Scholz verteidigt Finanztransaktionssteuer


Finanztransaktionssteuer: Der Plan von Olaf Scholz sieht vor, auf Aktientransaktionen von inländischen Unternehmen, deren Marktkapitalisierung über eine Milliarde Euro beträgt, eine Steuer von 0,2 Prozent zu erheben
AfD-Fraktion bezeichnete den Begriff Finanztransaktionssteuer als "riesengroßen Etikettenschwindel", da zum Beispiel der Hochfrequenzhandel nicht erfasst werde




Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat die bisher erzielten Fortschritte in der europäischen Finanzpolitik hervorgehoben und seinen jüngst vorgestellten Plan zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Deutschland und weiteren europäischen Staaten verteidigt. In einer von der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) geleiteten Sitzung des Finanzausschusses verwies Scholz auf "entscheidende Fortschritte" bei der ESM-Reform. Es werde einen Backstop für das Bankenabwicklungsregime geben, falls dessen Fondsmittel nicht ausreichen würden. Damit werde ein Stück zusätzliche Sicherheit geschaffen. Auch bei der Bankenunion sieht Scholz Fortschritte.

Notwendig sei ein europäisches Insolvenzrecht, weil Gläubiger sonst in den einzelnen Ländern unterschiedlich behandelt würden. Die Banken in Europa würden immer noch zu hohe Bestände an Staatsanleihen der eigenen Länder halten, kritisierte Scholz, der sich dafür aussprach, auch Anleihen anderer Länder in die Bestände zu nehmen. Auf die Frage der CDU/CSU-Fraktion, ob er damit Eurobonds, also gemeinsame Anleihen von Euroländern, einführen wolle, erklärte Scholz, er plane keine Eurobonds, sondern die Banken würden Lösungen finden müssen.

Zur Finanztransaktionssteuer sagte der Minister, man bewege sich in einem europäischen Geleitzug. Der Plan des Ministers sieht vor, auf Aktientransaktionen von inländischen Unternehmen, deren Marktkapitalisierung über eine Milliarde Euro beträgt, eine Steuer von 0,2 Prozent zu erheben. Andere Wertpapiere wie Derivate sollen von der Steuer nicht erfasst werden. Der Ertrag von rund 1,5 Milliarden Euro jährlich soll laut Beschlüssen der Koalition zur Finanzierung der Grundrente beitragen. Scholz zeigte sich überzeugt, dass sein Vorschlag in der Praxis funktionieren werde und kein Börsenplatz beeinträchtigt werden würde. Zur Aufteilung der Steuer unter den bisher neben Deutschland teilnehmen wollenden Ländern Österreich, Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, Slowakei, Slowenien und Spanien sagte Scholz, er rechne mit einer Verständigung.

Die CDU/CSU-Fraktion erklärte in der Diskussion mit dem Minister, der Name Finanztransaktionssteuer passe nicht mehr. Aktionärssteuer wäre der richtige Ausdruck. Die Fraktion verlangte, Belastungen der Aufwendungen für die Altersvorsorge mit Aktien zu vermeiden. Zwar sei eine Verschonung der Pensionsfonds von der Steuer in der Planung enthalten, aber auch Einzelpersonen, die mit Aktien für das Alter vorsorgen wollten, müssten verschont werden. Die SPD-Fraktion unterstützte dagegen den Vorschlag des Finanzministers. Sie wies darauf hin, dass solche Anlagen zur Altersvorsorge für einen sehr langen Zeitraum erfolgen würden und die Steuer von 0,2 Prozent nur einmalig zu entrichten sei.

Die AfD-Fraktion bezeichnete den Begriff Finanztransaktionssteuer als "riesengroßen Etikettenschwindel", da zum Beispiel der Hochfrequenzhandel nicht erfasst werde. Stattdessen werde der Versuch unternommen, den deutschen Sparer abzukassieren. Die Linksfraktion fragte, warum es keine ambitionierte Lösung auf deutscher Ebene gebe. Die jetzt nach französischem Vorbild ins Auge gefasste Lösung spare Derivate vor allem deshalb aus, weil die französischen Banken mit diesen Papieren vollgepumpt seien. Auf Fragen der FDP-Fraktion nach dem Beitrag dieser Steuer zur Finanzmarktstabilität erklärte Scholz, er gehe davon aus, dass diese Steuer einen Beitrag dazu leisten werde.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte das Thema "Greenfinance" auf europäischer Ebene angesprochen. Dazu erklärte Scholz, er sei froh darüber, dass Atomenergie nicht zu den nachhaltigen Finanzanlagen gezählt werde. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 11.12.19
Newsletterlauf: 02.03.20



Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen