Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Weitere Urteile

Vermittlungsdienst für Pflegedienstleistungen


Als irreführend untersagt: Kommerzielles Unternehmen darf sich nicht "Verband" nennen
LG Mainz bestätigt Auffassung der Wettbewerbszentrale



Auf Antrag der Wettbewerbszentrale hat das Landgericht Mainz einem gewinnorientierten Unternehmen u.a. verboten, sich als "Verband" und/oder "Verband Pflegehilfe" zu bezeichnen (LG Mainz, Urteil vom 01.04.2021, Az. 12 HK O 11/20 – nicht rechtskräftig).

Die beklagte GmbH mit Sitz in Mainz betreibt einen kommerziellen Vermittlungsdienst für Pflegedienstleistungen. Sie vermittelt Interessenten für Leistungen wie Heimplätze, Pflegekräfte oder einen barrierefreien Badumbau an gewerbliche Anbieter. Auf ihrer Website bewirbt sie einen "Anbietervergleich". Dabei verkauft sie Kontaktdaten interessierter Verbraucher an bis zu drei Unternehmen.

Die gewerblichen Käufer – Handwerker, Pflegedienste, Sanitätshäuser etc. – müssen für jeden sogenannten "Lead" eine Provision zwischen 12 und 100 Euro bezahlen, egal ob es später zum Vertragsschluss kommt oder nicht. Die Beklagte bezeichnet sich auf ihrer Webseite durchgehend als "Verband Pflegehilfe" und ihre gewerblichen Rahmenvertragspartner als "Verbandsmitglieder".

Die Wettbewerbszentrale hatte von dem beklagten Unternehmen u.a. verlangt, die Verwendung des Begriffs "Verbands" zu unterlassen und schließlich Klage wegen Irreführung erhoben. Das Landgericht ist der Rechtsauffassung der Wettbewerbszentrale gefolgt und hat der Klage jetzt in vollem Umfang stattgegeben:

Der Verkehr verbinde mit dem Begriff "Verband" die Vorstellung von einer Vereinigung, die eine gemeinsame Interessenvertretung entfaltet und auf eigenen Gewinn verzichte. Außerdem erwarte der Verkehr bei einer Gesellschaft, die sich als "Verband" bezeichnet, günstigere Konditionen als bei Mitbewerbern, weil der Anbieter nach dem Kostendeckungsprinzip ohne Gewinnerzielungsabsicht arbeite. All dies sei bei der Beklagten nicht der Fall.

"Wer sich als Verband bezeichnet, letztlich aber wie jedes andere Unternehmen auch Dienstleistungen an Kunden mit Gewinnerzielungsabsicht verkauft, täuscht die kooperierenden Unternehmen als auch Hilfe suchende Verbraucher und ihre Angehörigen, die eigentlich besondere Verbandsvorteile erwarten. Dies führt zu einer deutlichen Verzerrung des Wettbewerbs", erklärt Syndikusrechtsanwalt Martin Bolm, der im Hamburger Büro der Wettbewerbszentrale für den Bereich Gesundheitshandwerke zuständig ist. Kommerzielle Vermittlungsdienste, die, wie beispielsweise Vergleichsportale, Anbieter und Interessenten zusammenführen oder einen Markt-Überblick ermöglichten, müssten als solche erkennbar sein und transparent über ihr Geschäftsmodell informieren. So müssten sie nach der Rechtsprechung auch darauf hinweisen, wenn sie nur mit einer begrenzten Anzahl von Anbietern zusammenarbeiten und von diesen eine Provision für die Vermittlung erhalten.

Neben der Bezeichnung als "Verband" und/oder "Verband Pflegehilfe" hat das Gericht der Beklagten auch verboten, Dritte, die mit der Beklagten zum Zweck der Vermittlung von Aufträgen und/oder Personal zusammenarbeiten, als "Verbandsmitglieder" zu bezeichnen und/oder zu bewerben. (Wettbewerbszentrale: ra)

eingetragen: 01.05.21
Newsletterlauf: 16.08.21

Wettbewerbszentrale: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.



Meldungen: Weitere Urteile

  • Klage auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 06.05.2025 - IX R 2/23 entschieden, dass statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung eines gegen eine Behörde gerichteten Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf Zurverfügungstellung einer Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten die Verpflichtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist. Er schließt sich damit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) an (vgl. Urteile vom 30.11.2022 6 C 10.21, Rz 14, und vom 16.09.2020 6 C 10.19, Rz 12).

  • Betriebliche Veranlassung der Swap-Verträge

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 10.04.2025 - VI R 11/22 entschieden, dass Ausgleichszahlungen im Rahmen eines Zinsswaps als Betriebsausgaben abzugsfähig sein können, soweit mit diesem ein betriebliches Zinsänderungsrisiko abgesichert werden soll.

  • Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz

    Ein Steuerpflichtiger hat nach dem Informationsfreiheitsgesetz keinen Anspruch auf Informationen hinsichtlich der Unterlagen, die der Erstellung der amtlichen Richtsatzsammlung zugrunde liegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 09.05.2025 - IX R 1/24 entschieden. Die amtliche Richtsatzsammlung ist ein Hilfsmittel, das von den Betriebsprüfern der Finanzämter als Hilfsmittel für die Verprobung von Umsätzen und Gewinnen von Steuerpflichtigen herangezogen wird. Sie wird jährlich in Form eines Schreibens vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) auf seiner Homepage veröffentlicht.

  • Steuererklärung und Steuerbescheid

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 27.11.2024 - X R 25/22 entschieden, dass ein Steuerbescheid stets geändert werden kann, wenn elektronisch übermittelte Daten an das Finanzamt (FA) übermittelt werden. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob der Inhalt der Daten dem FA bereits bekannt war.

  • Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.11.2024 - VI R 1/23 entschieden, dass Aufwendungen für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch dann, wenn die Teilnahme an einem dort angebotenen, ärztlich verordneten Funktionstraining die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio voraussetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen