Arzt müsse sorgfältig und individuell vorgehen


Deutsche Schmerzliga: Schwere Schmerzmittel sollten von Austauschpflicht gegen Generika befreit werden
Folge der Rabattverträge zwischen Arzneimittelherstellern und Krankenkassen: Umstellung der Medikamente seien für Schmerzpatienten mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden

(01.06.12) - Der Petitionsausschuss unterstützt die Forderung, Medikamente für Schmerzpatienten von der Austauschpflicht gegen preisgünstigere Medikamente mit gleichem Wirkstoff zu befreien. In der Sitzung beschloss der Ausschuss einstimmig, eine dahingehende Petition dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als Material zu überweisen und den Fraktionen zur Kenntnis zu geben. Man halte die Eingabe für geeignet, bei künftigen Überlegungen der Bundesregierung einbezogen zu werden und nehme das darin vorgetragene Anliegen sehr ernst, heißt es in der Begründung des Ausschusses zu der Beschlussempfehlung.

In der von der Präsidentin der Deutschen Schmerzliga, Marianne Koch, eingebrachten Petition wird auf die seit 2007 geltende Austauschpflicht für Arzneimittel verwiesen. Danach sind Apotheker gesetzlich verpflichtet, bevorzugt das rabattbegünstigte Vertragsarzneimittel abzugeben, auch wenn der Arzt ein Präparat eines anderen Herstellers verordnet hat. Dies gelte auch für starke Schmerzmittel, die als besondere Substanzklasse der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung unterlägen.

Während der öffentlichen Beratung der Petition im Mai des vergangenen Jahres hatte die Petentin deutlich gemacht, dass eine als Folge der Rabattverträge zwischen Arzneimittelherstellern und Krankenkassen benötigte Umstellung der Medikamente für Schmerzpatienten mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sei. Für Patienten, die derartig schwere Schmerzmittel einnehmen müssten, sei es laut Petentin Marianne Koch ohnehin sehr schwierig, "die richtige Dosierung zu finden". Hier müsse der Arzt "sehr sorgfältig und individuell vorgehen". Wenn dann das gefundene Medikament durch ein preisgünstigeres mit den gleichen Wirkstoffen ersetzt werde, müsse der Patient im Grunde neu eingestellt werden, lautete ihre Einschätzung. Der Grund dafür sei, dass auch bei gleichen Wirkstoffen die Medikamente nicht die gleiche Wirkung hätten, wenn sie von verschiedenen Herstellern seien.

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verweist der Petitionsausschuss auf den Rahmenvertrag zwischen Krankenkassen und Apothekern, wonach auch Ausnahmen von der Austauschpflicht vorgesehen werden könnten, wenn dafür ein sachlicher Grund vorliege. Wie aus der Stellungnahme des BMG gegenüber dem Ausschuss hervorgeht, habe die Selbstverwaltung "keine Ausnahmen für Betäubungsmittel vorgesehen". Dies sei nicht zu beanstanden, da die Austauschpflicht nur für Generika gelte, bei deren Zulassung die therapeutische Gleichwertigkeit mit dem "Bezugarzneimittel" belegt sei.

Habe aber die Apotheke im konkreten Einzelfall pharmazeutische Bedenken gegen die Abgabe eines rabattbegünstigten Opioids, könne sie vom Präparate-Austausch absehen und das von Arzt verordnete Präparat abgeben, heißt es in der Stellungnahme weiter. Das sei im Rahmenvertrag "ausdrücklich vorgesehen". Gleiches gelte auch für den behandelnden Arzt, der einen solchen Austausch aus medizinischen Gründen ausschließen könne. In diesen Fällen sei die Apotheke verpflichtet, nur das ärztlich verordnete Präparat abzugeben. Es müsse jedoch, "im Rahmen des Zumutbaren" geprüft werden, ob tatsächlich ein sachlicher Grund für den Ausschluss eines Präparats vorliege. "Subjektive Vorlieben" für bestimmte Anbieter seien keine tragfähige Rechtfertigung, da in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) das Wirtschaftlichkeitsgebot gelte, schreibt das Ministerium. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

  • FDP legt Gesetzentwurf für flexibleres Stromsystem

    Die FDP-Fraktion hat den Entwurf eines Gesetzes (20/14705) zur "Integration von Photovoltaik- und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in den Strommarkt und zur Vermeidung solarstrombedingter Netznotfall-Maßnahmen" vorgelegt. Er soll einerseits der Umsetzung der "Wachstumsinitiative der damaligen Bundesregierung vom Juli 2024 dienen.

  • Fairer Wettbewerb im digitalen Sektor

    Bis zum 5. Dezember 2024 haben die Koordinierungsstelle für digitale Dienste in der Bundesnetzagentur (BNetzA) 747 Eingänge von Beschwerden erreicht. Bereinigt um Irrläufer und Spam seien 703 konkrete Beschwerden zu möglichen Verstößen gegen den Digital Services Act (DSA) eingelegt worden.

  • Provisionsverbot noch nicht absehbar

    Ob beziehungsweise inwieweit im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Kleinanlegerstrategie national Maßnahmen ergriffen werden könnten, um Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen zu verbieten oder zu deckeln, ist noch nicht absehbar. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14411) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (20/14172) weiter mitteilt, haben die Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht begonnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen