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Freier Verkehr audiovisueller Inhalte


Digitale Agenda: Erster Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste
Compliance beim Verkehr audiovisueller Inhalte: Der Anteil von Werbe- und Teleshoppingspots im Fernsehen darf 12 Minuten pro Stunde nicht überschreiten


(14.05.12) - Die Europäische Kommission einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) vorgelegt. Die AVMD-Richtlinie soll den freien Verkehr audiovisueller Inhalte ermöglichen und bezieht auch wichtige ordnungspolitische Ziele ein, z. B. Verbot der Aufstachelung zum Hass, Schutz Minderjähriger vor schädlichen Inhalten und Förderung europäischer audiovisueller Werke. Die wichtigsten in dem Bericht behandelten Fragen sind Werbepraktiken und die Notwendigkeit weiterer Leitlinien für Connected-TV (d. h. internetfähiges Fernsehen).

Die Kommission wird nun

>> eine öffentliche Konsultation zu Connected-TV durchführen (zweite Hälfte 2012) und
>>im Jahr 2013 ihre Leitlinien für die Fernsehwerbung überarbeiten.

"Der Bericht zeigt, dass die AVMD-Richtlinie funktioniert, aber es ist klar, dass wir angesichts neuer Entwicklungen, die mit dem Internet zusammenhängen, wie etwa Connected-TV, am Ball bleiben müssen", sagte Vizepräsidentin Neelie Kroes.

Umsetzung der AVMD-Richtlinie
25 Mitgliedstaaten haben bisher die vollständige Umsetzung der AVMD-Richtlinie in ihr nationales Recht gemeldet. Zwei Mitgliedstaaten – Polen und Belgien - müssen ihre nationalen Rechtsvorschriften noch anpassen.

Werbung
Der Anteil von Werbe- und Teleshoppingspots im Fernsehen darf 12 Minuten pro Stunde nicht überschreiten. Der Bericht zeigt, dass die Anwendung dieser Vorschrift zu verschiedenen Werbeformaten geführt hat. So wurden in Spanien verschiedene Formen der Fernsehwerbung eingeführt, die von den spanischen Behörden jedoch nicht als Werbespots eingestuft wurden. Der Gerichtshof stellte hingegen fest, dass diese Formen der Fernsehwerbung sehr wohl als Werbespots anzusehen sind und folglich unter die 12-Minuten-Vorschrift fallen.

In dem von diesem Bericht erfassten Zeitraum überprüfte die Kommission die Werbepraktiken in acht Mitgliedstaaten. In einigen Mitgliedstaaten wird die 12-Minuten-Begrenzung von Werbespots regelmäßig überschritten. Aufgrund dieser Feststellungen wurden den betreffenden Mitgliedstaaten Verwaltungsschreiben übermittelt; die Diskussionen in dieser Angelegenheit sind noch nicht abgeschlossen. Die Kommission wird weiterhin überwachen, ob die Mitgliedstaaten die 12-Minuten-Regel einhalten, und erforderlichenfalls Vertragsverletzungsverfahren einleiten.

Alkohol
In den überprüften Mitgliedstaaten macht die Alkoholwerbung zwischen 0,8 Prozent und 3 Prozent der gesamten Werbezeit in allen audiovisuellen Mediendiensten aus, ausgehend von der Gesamtzahl der Spots, die in dem überprüften Zeitraum gesendet wurden. Es wurden keine Fälle von eindeutigen Verstößen gefunden.

Bei der Umsetzung der Vorschriften der AVMD-Richtlinie in Bezug auf Alkoholwerbung haben 22 Mitgliedstaaten hinsichtlich der Kanäle, der beworbenen Produkte oder der Sendezeiten etwas strengere Regeln für diese Art der Werbung vorgeschrieben.

Kinder
Nach den Bestimmungen der AVMD-Richtlinie darf audiovisuelle kommerzielle Kommunikation weder zur seelischen noch zur körperlichen Beeinträchtigung Minderjähriger führen. Dies bedeutet, dass sie keine direkten Aufrufe zum Kaufen oder Mieten von Waren oder Dienstleistungen an Minderjährige richten darf, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen, Minderjährige nicht unmittelbar dazu auffordern darf, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu bewegen, nicht das besondere Vertrauen ausnutzen darf, das Minderjährige zu Eltern, Lehrern und anderen Vertrauenspersonen haben, und Minderjährige nicht ohne berechtigten Grund in gefährlichen Situationen zeigen darf.

Eine Inhaltsanalyse der 100 meistgesendeten Werbespots zeigte, dass es wenig Verstöße gegen die Vorschriften der Richtlinie zum Schutz Minderjähriger vor Werbeinhalten gab. Ähnlich wie in Bezug auf die Alkoholwerbung gab es aufgrund des detaillierten Wortlauts der einschlägigen Bestimmungen nur wenige Verstöße gegen die AVMD-Richtlinie. Dennoch werden offenbar Werbetechniken, die auf Jugendliche ausgerichtet sind, in der Fernsehwerbung häufig eingesetzt.

Fünf Mitgliedstaaten verbieten Werbung in Kindersendungen. Vier Mitgliedstaaten haben ein teilweises Verbot oder andere Beschränkungen für Werbung in Kindersendungen erlassen, entweder zu bestimmten Sendezeiten oder für bestimmte Produkte, und sieben Mitgliedstaaten untersagen, dass in Kindersendungen die Logos von Sponsoren gezeigt werden1.

Diskriminierung
In dem Bericht wurde auch für acht Mitgliedstaaten bei den 100 meistgesendeten Werbespots eine Analyse hinsichtlich der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts und geschlechtsspezifischer Rollenklischees vorgenommen. In 21 Prozent bis 36 Prozent der analysierten Spots fand sich eine stereotype Darstellung von Geschlechterrollen. In einigen Mitgliedstaaten werden jedoch bestimmte gesellschaftliche Positionen, Berufe oder Produkte systematischer mit einem bestimmten Geschlecht assoziiert als in anderen Mitgliedstaaten. Der Bericht lässt erkennen, dass keines der überprüften Länder ganz frei von solchen stereotypen Darstellungen ist.

In Anbetracht der obigen Feststellungen wird die Kommission die Anwendung der Vorschriften für die Werbung in den Mitgliedstaaten weiter überwachen und im Jahr 2013 ihre Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf bestimmte Vorschriften über Fernsehwerbung überarbeiten.

Connected-TV
Connected-TV oder Hybrid-TV markiert eine neue Phase der so genannten "Konvergenz”, die zu einer Verknüpfung von Internet und Fernsehen führt. Wenn traditionelle Fernsehgeräte zusätzlich Internetfähigkeit erhalten, kann der Zuschauer Titel aus einer Programmbibliothek wählen und auf weitere Abrufdienste sowie Internetinhalte zugreifen.

Connected-TV wird derzeit in Deutschland und in Italien angeboten, Frankreich und das Vereinigte Königreich sollen demnächst folgen. Zwar sind viele der auf dem Markt befindlichen Fernsehgeräte für diesen Dienst ausgerüstet, doch nur 20 Prozent bis 30 Prozent sind tatsächlich online. Derzeit gibt es in Europas Privathaushalten 47 Millionen aktive vernetzte Geräte einschließlich vernetzter Fernsehgeräte, Spielekonsolen, eigenständiger TV-Set-Top-Boxen, Blu-Ray-Abspielgeräten und Set-Top-Boxen für Bezahlfernsehen. Angesichts der wachsenden Zahl von Bürgern mit Zugang zu höheren Internet-Geschwindigkeiten sowie der Zunahme der vernetzten Geräte und verfügbaren Inhalte dürfte der Marktanteil von Connected-TV in den kommenden Jahren relativ schnell wachsen.

Um zu gewährleisten, dass die europäischen Bürger die Vorzüge dieser neuen Dienste voll ausschöpfen können, einen hochwertigen Zugang zu audiovisuellen Werken über vernetzte Geräte erhalten und gleichzeitig angemessen geschützt sind, wird die Kommission bis Ende 2012 eine öffentliche Konsultation einleiten.

Hintergrund
Nach Artikel 33 der AVMD-Richtlinie übermittelt die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss regelmäßig einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie. Das vorliegende Dokument ist der erste Bericht über die Anwendung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) und erfasst den Zeitraum 2009-2010.

Der erste Teil des Berichts enthält einen Rückblick auf die Anwendung der Richtlinie und greift unter anderem Fragen in Bezug auf die Effektivität qualitativer Vorschriften für die Werbung in einem Sektor auf, in dem sich das Angebot und die individuelle Reaktion auf Werbung im Wandel befinden. Die Tatsache, dass Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, ist keine Kritik an der Interventionslogik der AVMD-Richtlinie, sondern beinhaltet die Forderung nach effektiveren Maßnahmen. Der Bericht dient damit als Baustein für den Ausbau der Faktenbasis im Hinblick auf dieses Ziel.

Der zweite Teil des Berichts enthält einen Ausblick auf den Einfluss großer technologischer Entwicklungen auf den Regelungsrahmen, da herkömmlicher Rundfunk und Internet rasch miteinander verschmelzen.

Bericht über die Anwendung der AVMD-Richtlinie:
http://ec.europa.eu/avpolicy/reg/tvwf/implementation/reports/index_en.htm
Website Audiovisuelle und Medienpolitik:
http://ec.europa.eu/avpolicy/index_en.htm
(Europäische Kommission: ra)


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    Das Gesetz über digitale Dienste ist das wegweisende Regelwerk der EU, mit dem das Online-Umfeld sicherer, gerechter und transparenter gemacht werden soll, und wird auf alle Online-Vermittler in der EU angewandt. Es schützt die Nutzer in der EU besser vor illegalen Waren und Inhalten und sorgt für die Wahrung ihrer Rechte auf Online-Plattformen, auf denen sie mit anderen Nutzern in Kontakt treten, Informationen austauschen oder Produkte kaufen.

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