Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Zugang zu Arbeitnehmer- und Sozialschutzrechten


Schutz von Menschen, die über Plattformen arbeiten: Kommission leitet zweite Phase der Konsultation der Sozialpartner ein
Plattformarbeit kann jedoch auch zu prekären Arbeitsbedingungen und einem unzureichenden Zugang zum Sozialschutz für viele Menschen führen, die über Plattformen arbeiten



Die Europäische Kommission leitet die zweite Phase einer Konsultation der europäischen Sozialpartner ein, um deren Ansichten zu der Frage einzuholen, wie die Arbeitsbedingungen von Menschen, die über digitale Plattformen arbeiten, verbessert werden können. Dies erfolgt im Anschluss an die erste Konsultationsphase, die vom 24. Februar bis zum 7. April 2021 lief und in der bei der Kommission Antworten von 14 Sozialpartnern auf EU-Ebene eingingen. Auf der Grundlage der eingegangenen Antworten kam die Kommission zu dem Schluss, dass weitere EU-Maßnahmen erforderlich sind, um grundlegende Arbeitsnormen und Rechte für Menschen, die über Plattformen arbeiten, sicherzustellen. Präsidentin von der Leyen hat in ihren politischen Leitlinien auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Arbeitsbedingungen bei der Plattformarbeit zu verbessern. Diese Notwendigkeit wurde durch die COVID-19-Krise und die beschleunigte Einführung von Plattform-Geschäftsmodellen weiter verdeutlicht.

Margrethe Vestager, die für das Ressort "Ein Europa für das digitale Zeitalter" zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin, erklärte dazu: "Digitale Arbeitsplattformen spielen eine Schlüsselrolle beim digitalen Wandel der Wirtschaft in Europa. Online wie offline sollten alle Erwerbstätigen Schutz genießen und unter sicheren und menschenwürdigen Bedingungen arbeiten können. Wir werden nun die Standpunkte der Sozialpartner dazu einholen, wie bei der Plattformarbeit angemessene Arbeitsbedingungen sichergestellt werden können und gleichzeitig das nachhaltige Wachstum digitaler Arbeitsplattformen in der EU unterstützt werden kann."

Nicolas Schmit, der für Beschäftigung und soziale Rechte zuständige EU-Kommissar, sagte: "Online-Plattformen bringen Innovationen und neue Dienstleistungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher mit sich. Sie müssen aber auch den Menschen, die über solche Plattformen arbeiten, die hohen Sozialstandards bieten, die wir erwarten. Wir setzen unsere Konsultation der Sozialpartner fort, um einen intelligenten und ausgewogenen Ansatz zu finden, der den Plattformen und den über sie arbeitenden Menschen Sicherheit und gemeinsame Standards bietet. So werden wir dafür sorgen, dass der digitale Wandel fair und nachhaltig verläuft."

Digitale Arbeitsplattformen spielen eine Schlüsselrolle beim digitalen Wandel der Wirtschaft in Europa und sind ein wachsendes Phänomen. Die Wirtschaftsleistung der digitalen Arbeitsplattformen in der EU hat sich von geschätzten 3 Mrd. EUR im Jahr 2016 auf rund 14 Mrd. EUR im Jahr 2020 beinahe verfünffacht. Digitale Arbeitsplattformen bringen Innovationen, schaffen Arbeitsplätze und stärken die Wettbewerbsfähigkeit der EU. Sie bieten zusätzliche Einkommensmöglichkeiten auch für Menschen, deren Zugang zum Arbeitsmarkt andernfalls erschwert sein könnte.

Plattformarbeit kann jedoch auch zu prekären Arbeitsbedingungen und einem unzureichenden Zugang zum Sozialschutz für viele Menschen führen, die über Plattformen arbeiten. Die zentrale Herausforderung bei der Plattformarbeit hängt mit dem Beschäftigungsstatus zusammen. Dieser Status ist ein entscheidender Faktor für den Zugang von Menschen, die über Plattformen arbeiten, zu den bestehenden Arbeitnehmerrechten und dem entsprechenden Schutz. Darüber hinaus können für Personen, die über Plattformen arbeiten, automatisierte Entscheidungen durch bestimmte Algorithmen getroffen werden, ohne dass die betroffenen Personen die Entscheidung in Frage stellen oder und rechtlich dagegen vorgehen können. Häufig ist auch ihr Zugang zur Vertretung durch eine Gewerkschaft und zu Tarifverhandlungen begrenzt. Herausforderungen birgt auch der grenzüberschreitende Charakter der Plattformarbeit, unter anderem bei der Möglichkeit, zu ermitteln, in welchem Land die jeweilige Tätigkeit ausgeübt wird.

Angesichts dieser Herausforderungen zielt die zweite Phase der Konsultation darauf ab, die Standpunkte der Sozialpartner zu der Frage einzuholen, wie den Menschen, die über Plattformen arbeiten, angemessene Arbeitsbedingungen garantiert werden können, während gleichzeitig das nachhaltige Wachstum digitaler Arbeitsplattformen in der EU gefördert wird. Die Sozialpartner werden zu den möglichen Inhalten der Initiative auf EU-Ebene in folgenden Bereichen konsultiert:

>> Erleichterung der Klärung des Beschäftigungsstatus und des Zugangs zu Arbeitnehmer- und Sozialschutzrechten;
>> Verbesserung von Information, Konsultation und Rechtsschutz, insbesondere im Zusammenhang mit dem Einsatz des algorithmischen Managements bei der Plattformarbeit;
>> mehr Klarheit bei den geltenden Vorschriften für alle Personen, die über grenzüberschreitend operierende Plattformen arbeiten;
>> Stärkung der Rechtsdurchsetzung, der kollektiven Vertretung und des sozialen Dialogs.
>> Im Rahmen der Konsultation werden auch die Standpunkte der Sozialpartner zu möglichen Instrumenten für EU-Maßnahmen eingeholt. Die Kommission erwägt sowohl legislative als auch nichtlegislative Instrumente.

Die Sozialpartner werden gebeten, die Fragen der Konsultation bis zum 15. September 2021 zu beantworten.
Der nächste Schritt dieser zweiten Konsultationsphase sind entweder Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern im Hinblick auf den Abschluss einer Vereinbarung gemäß Artikel 155 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) oder die Vorlage eines Vorschlags durch die Europäische Kommission bis Ende 2021.

Eine mögliche EU-Initiative würde unter uneingeschränkter Achtung der nationalen Zuständigkeiten, der Vielfalt der Arbeitsmarkttraditionen in den Mitgliedstaaten und der Autonomie der Sozialpartner konzipiert. Jegliche Initiative zur Plattformarbeit sollte die nationalen Definitionen von "Arbeitnehmer" achten. Auch besteht nicht die Absicht, einen "dritten" Beschäftigungsstatus (weder Selbstständige noch Arbeitnehmer) auf EU-Ebene zu schaffen, wobei die Entscheidung einiger Mitgliedstaaten, einen solchen Status in ihren nationalen Rechtsvorschriften einzuführen, respektiert wird.

Hintergrund
Präsidentin von der Leyen hat in ihren politischen Leitlinien ausdrücklich auf die Auswirkungen des digitalen Wandels verwiesen: "Der digitale Wandel bringt rasche Veränderungen mit sich, die sich auf unsere Arbeitsmärkte auswirken." Sie verpflichtete sich zu "prüfen, wie die Arbeitsbedingungen von auf Online-Plattformen Beschäftigten verbessert werden können".

Laut der Mitteilung Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang muss ein nachhaltiges Wachstum der Plattformwirtschaft mit besseren Arbeitsbedingungen der Plattformarbeiter einhergehen.

Im Arbeitsprogramm der Kommission für 2021 wurde bis Ende 2021 eine gesetzgeberische Initiative zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten angekündigt. Diese Initiative wird die Umsetzung der in der europäischen Säule sozialer Rechte enthaltenen Grundsätze unterstützen. Das Bekenntnis aller Partner zu einem starken sozialen Europa wurde auf dem Sozialgipfel von Porto vom 7./8. Mai 2021 erneut bekräftigt.

Vom 24. Februar bis zum 7. April 2021 führte die Kommission die erste Phase einer Konsultation der europäischen Sozialpartner zu der Frage durch, wie die Arbeitsbedingungen von Menschen, die über digitale Plattformen arbeiten, verbessert werden können.

Nach Prüfung der Antworten kam die Kommission zu dem Schluss, dass ein Tätigwerden auf Ebene der EU erforderlich ist. Daher leitet die Kommission nun die zweite Phase der Konsultation der Sozialpartner, die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände auf EU-Ebene vertreten, gemäß Artikel 154 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ein.

Die Frage der Anwendbarkeit des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverhandlungen von Selbstständigen ist nicht Gegenstand dieser Konsultation. Dieses Thema wird im Rahmen einer gesonderten, ergänzenden Initiative angegangen, zu der am 31. Mai 2021 eine offene öffentliche Konsultation endete. Damit soll sichergestellt werden, dass das EU-Wettbewerbsrecht dem Abschluss von Tarifverträgen, die darauf abzielen, die Arbeitsbedingungen von Selbstständigen in einer schwachen Position zu verbessern, nicht entgegensteht, und um gleichzeitig zu gewährleisten, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sowie KMU weiterhin von wettbewerbsfähigen Preisen und innovativen Geschäftsmodellen profitieren, auch in der digitalen Wirtschaft. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 26.06.21
Newsletterlauf: 07.09.21


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Kontrollen der Zoll- und Marktüberwachungsbehörden

    Die Europäische Kommission ergreift Maßnahmen gegen Risiken durch Einfuhren von geringem Wert, die von Online-Einzelhändlern aus Drittländern und über Marktplätze, auf denen Händler aus Nicht-EU-Ländern tätig sind, verkauft werden. Diese Maßnahmen sind Teil der Mitteilung über den elektronischen Geschäftsverkehr mit dem Titel "Ein umfassendes EU-Instrumentarium für einen sicheren und nachhaltigen elektronischen Geschäftsverkehr", die die Kommission vorgelegt hat.

  • HTA-Rechtsvorschriften und -Verfahren

    Die Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment - HTA) ist ein wissenschaftlicher, evidenzbasierter Prozess, bei dem Informationen über medizinische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und ethische Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Einsatz einer Gesundheitstechnologie zusammengefasst werden. Beispiele für Gesundheitstechnologien sind Arzneimittel und Medizinprodukte.

  • Arzneimittel und Medizinprodukte

    Am 12. Januar 2025 trat die Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) in Kraft. Damit soll der EU-weite Zugang von Patienten zu innovativen und wirksamen Gesundheitstechnologien erheblich verbessert werden.

  • Diskriminierung von Medizinprodukten

    Ein veröffentlichter Bericht, in dem die anhaltende Diskriminierung von EU-Medizinprodukten auf dem chinesischen Beschaffungsmarkt hervorgehoben wird, fließt in die Entscheidung der Kommission ein, mit welchen Maßnahmen hier gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen der EU und China hergestellt werden sollen.

  • Entscheidungen in Vertragsverletzungsverfahren

    Die EU-Kommission erlässt eine Reihe von Beschlüssen zu Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die nicht mitgeteilt haben, welche Maßnahmen sie zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht ergriffen haben. Dabei übermittelt die Kommission zunächst Aufforderungsschreiben an alle Mitgliedstaaten, die keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien gemeldet haben, deren Umsetzungsfrist vor Kurzem abgelaufen ist.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen