Abschlussbericht der Datenethikkommission


Vorschläge zur Regulierung von Algorithmen schießen über das Ziel hinaus
Pflicht zur Bereitstellung von Daten muss die Ausnahme bleiben - "Blick in die Blackbox – Nachvollziehbarkeit von KI-Algorithmen in der Praxis"



Der Digitalverband Bitkom hat anlässlich des Abschlussberichts der Datenethikkommission der Bundesregierung vor Regulierungswut gewarnt. "Wir begrüßen sehr, dass wir in Deutschland einen breiten gesellschaftlichen Dialog über Datenethik führen. Unser Wertekodex gilt auch in der digitalen Welt und wir müssen ihn dort konsequent zur Geltung bringen", sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. "Ziel kann aber nicht sein, den Weg in die digitale Welt zu verstellen und Deutschland zu einem analogen Inselstaat zurückzubauen." Bei Algorithmen, dem Umgang mit Daten und Künstlicher Intelligenz müsse man weg von einer theoretischen Diskussion, die sich nahezu ausschließlich um Risiken und Gefahren drehe und hinein in die Praxis, um die Chancen neuer Technologien für die Lösung der großen aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft zu nutzen.

Bei der Debatte über einen Datenzugang begrüßt Bitkom das Anliegen einer möglichst breiten Beteiligung an vorhandenen Daten, etwa bei Open-Data-Initiativen. Eine allgemeine Verpflichtung für Unternehmen, eigene Daten allgemein zur Verfügung stellen zu müssen, lehnt Bitkom ebenso wie die Datenethikkommission ab. "Man sollte deutsche Unternehmen nicht zwingen, die von ihnen erhobenen Daten letztlich auch der Konkurrenz zur Verfügung zu stellen. Unsere internationalen Wettbewerber klopfen sich auf die Schenkel, wenn wir ihnen unsere Datenschätze auf dem Silbertablett überreichen. Datenzugangsregeln können und dürfen nur sehr punktuell greifen", so Berg. "Es geht beim Datenzugang auch um wichtige Fragen von Innovationskraft, Datenschutz sowie Vertragsfreiheit und Marktentwicklungschancen." Nach Ansicht des Bitkom sind die geltenden Gesetze und Vorschriften ausreichend. Datenzugang sollte grundsätzlich auf dem Prinzip der Vertragsfreiheit und damit der Freiwilligkeit beruhen.

Bei den Vorschlägen zur Algorithmenregulierung ist die Kommission nach Ansicht des Bitkom über das Ziel hinausgeschossen. Anstatt eine enge Kategorie von Algorithmen zu identifizieren, die wegen ihres Gefährdungspotenzials einer besonderen Regulierung bedürfen könnten, werden in dem Abschlussbericht fast alle Algorithmen unter einen Generalverdacht gestellt. "Algorithmen sind bereits heute Teil unseres täglichen Lebens, von der Route des Navigationsgeräts über die Wettervorhersage bis hin zur Empfehlung eines Musiktitels. Die allerwenigsten davon bergen das Risiko von Diskriminierung oder Gefahr für Leib und Leben", sagt Berg. "Algorithmen sind die Grundlage jeglicher Digitalisierung."

Eine Risikobewertung für jeden einzelnen Algorithmus sei nicht nur nicht notwendig, sondern angesichts der Fülle an Anwendungen auch in der Praxis überhaupt nicht durchführbar. Um Missbrauch oder Fehlverhalten auszuschließen, sollte zudem in den meisten Fällen das geltende Recht wie Vertrags- und Verbraucherrecht, Antidiskriminierungsgesetze, das Haftungsrecht oder Datenschutzgesetze ausreichend sein. "Wir brauchen mehr Verständnis von Algorithmen, nicht mehr Verbote", so Berg. "Dazu gehört eine größtmögliche Transparenz, gerade im Bereich Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, an der nicht zuletzt die Unternehmen selbst interessiert sind."

Um das Verständnis über KI-Algorithmen zu verbessern, hat Bitkom anlässlich der heutigen Vorstellung des Abschlussberichts der Datenethikkommission die Publikation "Blick in die Blackbox – Nachvollziehbarkeit von KI-Algorithmen in der Praxis veröffentlicht. Anhand von Praxisbeispielen, etwa aus der Textilindustrie oder dem Nachweis einer Autorenschaft in einem Gerichtsverfahren, wird aufgezeigt, wann eine Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen einer Künstlichen Intelligenz überhaupt notwendig ist – und wie diese bereits heute mit sogenannten lokalen Erklärmodellen erreicht wird. Darüber hinaus wird auf mehr als 100 Seiten unter anderem die Frage behandelt, wie man KI-Algorithmen vor bewussten Manipulationen schützen kann, und warum Rückverfolgung, Erklärbarkeit und Kommunikation von entscheidender Bedeutung für intelligente Systeme sind. (Bitkom: ra)

eingetragen: 15.11.19
Newsletterlauf: 14.01.20

Bitkom: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Markt / Unternehmen

  • Identitäts-Wallet (EUDI-Wallet)

    Ein breites Bündnis aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und deutscher Kreditwirtschaft setzt sich für die rasche Einführung einer europäischen digitalen Identität ein. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die unterzeichnenden Verbände, darunter Bitkom und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), klare politische Leitlinien sowie eine beschleunigte Umsetzung für die Identitäts-Wallet (EUDI-Wallet). Eine Wallet ist eine virtuelle Brieftasche, in der verschiedene digitale Dokumente auf dem Smartphone oder Tablet gespeichert werden können.

  • In den Diensten der Rechtsberufe

    Doctrine, Plattform für juristische KI, steigt in den deutschen Markt ein. Das französische Legaltech-Unternehmen bietet seine Lösungen nun auch deutschen Kanzleien, Unternehmen, Behörden und Gerichten an. Doctrine entwickelt KI-Werkzeuge, die auf der Grundlage verlässlicher juristischer Informationen bei der Recherche sowie dem Verfassen juristischer Schriftsätze unterstützen. In Deutschland kooperiert Doctrine dazu mit dejure.org, einer der vertrauenswürdigsten Quellen für juristische Informationen. Doctrine geht hierzu eine strategische Beteiligung an dejure.org ein.

  • Cloud-Souveränität beginnt in Europa

    Wer hat Zugriff auf unsere Daten - und wo sind diese gespeichert? Diese Fragen stellen sich aktuell immer mehr Unternehmen in Europa. Angesichts zunehmender Cyberrisiken und globaler Spannungen wächst das Bewusstsein für digitale Souveränität. Und das zu Recht: Besonders die Zusammenarbeit mit US-Cloud-Diensten führt für europäische Unternehmen immer wieder zu Herausforderungen - sowohl operativ, rechtlich als auch sicherheitstechnisch. Die Bedeutung des europäischen Datenstandorts für Resilienz, Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit ist daher wichtiger denn je. Das gilt gerade für das Vertragsmanagement. Denn hier kommen hochsensible Informationen ins Spiel.

  • Kernkapital geht insgesamt zurück

    Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Zentralbank (EZB) haben die Ergebnisse ihres regelmäßigen Stresstests veröffentlicht. Seit dem Frühjahr haben sich die Kreditinstitute der Simulation eines Basis- und eines pessimistischen Drei-Jahres-Szenarios mit einem schweren makroökonomischen Abschwung gestellt. Die Ergebnisse werden von der EZB zur Berechnung der individuellen aufsichtlichen Eigenmittelempfehlung der Institute herangezogen. Der Stresstest hatte zuletzt 2023 stattgefunden.

  • Bitkom veröffentlicht Transparenzbericht

    Als erster großer Wirtschaftsverband hat Bitkom einen umfassenden Transparenzbericht veröffentlicht. Er enthält unter anderem detaillierte Angaben zur internen Organisation, Entscheidungsprozessen, Mitgliederstrukturen, Finanzen und Beschäftigten, Kommunikation und den politischen Aktivitäten. Mit dem Transparenzbericht geht Bitkom deutlich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen