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Zeitungen entscheidend für Demokratie


EU-Kommissarin Androulla Vassiliou: Digitalisierung hat den Bedarf an einem besseren Urheberrechtschutz vergrößert
Vassiliou: "Meiner festen Überzeugung nach müssen auch Nachrichtenaggregatoren und Technologieplattformen das Urheberrecht von Zeitungen respektieren"


(13.06.12) - Die europäischen Zeitungen spielen für die Gestaltung demokratischer und toleranter Gesellschaften heutzutage eine genauso große Rolle wie zu Zeiten Napoleon Bonapartes, der bekanntlich erklärte, dass "vier feindselige Zeitungen mehr zu fürchten seien als tausend Bajonette". So lautete die Botschaft der EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend, Androulla Vassiliou, in ihrer Rede vor der Generalversammlung des Europäischen Verbands der Zeitungsverleger (ENPA) in Nikosia (Zypern).

"Demokratie braucht gut informierte Bürgerinnen und Bürger, die in der Lage sind, Ereignisse zu analysieren, sich ihre eigene Meinung zu bilden und sich aktiv an einer offenen Debatte zu beteiligen. Damit diese Debatte sachdienlich und konstruktiv ist, müssen die Bürgerinnen und Bürger angesprochen und dazu bewegt werden, über ihre eigenen unmittelbaren Interessen hinaus die Probleme der ganzen Gesellschaft ins Auge zu fassen", sagte die Kommissarin.

Napoleons Kommentar war ein "herrlich widerwilliges Kompliment an die Macht der Presse, die als Garant der Freiheit agiert" und "Ausdruck eines Gefühls, das alle autoritären Führer teilen", so Vassiliou weiter.

In ihrer Rede sprach die Kommissarin drei Themen an, die – direkt oder indirekt – in ihren Aufgabenbereich auf EU-Ebene fallen: Medienkompetenz, Mehrwertsteuerregelung für online verfügbare Kulturgüter sowie Urheberrecht.

Nach Ansicht der Kommissarin sollte Medienkompetenz – d. h. die Fähigkeit, Informationen und Inhalte jeglichen Formats zu bewerten – in Schulen sowie außerhalb des formalen Bildungssystems vermittelt werden, da sie alle Altergruppen betreffe. "Medienkompetenz im digitalen Zeitalter bedeutet Befähigung zur Teilhabe und Gleichberechtigung aller Bürgerinnen und Bürger – wie vor hundert Jahren die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können."

Die Europäische Kommission hat eine Expertengruppe Medienkompetenz eingerichtet, zu deren Arbeit der ENPA ein Positionspapier beigesteuert hat. Die Expertengruppe wird ihre Schlussfolgerungen im 2013 veröffentlichen.

Kommissarin Vassiliou sprach sich für gleiche Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer auf online verfügbare Kulturgüter aus. Gedruckte Zeitungen profitieren von einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz oder sind ganz von der Mehrwertsteuer befreit, während Online-Ausgaben den normalen Mehrwertsteuersätzen von bis zu 25 Prozent unterliegen. "Die Kommission hat in ihrer Mitteilung zur Zukunft der Mehrwertsteuer vom Dezember 2011 eingeräumt, dass diese Ungleichheit beseitigt werden muss. Wir werden in Kürze die Überarbeitung der derzeit geltenden Verordnungen einleiten. Persönlich bin ich der Ansicht, dass für gedruckte Zeitungen auch weiterhin ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz bzw. eine Mehrwertsteuerbefreiung gelten sollte und dass auch digitale Presseformate in den Genuss vergleichbarer Regelungen kommen sollten," erklärte die Kommissarin.

Sie unterstrich, dass die Digitalisierung den Bedarf an einem besseren Urheberrechtschutz vergrößert habe. "Viel zu oft werden Nachrichteninhalte, die von Zeitungsverlegern generiert und finanziert werden, einfach von Dritten genutzt. Meiner festen Überzeugung nach müssen auch Nachrichtenaggregatoren und Technologieplattformen das Urheberrecht von Zeitungen respektieren", so Vassiliou.

Hintergrund
Die Europäische Kommission hat im Mai 2011 eine Strategie für Rechte an geistigem Eigentum festgelegt, und Kommissarin Vassiliou arbeitet eng mit dem für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständigen Kommissar Barnier an neuen Initiativen, wie dem künftigen Instrument für Verwertungsgesellschaften und der Überarbeitung der Richtlinie über die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum.

Expertengruppe Medienkompetenz
In ihrer Empfehlung zur Medienkompetenz im digitalen Umfeld als Voraussetzung für eine wettbewerbsfähigere audiovisuelle und Inhalte-Industrie und für eine integrative Wissensgesellschaft aus dem Jahr 2009 ermunterte die Kommission die Mitgliedstaaten, eine Debatte über die mögliche Aufnahme der Medienkompetenz in die schulischen Pflichtlehrpläne einzuleiten.

Im Zuge dieser Debatte richtete die Kommission im Jahr 2011 eine Expertengruppe Medienkompetenz an Schulen ein.

Die Gruppe umfasst Vertreter der 27 EU-Mitgliedstaaten sowie der vier Länder der Europäischen Freihandelsassoziation (Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz). Die Expertengruppe wird von unabhängigen Sachverständigen unterstützt, die bewährte Verfahren, Erfahrungen und Fallstudien präsentieren.

Europäischer Verband der Zeitungsverleger
Der Europäische Verband der Zeitungsverleger vertritt mehr als 5000 nationale, regionale und lokale Zeitungen aus 26 europäischen Ländern. Mehr als 150 Millionen Zeitungen werden tagtäglich verkauft und von mehr als 300 Millionen Europäerinnen und Europäern gelesen; dazu kommen Millionen von Besuchen auf den Websites der Online-Zeitungen. Mehr als 750.000 Menschen in der EU sind im Verlagswesen beschäftigt. (Europäische Kommission: ra)


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    Auf den Straßen der EU sind nach wie vor unsichere Fahrzeuge präsent. Sie verursachen Abstürze, direkt oder indirekt. Einige Fahrzeugmängel werden noch nicht erkannt, entweder weil sie bei der regelmäßigen technischen Inspektion (PTI) nicht geprüft werden oder weil keine Verpflichtung besteht, das Fahrzeug selbst zu prüfen. Darüber hinaus wurden die derzeitigen Testmethoden nicht an den Fortschritt und die Einführung neuer Technologien wie ADAS-Funktionen (Advanced Driver Assistance) und Elektrofahrzeuge angepasst. Auch die Kontrolle der Luftschadstoff- und Lärmemissionen von Fahrzeugen ist nach wie vor unzureichend, da einige der PTI-Tests nicht empfindlich genug sind, um Emissionen über die für die jüngsten Fahrzeuge geltenden gesetzlichen Grenzwerte hinaus zu erkennen, und die derzeitigen Prüfverfahren nicht geeignet sind, zur Verringerung der Luftverschmutzung (Stickstoffoxidemissionen (NOx)und Nanopartikel) und des Lärms beizutragen.

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