Sie sind hier: Home » Markt » Hinweise & Tipps

Trotz mehrerer Abmahnungen Kündigung unwirksam


Arbeitsrecht: Die letzte Abmahnung muss besonders eindringlich gestaltet werden, da zu viele Abmahnungen die Warnfunktion entwerten können
Mit Urteil vom 27.09.2012 (2 AZR 955/11) hatte das BAG entschieden, dass drei einschlägige Abmahnungen noch nicht zu einer Entwertung der Warnfunktion führen, insbesondere wenn zwischen den ersten beiden Abmahnungen ein erheblicher Zeitraum lag

(31.01.14) - Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat mit Urteil vom 12.03.2013 eine auch vom Bundesarbeitsgericht geübte Rechtsprechungspraxis bestätigt. Der Kläger war seit 2000 bei der beklagten Bäckerei als Fahrer beschäftigt. Er wurde wiederholt wegen Nichterscheinens zur Arbeit unter Hinweis auf die unverzügliche Meldepflicht im Krankheitsfall abgemahnt. Insgesamt wurden sechs Abmahnungen ausgesprochen. Mit Schreiben vom 29.02.2012 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen erneuten Fehlbleibens. Wie schon das Arbeitsgericht erklärte auch das LAG die Kündigung für unwirksam. Für Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug, Hauptgeschäftsführer des Agad - Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. in Essen, steht der Arbeitgeber bei relativ geringfügigen Verstößen wie Zuspätkommen oder auch der verspäteten Krankmeldung vor einem Dilemma.

"Kündigt er bereits nach der ersten einschlägigen Abmahnung, neigen manche Instanzgerichte dazu, eine solche Kündigung für unverhältnismäßig zu erklären. Dann wird regelmäßig noch eine zweite oder dritte Abmahnung gefordert, um dem Arbeitnehmer sein – relativ leichtes – Fehlverhalten vor Augen zu führen und ihn zur Besserung anzuhalten", erklärt Rechtsanwalt Dr. Klug und warnt:" Spricht der Arbeitgeber dann aber zu viele Abmahnungen aus, muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, die Warnfunktion selbst entwertet zu haben".

Nach der Meinung des Agad-Hauptgeschäftsführers ist es dann erforderlich, dass in der letzten Abmahnung vor der Kündigung ein Satz auftaucht, der etwa wie folgt lauten kann: "Wegen gleichartiger Verstöße haben wir Sie bereits mehrfach abgemahnt. Einen weiteren Wiederholungsfall werden wir nicht akzeptieren. Bitte sehen Sie diese Abmahnung als "letzte Abmahnung" für einen solchen Pflichtenverstoß an. Im Wiederholungsfall werden Sie keine erneute Abmahnung erhalten, sondern wir werden das Arbeitsverhältnis dann in jedem Falle kündigen."

Nach Ansicht des LAG rechtfertige ein Verstoß gegen die Nebenpflicht zur rechtzeitigen Mitteilung einer Arbeitsunfähigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG) nach einschlägiger Abmahnung grundsätzlich eine ordentliche Kündigung. Jedoch könnten zahlreiche Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen, denen keine weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen folgten, die Warnfunktion der Abmahnungen abschwächen. Der Arbeitnehmer müsse die in der Abmahnung enthaltene Drohung noch ernstnehmen können. Es dürfe nicht der Eindruck einer "leeren Drohung" erzeugt werden. Der Arbeitgeber muss dann die letzte Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung besonders eindringlich gestalten. Mit Urteil vom 27.09.2012 (2 AZR 955/11) hatte das BAG entschieden, dass drei einschlägige Abmahnungen noch nicht zu einer Entwertung der Warnfunktion führen, insbesondere, wenn zwischen den ersten beiden Abmahnungen ein erheblicher Zeitraum lag.

In dem vom LAG Köln entschiedenen Fall hatte die Beklagte in den etwas mehr als viereinhalb Jahren vor Ausspruch der Kündigung den Kläger 6-mal einschlägig abgemahnt, weil er aus ihrer Sicht unentschuldigt gefehlt hatte. Trotz dieser Wiederholungen in einem relativ kurzen Zeitraum hatte der Arbeitgeber aber keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen, wonach die Warnfunktion der Abmahnungen durch inkonsequentes Verhalten vom Arbeitgeber selbst entwertet worden sei.

Die Abmahnungen enthielten auch keinen gesteigerten Grad der Intensität, sondern wiederholten stereotyp dieselbe Rüge. Auch hätten die Parteien kein Abmahnungsgespräch geführt. Schließlich fehlte es an einer besonderen textlichen Hervorhebung, wie zum Beispiel der Verwendung des Begriffes "letztmalige Abmahnung". (Agad: ra)

Agad: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Invests

  • Compliance, die gelebt wird

    Trotz strikterer Cybersecurity- und Compliance-Vorgaben behandeln viele KMU die Dokumentation ihrer IT-Infrastruktur noch stiefmütterlich. Dabei birgt fehlende oder unvollständige Dokumentation das Risiko von ineffizientem Troubleshooting und teuren Fehlentscheidungen. Ohne verlässliche Informationen zu Netzstrukturen, Systemabhängigkeiten oder Rechten wird jeder Incident zur Blackbox.

  • Echtzeitüberweisungen gemäß IPR

    Zahlungsdienstleister stehen unter Druck: Bis Oktober dieses Jahres müssen sie die Verification of Payee (VOP) umgesetzt haben und die Versendung von Echtzeitüberweisungen (Instant Payments) möglich machen. NTT Data erklärt die größten Hürden - und wie sie bis zur Deadline überwunden werden können.

  • PCI-DSS und Sichtbarkeit

    Als anerkanntes Security Framework ist der Payment-Card-Industry-Data-Security-Standard (kurz: PCI-DSS) für Anbieter von Kreditkartentransaktionen ein absolutes Compliance-Muss. Tiho Saric, Senior Sales Director bei Gigamon, verrät, wie die Einhaltung des Sicherheitsstandards dank Netzwerksichtbarkeit zum Kinderspiel wird.

  • Resilienz kritischer Infrastrukturen stärken

    Mit dem neuen KRITIS-Dachgesetz steht die deutsche Wirtschaft vor einer sicherheitspolitischen Zäsur. Ziel des juristischen Rahmenwerks ist es, die Resilienz kritischer Infrastrukturen zu stärken - und das über alle Sektoren hinweg: von Energie, Wasser und Telekommunikation über Gesundheit und Ernährung bis hin zum Transportwesen. Neben Konzernen geraten nun zunehmend auch mittelständische Betreiber in den Fokus.

  • E-Mails mit geschäftskritischen Inhalten

    Unternehmen, die ein falsches Bild von der grundsätzlichen Aufbewahrung von E-Mails mit geschäftskritischen Inhalten haben, laufen Gefahr, gesetzliche Vorgaben der GoBD oder DSGVO zu missachten. Folglich müssen sie dann mit juristischen und finanziellen Konsequenzen rechnen. Umso erstaunlicher ist es, dass zahlreiche Unternehmen ihrem Schutz noch immer nur wenig Bedeutung beimessen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen