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Globalisierung und landwirtschaftliche Erzeuger


GAP-Reform: Landwirte müssen weiterhin zentrale Wirtschaftsakteure im ländlichen Raum bleiben
"Direktzahlungen müssen auch weiterhin das Grundgerüst für die Einkommensstabilisierung der Landwirte als Entgelt für die Bereitstellung öffentlicher Güter und als Kompensation für die höheren Produktionsstandards der EU darstellen"


(19.05.11) - Die künftige Entwicklung der vielen EU-Agrarregionen könnte auf dem Spiel stehen, wenn durch die geplante Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) die gravierenden Ungleichgewichte im aktuellen System nicht behoben und die zahlreichen kleinen und mittleren Landwirtschafts- und Erzeugerbetriebe, aus denen der EU-Agrarsektor zum größten Teil besteht, nicht weiter unterstützt werden. Mit dieser Warnung verabschiedeten die Regional- und Kommunavertreter am Donnerstag auf der Plenartagung des Ausschusses der Regionen in Brüssel drei Stellungnahmen.

Die Landwirtschaft ist in vielen Regionen Europas ein ökonomischer Schlüsselfaktor, und die GAP ist für die 30 Millionen Menschen, die EU-weit in der Landwirtschaft beschäftigt sind, zur Existenzsicherung unverzichtbar. Doch nach Ansicht von Luis Durnwalder, Landeshauptmann der Autonomen Provinz Bozen (IT/EVP) und AdR-Berichterstatter für die GAP bis 2020, müssen die anhaltenden Ungleichgewichte, die durch die historischen GAP-Zahlungen zur Unterstützung des Agrarsektors entstanden sind, mit der Reform beseitigt werden. Nur so könne die GAP eine fairere und gezieltere Unterstützung gewähren, insbesondere für Kleinbetriebe oder jene, die besonderen geografischen Nachteilen ausgesetzt sind.

"Direktzahlungen müssen auch weiterhin das Grundgerüst für die Einkommensstabilisierung der Landwirte als Entgelt für die Bereitstellung öffentlicher Güter und als Kompensation für die höheren Produktionsstandards der EU darstellen. Aber die historischen Referenzzeiträume, die für viele Zahlungen immer noch gelten, führen zu Marktverzerrungen und begünstigen größere Betriebe auf Kosten kleinerer und bedürftigerer. Wir brauchen in Zukunft unbedingt ein gerechteres System".

In seiner Stellungnahme bekräftigt Durnwalder auch die AdR-Forderung nach einem kohärenteren GAP-Konzept, bei dem insbesondere die Rolle der Politik für die Entwicklung des ländlichen Raums und ihre Kompatibilität mit der Kohäsionspolitik klarer umrissen wird. "Mit der zweiten Säule der GAP, die auf die ländliche Entwicklung abzielt, wird der Umstand gewürdigt, dass die Landwirte heutzutage viel mehr tun als nur Nahrungsmittel anzubauen, indem sie nämlich z.B. zur Förderung des Fremdenverkehrs ebenso beitragen wie zur Bewältigung des Klimawandels. Der Agrarsektor kann einen maßgeblichen Beitrag zu den Europa-2020-Zielen für intelligentes, grünes und integratives Wachstum leisten. Doch das setzt voraus, dass die Mittel im Rahmen der zweiten Säule effizienter genutzt und auf andere Stützungsmaßnahmen, wie den Kohäsionsfonds, besser abgestimmt werden".

Auf den Bedarf an mehr Unterstützung für Kleinlandwirte oder jene in benachteiligten Gebieten wird auch in der Stellungnahme von René Souchon, Präsident des Regionalrats der Auvergne (FR/SPE), zu Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse, wie etwa geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.), hingewiesen. "Europa hat eine lange Tradition in der Erzeugung hochwertiger Nahrungsmittel, von denen viele regionaltypisch einzigartig sind. Die EU hat den darin liegenden entscheidenen Vorteil für die Erzeuger erkannt; viele von ihnen sind kleine und mittelständische Betriebe, die unter geografisch schwierigen Bedingungen arbeiten. Es kann noch viel mehr getan werden, um den damit verbundenen Mehrwert zu nutzen, z.B durch neue Definitionen wie "Bergerzeugnis". Die regionale Agrar- und Ernährungswirtschaft ist für zahlreiche lokale und regionale Wirtschaftsräume ein maßgeblicher Faktor, und es ist wichtig, dass sie gefördert wird."

Um die Möglichkeiten europäischer Erzeuger in der globalisierten Welt geht es auch in der Stellungnahme von Emilia Müller, Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten des Freistaates Bayern (EVP), zu dem sogenannten "Milchpaket". "Die Liberalisierung des Milchmarktes und das geplante Auslaufen der Milchquotenregelung 2015 wird sicherlich zu mehr Preisvolatilität führen und könnte für viele mittelständische Erzeuger existenzgefährdend sein. Aber sie wird auch den europäischen Erzeugern eine Vielzahl neuer Möglichkeiten zur Nutzung der steigenden Nachfrage bieten. Wichtig ist vor allem, dafür zu sorgen, dass diese Kleinerzeuger – die in vielen Regionen die meisten Milchbetriebe der lokalen Molkereiwirtschaft ausmachen – nach der Liberalisierung nicht einfach sich selbst überlassen bleiben. Es müssen neue Instrumente eingeführt werden, um den Milchmarkt zu stabilisieren und die Landwirte im globalisierten Markt wettbewerbsfähig zu machen".

Der Ausschuss der Regionen
Der Ausschuss der Regionen ist die Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU. Seine 344 Mitglieder aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten haben den Auftrag, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und die durch sie vertretene Bevölkerung in den Beschlussfassungsprozess der EU einzubinden und sie über die EU-Politik zu informieren. Die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Rat sind verpflichtet, den AdR in den für die Städte und Regionen relevanten Politikbereichen anzuhören. Der AdR kann den Europäischen Gerichtshof anrufen, wenn seine Rechte verletzt wurden oder wenn er der Auffassung ist, dass eine EU-Rechtsvorschrift gegen das Subsidiaritätsprinzip verstößt bzw. dass regionale oder lokale Kompetenzen missachtet werden. (Ausschuss der Regionen: ra)


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