetzen könnte, ihr Ökosystem für Reisedienstleistungen (z. B. Flüge, Unterkunft, Autovermietungen, Attraktionen) zu erweitern, wodurch es für andere Unternehmen schwieriger würde, ihre Stellung auf dem Markt für Online-Hotelvermittlung zu bestreiten;
>> zu höheren Marktzutritts- und Expansionsschranken führen könnte, indem es für konkurrierende Online-Reisebüros schwieriger würde, einen ausreichenden Kundenstamm für Online-Hotelvermittlungsdienste aufzubauen;
>> es Booking ermöglichen könnte, ihre Kundenfrequenz erheblich zu steigern, sodass es den Umsatz im Bereich Online-Hotelvermittlung steigern könnte;
>> zu höheren Kosten für Hotels und möglicherweise Endkunden führen könnte.

Unternehmen und Produkte
Booking mit Sitz in den USA ist mit Marken wie Booking.com, Rentalcars, Priceline und Agoda auf dem Markt für Online-Reisebüros tätig. Im EWR ist Booking vor allem in der Online-Unterkunftsvermittlung unter der Marke Booking.com tätig und stellt in begrenztem Umfang Online-Flugvermittlungsdienste bereit, die es von eTraveli bezieht. Über ihre Sparte KAYAK erbringt Booking unter Marken wie KAYAK, Momondo, Cheapflights und HotelsCombined auch Metasuchdienste für Unterkünfte, Mietwagen und Flüge. Zudem bietet Booking bestimmten konkurrierenden Online-Reisebüros, die solche Dienste selber nicht bereitstellen können, über kommerzielle Partnerschaftsprogramme Zugang zu ihren Online-Unterkunftsvermittlungsdiensten.

eTraveli mit Sitz in Schweden betreibt über ihre Marken GotoGate, My Trip, Seat24 und SuperSaver ein Online-Reisebüro, über das es vor allem Flüge vermittelt. Unter der Marke Flygresor betreibt es in erster Linie in Schweden einen Metasuchdienst für Flüge, der bei eTraveli verbleiben wird und daher nicht Teil des Übernahmevorhabens ist.

Hintergrund
Mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte setzt die Kommission die Beteiligten auf schriftlichem Wege förmlich über ihre kartellrechtlichen Bedenken in Kenntnis. Diese Mitteilung greift dem Ergebnis des Verfahrens nicht vor. Booking hat nun Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, die Akte der Kommission einzusehen und eine mündliche Anhörung zu beantragen.

Das Vorhaben wurde am 10. Oktober 2022 bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet. Die Kommission leitete am 16. November 2022 eine eingehende Prüfung ein und muss nun bis zum 30. August 2023 einen abschließenden Beschluss erlassen.

Die Kommission hat die Aufgabe, Fusionen und Übernahmen von Unternehmen zu prüfen, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte übersteigt (vgl. Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung), und Zusammenschlüsse zu untersagen, die den wirksamen Wettbewerb im gesamten EWR oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindern würden.

Der weitaus größte Teil der angemeldeten Zusammenschlüsse ist wettbewerbsrechtlich unbedenklich und wird nach einer Standardprüfung genehmigt. Nach der Anmeldung eines Vorhabens muss die Kommission in der Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden, ob sie das Vorhaben im Vorprüfverfahren (Phase I) genehmigt oder ein eingehendes Prüfverfahren (Phase II) einleitet.

Neben dem Verfahren zum vorliegenden Zusammenschluss laufen derzeit vier weitere eingehende Prüfverfahren. Diese betreffen i) die geplante Übernahme von Asiana durch Korean Air, ii) die geplante Übernahme von Lagardère durch Vivendi, iii) die geplante Übernahme von VMware durch Broadcom und iv) die geplante Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch Orange und MasMovil.
(EU-Kommission: ra)

eingetragen: 13.06.23
Newsletterlauf: 03.08.23


Meldungen: Europäische Kommission

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    Die Europäische Kommission hat einen strukturierten Reflexionsprozess zur Überprüfung der EU-Betrugsbekämpfungsarchitektur in Gang gesetzt. Die Überprüfung ergänzt die vorbereitenden Arbeiten für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Ziel ist es, einen verstärkten und effizienteren Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten.

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    Die Europäische Kommission hat Verpflichtungsangebote von Corning nach den EU-Kartellvorschriften für rechtsverbindlich erklärt. Die Verpflichtungen räumen die Bedenken der Kommission aus in Bezug auf von Corning geschlossene mutmaßlich wettbewerbswidrige Alleinbezugsvereinbarungen für Alkali-Aluminosilikatglas (im Folgenden "Alkali-AS-Glas"), das hauptsächlich als Abdeckglas in Smartphones und anderen tragbaren Elektronikgeräten zum Einsatz kommt.

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    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet, um zu ermitteln, ob KKR & Co. Inc. (im Folgenden "KKR") der Kommission im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens zur Übernahme des Unternehmens NetCo unrichtige oder irreführende Angaben übermittelt hat.

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