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EU hat deutschen Datenschutz im Visier


EU-Kommission kritisiert die Abhängigkeit des deutschen Datenschutzes vom Staat und droht mit Klage
Staatsbehörden neigen dazu, eher auf der Seite von Polizei und Geheimdiensten zu stehen


(28.12.06) - Die Europäische Kommission verlangt von den deutschen Bundesländern, innerhalb von zwei Monaten die "völlige Unabhängigkeit" ihrer Datenschutzbehörden herzustellen. Andernfalls droht sie mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Daten-Speicherung.de wies jetzt auf eine entsprechende Presseerklärung hin.

In einem Schreiben, das bereits vom 12.12.2006 stammt, teilte die EU-Kommission der Bundesregierung mit, es verstoße gegen Europarecht, dass die deutschen Datenschutzbehörden derzeit einer staatlichen Aufsicht unterliegen. Das Schreiben beanstandet, "dass die bestehenden unterschiedlichen Organisationsformen der Kontrollstellen in den Bundesländern und die dort gewählten verschiedenen Formen von Staatsaufsicht (Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht) nicht den Anforderungen der verlangten ‘völligen Unabhängigkeit’ im Sinne […] der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG entsprechen". Weiter heißt es: "Erhält die Kommission binnen zwei Monaten keine zufrieden stellende Antwort, kann sie den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anrufen."

Die EG-Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995 schreibt die "völlige Unabhängigkeit" der Behörden vor, die die Einhaltung des Datenschutzes kontrollieren. In Deutschland ist die Aufsicht über die Einhaltung des Datenschutzes in der Wirtschaft in vielen Bundesländern aber nicht den Datenschutzbeauftragten, sondern der Staatsverwaltung zugewiesen, in einigen Bundesländern sogar unmittelbar dem Innenministerium.

Das Verfahren eingeleitet hatte der Jurist Patricki Breyer. Er argumentiert, der Staat sei aus Gründen der inneren Sicherheit an einer möglichst breiten Datenspeicherung interessiert. "Es liegt auf der Hand, dass Staatsbehörden eher auf der Seite von Polizei und Geheimdiensten stehen als entschieden für den Schutz unseres Privatlebens einzutreten. Als Gegengewicht zu politischem Sicherheitsaktionismus und Datensammelei in der Wirtschaft brauchen wir unabhängige Datenschutzbeauftragte, die es sich leisten können, bei Bedarf auch die Innenminister öffentlich zu kritisieren." Daneben sei zu beobachten, dass staatliche Aufsichtsbehörden auf Eingaben von Bürgern “eher lethargisch” reagierten, während sich Datenschutzbeauftragte engagierter für die Bürgerrechte einsetzten.

Jutta Limbach, frühere Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, erläuterte in einer Rede aus dem Jahr 2002: "Die Unabhängigkeit ist den Datenschützern nicht um ihrer selbst willen, sondern im Interesse der Bürger und Bürgerinnen eingeräumt worden. Weisungsfreiheit und Gesetzesunterworfenheit sollen die Freiheit gegenüber politischem und gesellschaftlichem Druck verbürgen. Das Amtsverständnis der Datenschutzbeauftragten sollte von der Einsicht geprägt sein, dass es sich um ein Mandat der Bürger handelt. Das schützt nicht nur vor der Deformation zur Bürokratie. Diese Geisteshaltung bewahrt auch vor der Gefahr vorauseilender Selbstzensur in einer Zeit, die den Datenschutz gern als Täterschutz oder gar als Standortnachteil begreift." (Daten-Speicherung.de: ra)


Meldungen: Markt-Nachrichten

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    Vierzehn Menschenrechts- und Digitalrechtsorganisationen - darunter auch die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) - starteten, koordiniert von Liberties, die Kampagne #StopSpyingOnUs, indem sie gleichzeitig in neun EU-Ländern bei ihren nationalen Datenschutz-Aufsichtsbehörden Beschwerden gegen illegale Verfahren der verhaltensorientierten Werbung einreichen. Zu den Ländern, die an der Kampagne teilnehmen, gehören Deutschland, Belgien, Italien, Frankreich, Estland, Bulgarien, Ungarn, Slowenien und die Tschechische Republik. Dies ist die dritte Welle einer Kampagne, die 2018 begann. Die ersten Beschwerden wurden bei den britischen und irischen Datenschutzbehörden eingereicht.

  • Tausende Briefkastengesellschaften vorgehalten

    Seit drei Jahren ermittelt das Bundeskriminalamt im Auftrag der Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen insgesamt drei Beschuldigte. Ab 18.02.2019 erfolgte die gleichzeitige Beschlagnahme von vier Immobilien in Schwalbach am Taunus, Nürnberg, Regensburg und Mühldorf am Inn im Gesamtwert von rund 40 Millionen Euro. Daneben wurde ein Konto bei einer Bank in Lettland mit einem erwarteten Guthaben in Höhe von ca. 1,2 Millionen Euro beschlagnahmt, welches aus der Veräußerung einer weiteren Immobilie in Chemnitz herrührt. Zusätzlich wurde die vorläufige Sicherung von Kontoguthaben bei diversen Banken in Deutschland auf der Grundlage von Vermögensarresten in Höhe von ca. 6,7 Millionen Euro bei zwei beteiligten Immobiliengesellschaften in Deutschland veranlasst.

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    Das Bundeskriminalamt (BKA) hat 2017 einen Rückgang der Korruptionsstraftaten registriert. Wie aus dem veröffentlichten Bundeslagebild Korruption hervorgeht, nahm die Zahl dieser Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent auf 4.894 ab. Damit wurde 2017 die niedrigste Anzahl von Korruptionsstraftaten seit fünf Jahren gemeldet. Das BKA führt diese Entwicklung unter anderem auf etablierte Compliance-Strukturen in Unternehmen und Behörden sowie auf die damit verbundene Sensibilisierung der Mitarbeiter zurück. Einen Grund zur Entwarnung liefern die Zahlen indes nicht: Nur ein Teil aller begangenen Korruptionsstraftaten wird polizeilich bekannt. Das Dunkelfeld wird weiterhin als sehr groß eingeschätzt.

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