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Einhalten der EU-Regeln sicherstellen


Freier Kapitalverkehr: Kommission verklagt Italien wegen Investitionsbeschränkungen bei privatisierten Unternehmen beim Gerichtshof
Die Kommission ist der Auffassung, dass die Befugnisse des italienischen Staates die Attraktivität von Direkt- und Portfolioinvestitionen mindern

(02.11.11) - Die Europäische Kommission hat beschlossen, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union Klage gegen Italien zu erheben, weil sie der Auffassung ist, dass gewisse Bestimmungen des italienischen Rechts, denen zufolge der italienische Staat bei privatisierten Unternehmen in strategisch wichtigen Sektoren wie dem Telekommunikations- oder dem Energiesektor über Sonderbefugnisse verfügt, ungerechtfertigte Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit (Artikel 63 und 49 AEUV) darstellen. Eine oder mehrere dieser Sonderbefugnisse wurden in die Satzungen von ENEL, ENI, Telecom Italia und Finmeccanica aufgenommen.

Nach italienischem Recht können dem Staat bei einer Bedrohung grundlegender staatlicher Interessen Sonderbefugnisse übertragen werden, um die Wahrung dieser Interessen sicherzustellen. So ist der italienische Staat erstens befugt, gegen Anteilserwerbe und gegen Vereinbarungen zwischen Anteilseignern, die über einen bestimmten Anteil der Stimmrechte verfügen (5 Prozent oder bei entsprechender Festlegung darunter), Einspruch zu erheben. Zweitens kann er gegen bestimmte Unternehmensentscheidungen wie Fusionen oder Aufspaltungen sein Veto einlegen.

Die Kommission ist der Auffassung, dass solche Befugnisse die Attraktivität von Direkt- und Portfolioinvestitionen mindern und potenzielle Investoren aus anderen Mitgliedstaaten davon abhalten können, Anteile der betreffenden Unternehmen zu erwerben.

Während der letzten Kontakte mit den italienischen Behörden hat sich angedeutet, dass entsprechende Änderungen, die das Einhalten der EU-Regeln sicherstellen, binnen kürzester Zeit vorgenommen werden. Daher hat die Kommission beschlossen, die Klageerhebung um einen Monat zu verschieben.

Hintergrund:
Die Mitgliedstaaten können derartige Maßnahmen rechtfertigen, allerdings nur unter strengen, im Vertrag über die Arbeitsweise der EU festgelegten und durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs klargestellten Bedingungen. In diesem Fall ist die Kommission jedoch der Auffassung, dass die hier vorliegenden Beschränkungen beim Erwerb und bei den Vereinbarungen zwischen Anteilseignern nicht geeignet sind, die Wahrung grundlegender staatlicher Interessen zu schützen. Außerdem sind die Kriterien für die Ausübung der Sonderbefugnisse nicht präzise genug und könnten zu einem allzu großen Ermessensspielraum des Staates führen. Daher stellen diese Sonderrechte nach Ansicht der Kommission ungerechtfertigte Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) und der Niederlassungsfreiheit (Artikel 49 AEUV) dar.

Was wird mit den betreffenden EU-Vorschriften bezweckt?
Der freie Kapitalverkehr ist eine der "vier Grundfreiheiten" und damit einer der Eckpfeiler des Binnenmarkts. Er ermöglicht offenere, stärker integrierte, wettbewerbsfähigere und effizientere Märkte und Dienstleistungen in Europa. Für die Bürger bedeutet dies, dass sie im Ausland beispielsweise ein Bankkonto eröffnen, Anteile an ausländischen Unternehmen erwerben oder eine Immobilie kaufen können. Unternehmen gibt der freie Kapitalverkehr die Möglichkeit, in andere europäische Unternehmen zu investieren oder sie zu erwerben und aktiv an ihrer Führung mitzuwirken.

Weitere Informationen:

Freier Kapitalverkehr:
http://ec.europa.eu/internal_market/capital/index_de.htm

Aktuelle Informationen über Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten:
http://ec.europa.eu/community_law/index_de.htm
(Europäische Kommission: ra)


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