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Beschränkung der Handlungsfreiheit der Mieter


Bundeskartellamt untersagt Wettbewerbsverbote für Mieter in Factory Outlet Center
Das von Franconia in ihren Mietverträgen mit Markenartikelherstellern vereinbarte Wettbewerbsverbot geht mit einem Luftradius von 150 km über den räumlich relevanten Markt hinaus

(20.03.15) - Das Bundeskartellamt hat dem Betreiber des Factory Outlet Centers Wertheim Village, der VR Franconia GmbH, untersagt, in den Verträgen mit Markenartikelherstellern sogenannte Radiusklauseln zu verwenden, soweit diese über einen Luftradius von 50 km und eine Laufzeit von fünf Jahren hinausgehen. Franconia hat bislang den meisten der 100 Markenartikelhersteller, die in dem Factory Outlet Center in Wertheim ansässig sind, verboten, Ladenlokale in einem anderen Factory Outlet Center oder individuelle Outlet-Geschäfte innerhalb eines Radius von in der Regel 150 km um Wertheim zu eröffnen.

Andreas Mundt sagte: "Radiusklauseln in diesem Ausmaß beschränken nicht nur den Wettbewerb zwischen den bestehenden Factory Outlet Centern. Sie stellen insbesondere für Unternehmen, die mit einem neuen Factory Outlet Center in den Markt eintreten wollen, eine wesentliche Behinderung dar."

Nach den Ermittlungen des Bundeskartellamtes stammen die Kunden des Factory Outlet Centers Wertheim im Wesentlichen aus einem Umkreis von 100 km bzw. nehmen die Einkaufsmöglichkeit auf der Durchreise wahr. Das von Franconia in ihren Mietverträgen mit Markenartikelherstellern vereinbarte Wettbewerbsverbot geht mit einem Luftradius von 150 km über den räumlich relevanten Markt hinaus. Die Betreiber eines Fashion Outlet Centers, das 147 Kilometer von Wertheim entfernt liegt, sind aufgrund dieser Klausel auf erhebliche Probleme bei der Akquise von Mietern gestoßen.

Nach Auffassung des Bundeskartellamtes ist die Wettbewerbsverbotsklausel in ihrem bisher praktizierten Umfang weder funktional notwendig zur Durchführung der Mietverträge noch verhältnismäßig, um die von Franconia vorgetragenen Vertragszwecke zu erreichen. Vielmehr zielt das Wettbewerbsverbot im Wesentlichen darauf ab, über die Beschränkung der Handlungsfreiheit der Mieter den Wettbewerb zwischen dem Factory Outlet Center Wertheim und seinen aktuellen und potenziellen Wettbewerbern zu beschränken.

Factory Outlet Center sind Verkaufsstätten, in denen Hersteller ihre Markenartikel verbilligt anbieten. Sie werden von einem Betreiber zentral geplant, realisiert und verwaltet und umfassen regelmäßig mehrere tausend Quadratmeter Verkaufsfläche mit 40 bis über 100 Läden und einem Angebot von vorwiegend Textilien, Sportartikeln und Schuhen. Bundesweit existieren derzeit neun größere Factory Outlet Center.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, aber sofort vollziehbar. Franconia kann beim Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die Entscheidung Beschwerde einlegen und einen Antrag auf Aufhebung der sofortigen Vollziehbarkeit stellen. (Bundeskartellamt: ra)


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

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    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."

  • Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt

    Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.

  • Zusammenschluss musste freigeben werden

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Medienholding Süd durch die Neue Pressegesellschaft freigegeben. Die Medienholding Süd ist derzeit Teil der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) und verlegt regionale Tageszeitungen in Baden-Württemberg, insbesondere die "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Schwarzwälder Boten". Die Neue Pressegesellschaft verlegt ebenfalls regionale Tageszeitungen, in Baden-Württemberg insbesondere die "Südwest Presse". Beide Unternehmen verbreiten darüber hinaus Anzeigenblätter und sind an privaten Radiosendern beteiligt.

  • Kein Verfahren gegen die DFL

    Das Bundeskartellamt hat den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen.

  • Austauschbarkeit der Produkte

    Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme des Automobil-Ethernet-Geschäfts der amerikanischen Marvell Technology, Inc. (Marvell) durch die Infineon Technologies AG (Infineon) freigegeben. Die Ethernet-Komponenten von Marvell werden vor allem für die Übertragung von Daten innerhalb des Netzwerks von softwaredefinierten Fahrzeugen (Software-defined Vehicles, SDVs) verwendet.

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