Besteuerung von Finanzgeschäften


EU-Finanztransaktionssteuer ohne eine zielgerichtete Ausnahme für Market Maker gefährdet den Fortbestand des intermediärsgestützten Marktmodells
Der Verzicht auf eine zielgenaue Ausnahmeregelung für Market Maker ist unverständlich


(25.02.13) - Am 14. Februar 2013 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur verstärkten Zusammenarbeit im Bereich Finanztransaktionssteuer veröffentlicht, welcher - vorbehaltlich der einstimmigen Zustimmung - die 11 teilnehmenden Mitgliedsstaaten zur Erhebung einer Steuer in Höhe von 0,1 Prozent (0,01 Prozent bei Derivaten) auf den Kauf und den Verkauf von Finanzinstrumenten ab dem 1. Januar 2014 verpflichtet. Neben einer Harmonisierung der derzeit in verschiedenen Mitgliedstaaten erhobenen Finanztransaktionssteuern zielt der Vorschlag auf eine 'angemessene und substantielle Beteiligung' des Finanzsektors an den öffentlichen Einnahmen ab und soll darüber hinaus Geschäfte, welche für die 'Effizienz der Finanzmärkte und die Realwirtschaft' nicht förderlich sind, unattraktiv machen.

Die unterzeichnenden Börsen weisen gemeinsam mit dem Bundesverband der Wertpapierfirmen mit großer Sorge darauf hin, dass eine Umsetzung des Richtlinienvorschlags in der vorliegenden Form neben den bekannten allgemeinen negativen Folgen der Besteuerung von Finanzgeschäften in Form steigender Transaktionskosten, höherer Kapitalbeschaffungskosten für die Realwirtschaft und Einbußen für Sparer und Privathaushalte, geeignet ist, das langjährig bewährte und gerade für den Privatanleger und mittelständische Emittenten wichtige intermediärsgestützte Marktmodell zu gefährden. Eine unveränderte Umsetzung des Richtlinienvorschlags würde deshalb negative Auswirkungen auf den Finanzstandort Deutschland haben.

Ursächlich hierfür ist u.a. der Umstand, dass der aktuelle Richtlinienentwurf, anders als die jüngst in Frankreich und Italien eingeführten Finanztransaktionssteuern oder auch die 'Stamp Duty' in Großbritannien, weiterhin keine Ausnahme für Intermediäre bzw. Market Maker vorsieht, die als ausführende Dienstleister die Preisfindung unterstützen und durch die Zurverfügungstellung zusätzlicher Liquidität einen ordnungsgemäßen Handel sicherstellen und entscheidend zur Markteffizienz beitragen.

Der Verzicht auf eine zielgenaue Ausnahmeregelung für Market Maker erscheint schon allein deshalb unverständlich, weil die Europäische Kommission an anderer Stelle der aktuellen Finanzmarktgesetzgebung, namentlich der EU-Leerverkaufsverordnung (EU 236/2012), ausdrücklich anerkannt hat, dass Market Maker 'bei der Bereitstellung von Liquidität auf den Märkten in der Union eine maßgebliche Rolle' spielen und eine Behinderung ihrer Tätigkeit 'die Fähigkeit der Market Maker, für Liquidität zu sorgen, erheblich einschränken und die Effizienz der Märkte in der Union erheblich beeinträchtigen' würde.

Hinzu kommt, dass der Wertpapierhandel von Market Makern kein spekulatives Geschäft, sondern eine Dienstleistung für andere darstellt. Market Maker, die an den hiesigen Börsen ihre Tätigkeit als 'Designated Sponsor', 'Skontroführer', 'Spezialisten' oder 'Quality-Liquidity-Provider' ausüben, ermöglichen den Anlegern einen jederzeitigen Handel unabhängig von der bereits vorhandenen Marktliquidität und stellen damit für öffentliche wie private Emittenten wichtige Garanten für die Sicherstellung eines funktionierenden Sekundärmarktes in normalen aber auch gerade in angespannten Marktsituationen dar. Market Maker sind daher ein wichtiges und unverzichtbares Element der hiesigen wie auch der europäischen Wertpapiermärkte. Ihre Tätigkeit ist nicht allein aus Sicht der Anleger, sondern auch der Gesamtwirtschaft wünschenswert und notwendig.

Diese Funktion jedoch könnten sie nicht mehr erfüllen, wenn die von ihnen getätigten Geschäfte von der geplanten Finanztransaktionssteuer erfasst würden: Der Market Maker als Intermediär zwischen den Anlegern tritt jeweils als Käufer für den Verkäufer und als Verkäufer für den Käufer auf. Es liegt auf der Hand, dass eine Besteuerung der hieraus resultierenden (Hilfs-)Geschäfte zu einer faktischen Doppelbesteuerung führen würde, die den Market Maker erheblich benachteiligen würde. Angesichts der Tatsache, dass die geplante Finanztransaktionssteuer in Höhe von 0,1 Prozent die im Market Making erzielbaren Provisionen bei weitem übersteigen würde und der Market Maker aufgrund des starken Wettbewerbs diese Belastung auch nicht auf die Anleger abwälzen könnte, würde eine Besteuerung dem Market Maker basierten Handel die wirtschaftliche Grundlage entziehen. Im Ergebnis würde dies intermediärsgestützte Marktmodelle mit ihren auf die Bedürfnisse von Privatanlegern und mittelständischen Emittenten ausgerichteten Angeboten in ihrer bestehenden Struktur gefährden und möglicherweise zum Verschwinden bringen.

Vor diesem Hintergrund setzen sich die hiesigen Börsen gemeinsam mit dem Bundesverband der Wertpapierfirmen mit Nachdruck dafür ein, dass im Zuge der anstehenden Ratsdiskussionen - nach französischem und italienischem Vorbild - eine vom Anwendungsbereich her begrenzte und zielgerichtete Bereichsausnahme für den Market Maker gestützten Wertpapierhandel in den Richtlinienvorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit aufgenommen wird.
(Pressemitteilung v. Bundesverband der Wertpapierfirmen: ra)

Bundesverband der Wertpapierfirmen: Steckbrief

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