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Bekämpfung der Steuervermeidung


Steuervermeidung durch Unternehmen: Neue Vorschriften angenommen
Die Richtlinie gilt für alle Steuerpflichtigen, die in einem Mitgliedstaat der Körperschaftssteuer unterliegen, u.a. auch für Tochtergesellschaften von Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU



Der Europäische Rat hat am 12. Juli 2016 neue Vorschriften zur Bekämpfung einiger der am häufigsten verwendeten Praktiken großer Unternehmen zur Verringerung ihrer Steuerschuld angenommen. Die Richtlinie ist Teil eines Pakets, das die Kommission im Januar 2016 vorgelegt hat und das mehrere Vorschläge enthält, mit denen die EU-Vorschriften gegen Steuervermeidung durch Unternehmen verschärft werden sollen. Das Paket stützt sich auf die OECD-Empfehlungen von 2015 zur Bekämpfung der Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS), die von den Staats- und Regierungschefs der G20 im November 2015 gebilligt wurden.

"Mit dieser neuen Richtlinie sollen unsere inländischen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen gegen eine aggressive Steuerplanung geschützt werden, die das Funktionieren des Binnenmarktes unmittelbar beeinträchtigt", erklärte Peter Kažimír, slowakischer Finanzminister und Präsident des Rates. "Dies ist somit ein wichtiger Schritt, der auch zeigt, dass der Kampf gegen derartige Praktiken für uns nicht nur eine gemeinsame Priorität, sondern auch eine gemeinsame Verpflichtung ist."

Mit der Richtlinie soll verhindert werden, dass Unternehmen, zumeist multinationale Gruppen, Unterschiede zwischen nationalen Steuersystemen ausnutzen, um ihre Steuerbelastung zu verringern. Mit der Richtlinie wird auf den Eindruck reagiert, den zahlreiche Steuerzahler und KMU gewonnen haben, wonach einige multinationale Unternehmen nicht ihren gerechten Anteil am Steueraufkommen entrichten und somit den Steuerwettbewerb im EU-Binnenmarkt verzerren.

Neue Vorschriften für fünf Bereiche
Die Richtlinie gilt für alle Steuerpflichtigen, die in einem Mitgliedstaat der Körperschaftssteuer unterliegen, u.a. auch für Tochtergesellschaften von Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU. Sie enthält Vorschriften zur Bekämpfung der Steuervermeidung für Situationen, die sich auf fünf spezifischen Gebieten ergeben können:

>> Vorschriften zur Zinsschranke. Multinationale Gruppen können ihre Schulden künstlich in Länder und Gebiete mit großzügigeren Regeln zur Steuerabzugsfähigkeit verlagern. Ziel der Richtlinie ist es, diese Praxis unattraktiv zu machen, indem der für den Steuerzahler in einem Steuerjahr abzugsfähige Betrag im Zusammenhang mit diesen Zinszahlungen begrenzt wird.

>> Vorschriften betreffend die Wegzugsbesteuerung zur Verhinderung der Gewinnkürzung im Herkunftsland. Steuerpflichtige Unternehmen versuchen möglicherweise ihre Steuerbelastung dadurch zu verringern, dass sie ihren Steuersitz und/oder ihre Vermögenswerte ausschließlich für die Zwecke einer aggressiven Steuerplanung verlagern.

>> Allgemeine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch. Mit dieser Vorschrift sollen etwaige Lücken in den besonderen Vorschriften eines Landes zur Verhinderung von Missbrauch geschlossen und somit die Steuerbehörden in die Lage versetzt werden zu verhindern, dass Steuerpflichtige Nutzen aus möglicherweise vorkommenden missbräuchlichen Steuergestaltungen ziehen.

>> Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen (CFC). Um die Steuerbelastung der Gruppe insgesamt zu verringern, können Unternehmensgruppen beträchtliche Gewinne in beherrschte Tochtergesellschaften in Niedrigsteuergebieten verlagern. Durch die Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen werden die Einkünfte einer niedrig besteuerten beherrschten ausländischen Tochtergesellschaft ihrer – in der Regel höher besteuerten – Muttergesellschaft zugeordnet.

>> Vorschriften über hybride Gestaltungen. Steuerpflichtige Unternehmen können Unterschiede zwischen nationalen Steuersystemen ausnutzen, um ihre Steuerbelastung insgesamt - etwa durch einen doppelten Steuerabzug - zu verringern.

Ein gemeinsamer Ansatz der EU
Mit der Richtlinie wird sichergestellt, dass die OECD-Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung in der EU (Anti-BEPS-Maßnahmen) in abgestimmter Weise umgesetzt werden, auch von den 6 Mitgliedstaaten, die keine OECD-Mitglieder sind.

Mit drei der fünf in der Richtlinie geregelten Bereiche werden OECD-Empfehlungen umgesetzt, nämlich mit den Vorschriften zur Zinsschranke, den Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen und den Vorschriften über hybride Gestaltungen. Die beiden anderen, d. h. die allgemeine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch und die Vorschriften betreffend die Wegzugsbesteuerung, betreffen Aspekte der Bekämpfung der Steuervermeidung eines 2011 vorgelegten Vorschlags für eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage in der EU.
Durchführung

Die Richtlinie wurde ohne Aussprache auf einer Tagung des Rates "Wirtschaft und Finanzen" erlassen. Am 17. Juni 2016 wurde im Anschluss an ein Verfahren der stillschweigenden Zustimmung eine politische Einigung erzielt.

Die Mitgliedstaaten haben bis zum 31. Dezember 2018 Zeit, um die Richtlinie in ihr nationales Recht umzusetzen, mit Ausnahme der Vorschriften zur Wegzugsbesteuerung, für die die Frist zum 31. Dezember 2019 endet. Mitgliedstaaten, in denen spezielle Vorschriften gelten, die ebenso wirksam sind wie die Vorschriften über die Zinsschranke, können diese so lange anwenden, bis die OECD eine Einigung über einen Mindeststandard erzielt hat oder längstens bis zum 1. Januar 2024.
Weitere Initiativen

In der Zwischenzeit sind die Beratungen über die restlichen Aspekte des Pakets zur Bekämpfung der Steuervermeidung vom Januar 2016 vorangekommen. Am 25. Mai billigte der Rat

>> eine Richtlinie über den Austausch steuerlich relevanter Informationen über multinationale Unternehmen;
>> Schlussfolgerungen zu den Drittländer betreffenden Aspekten der Steuertransparenz.

Das Paket zur Bekämpfung der Steuervermeidung schließt sich an eine Reihe von Initiativen der EU aus dem Jahr 2015 an. Dazu gehört eine Richtlinie über Steuervorbescheide mit grenzüberschreitender Wirkung, die im Dezember 2015 angenommen wurde.

Im Dezember 2014 erklärte der Europäische Rat, dass "es dringend erforderlich ist, die Anstrengungen zur Bekämpfung von Steuerumgehung und aggressiver Steuerplanung sowohl weltweit als auch auf Unionsebene weiter voranzubringen". (Europäischer Rat: ra)

eingetragen: 25.07.16
Home & Newsletterlauf: 12.08.16



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