Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Weitere Urteile

Tätigkeitsvergütungen und Mittelfehlverwendungen


Fehlende Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohen Geschäftsführervergütungen
Im Streitfall hatte das Finanzamt einer gGmbH, die sich in der psychiatrischen Arbeit engagiert und in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche erbringt, wegen unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2005 bis 2010 versagt



Gewährt eine gemeinnützige Körperschaft ihrem Geschäftsführer unverhältnismäßig hohe Tätigkeitsvergütungen, liegen sog. Mittelfehlverwendungen vor, die zum Entzug ihrer Gemeinnützigkeit führen können. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12.03.2020 (V R 5/17) entschieden. Ob im Einzelfall unverhältnismäßig hohe Vergütungen anzunehmen sind, ist durch einen sog. Fremdvergleich zu ermitteln. Als Ausgangspunkt hierfür können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden, ohne dass dabei ein "Abschlag" für Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen vorzunehmen ist.

Da sich der Bereich des Angemessenen auf eine Bandbreite erstreckt, sind nur diejenigen Bezüge als unangemessen zu bewerten, die den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20 Prozent übersteigen. Liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings erst dann gerechtfertigt, wenn es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt.

Im Streitfall hatte das Finanzamt einer gGmbH, die sich in der psychiatrischen Arbeit engagiert und in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche erbringt, wegen unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2005 – 2010 versagt. Das Finanzgericht (FG) hatte die dagegen erhobene Klage abgewiesen. Der BFH bestätigte diese Entscheidung im Wesentlichen. Die Revision der Klägerin war allein in Bezug auf die Streitjahre 2006 und 2007 erfolgreich, weil das FG für das Jahr 2006 nicht berücksichtigt hatte, dass die Angemessenheitsgrenze lediglich geringfügig (um ca. 3.000 €) überschritten war und es für das Jahr 2007 unterlassen hatte, bei der Angemessenheitsprüfung einen Sicherheitszuschlag anzusetzen.

Das Urteil ist von weitreichender Bedeutung für die Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften, da es die Grundlagen für die Ermittlung von noch zulässigen Geschäftsführerbezügen aufzeigt und diese Grundsätze auch auf andere Geschäftsbeziehungen mit gemeinnützigen Körperschaften (z.B. Miet-, Pacht-, Darlehensverträge) angewendet werden können. (Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs vom 20. August 2020: ra)

eingetragen: 20.08.20
Newsletterlauf: 11.11.20



Meldungen: Weitere Urteile

  • Klage auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 06.05.2025 - IX R 2/23 entschieden, dass statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung eines gegen eine Behörde gerichteten Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf Zurverfügungstellung einer Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten die Verpflichtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist. Er schließt sich damit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) an (vgl. Urteile vom 30.11.2022 6 C 10.21, Rz 14, und vom 16.09.2020 6 C 10.19, Rz 12).

  • Betriebliche Veranlassung der Swap-Verträge

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 10.04.2025 - VI R 11/22 entschieden, dass Ausgleichszahlungen im Rahmen eines Zinsswaps als Betriebsausgaben abzugsfähig sein können, soweit mit diesem ein betriebliches Zinsänderungsrisiko abgesichert werden soll.

  • Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz

    Ein Steuerpflichtiger hat nach dem Informationsfreiheitsgesetz keinen Anspruch auf Informationen hinsichtlich der Unterlagen, die der Erstellung der amtlichen Richtsatzsammlung zugrunde liegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 09.05.2025 - IX R 1/24 entschieden. Die amtliche Richtsatzsammlung ist ein Hilfsmittel, das von den Betriebsprüfern der Finanzämter als Hilfsmittel für die Verprobung von Umsätzen und Gewinnen von Steuerpflichtigen herangezogen wird. Sie wird jährlich in Form eines Schreibens vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) auf seiner Homepage veröffentlicht.

  • Steuererklärung und Steuerbescheid

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 27.11.2024 - X R 25/22 entschieden, dass ein Steuerbescheid stets geändert werden kann, wenn elektronisch übermittelte Daten an das Finanzamt (FA) übermittelt werden. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob der Inhalt der Daten dem FA bereits bekannt war.

  • Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.11.2024 - VI R 1/23 entschieden, dass Aufwendungen für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch dann, wenn die Teilnahme an einem dort angebotenen, ärztlich verordneten Funktionstraining die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio voraussetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen