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Auslegung der Markenrechtsrichtlinie 89/104/EWG


L’Oréal erstreitet Grundsatzentscheidung im Markenrecht: Verletzung ihrer die Flakons und Parfumschachteln schützenden Wort- und Wortbildmarken
Nachahmer von Markenprodukten unlauter handeln, wenn sie sich in die "Sogwirkung" einer Marke begeben, um von ihrer "Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren, und ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen


(23.07.09) - Die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH macht auf einen Fall aufmerksam, wonach sich L’Oréal eine Grundsatzentscheidung im Markenrecht erstritten hat.

Verschiedene Hersteller in Großbritannien hatten Händlern Parfums angeboten, die denen der L’Oréal-Gruppe nach Duft, Flakon und Parfumschachtel ähnelten. Den Händlern wurden Listen zur Verfügung gestellt, denen zu entnehmen war, welches Produkt welchem Vorbild entsprach. Die betroffenen Unternehmen der L’Oréal-Gruppe sahen in diesem Vorgehen eine Verletzung ihrer die Flakons und Parfumschachteln schützenden Wort- und Wortbildmarken.

Der um Schutz angerufene High Court of Justice (England und Wales) konnte zahlreiche im Rahmen des Verfahrens entscheidungserhebliche und grundsätzliche Fragen nicht selbst beantworten und legte sie dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vor.

Die Entscheidung
Der EuGH (Urteil vom 18. Juni 2009, Az. C-487/07) entschied zunächst in Auslegung der Markenrechtsrichtlinie 89/104/EWG, dass Nachahmer von Markenprodukten unlauter handeln, wenn sie sich in die "Sogwirkung" einer Marke begeben, um von ihrer "Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren, und ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen (…) die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke ausnutzen".

Unlauter sei im konkreten Fall bereits gewesen, durch das Angebot des fraglichen Parfums anhand von Vergleichslisten die "Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Marke" auszunutzen. Bei einem derartigen Vorgehen müsse nun – und dies dürfte in zahlreichen anderen Markenrechtsstreitigkeiten ebenfalls eine große Rolle spielen – weder eine Verwechslungsgefahr noch die Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Unterscheidungskraft oder Wertschätzung gegeben sein.

Ausreichend sei eine durch Parfumschachtel und Flakon hergestellte "gedankliche Verbindung" zu dem jeweiligen Duft. An einer Verwechslungsgefahr hätte es augrund der verwendeten Vergleichslisten, die Nachahmungen vom Original durch Gegenüberstellung abgrenzten, gefehlt.

Zu der Verwendung der "Vergleichslisten" hat der EuGH festgehalten, dass die vertriebenen Waren Imitationen von Waren mit geschützter Marke darstellten. Eine Werbung durch Listen, die zu Vergleichszwecken grundsätzlich bestimmte Marken nennen darf, sei deshalb im konkreten Fall unzulässig gewesen. Ohne Bedeutung sei, dass ausdrücklich oder implizit erwähnt werde, dass die Ware eine Imitation einer Ware mit notorisch bekannter Marke ist.

Der EuGH entschied weiterhin, dass eine – wie vorliegend – unzulässige Verwendung von Marken gemäß der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende und über vergleichende Werbung es Markeninhabern künftig erlaubt, die Benutzung eines mit dieser Marke identischen Zeichens durch einen Dritten auch dann zu untersagen, wenn die Hauptfunktion einer Marke, auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen, überhaupt nicht beeinträchtigt ist.

Einer Beeinträchtigung der Hauptfunktion stand im Fall L’Oréal entgegen, dass die Händler aufgrund der Vergleichslisten über die Herkunft der nachgeahmten Parfums informiert wurden. Nach Auffassung des Gerichtes reicht es bei unlauterem Handeln aber aus, wenn nur andere Funktionen der Marke – wie etwa die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion – beeinträchtigt sind. Auch dies könnte in anderen dem EuGH vorgelegten Rechtsstreitigkeiten, wie etwa zum sog. Keyword Advertising, eine Rolle spielen.

Kommentar der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft
Die Entscheidung der Luxemburger Richter zur Auslegung der Markenrechtsrichtlinie hat den Schutz von Marken und Investitionen in deren Image und Kommunikationsfunktion gestärkt. Daran werden sich zahlreiche nationale Gerichte, aber auch der EuGH selbst (etwa bei der Beantwortung der vom BGH gestellten Vorlagefrage in Sachen "Google Adwords") zu orientieren haben. Dabei hat der EuGH mit "eingeschobener" Prüfung der lauterkeitsrechtlichen Zulässigkeit eine einschränkende Hürde aufgestellt, die in vielen Fällen auch überwunden werden dürfte. Hier werden also künftig wichtige Weichen gestellt werden. (Luther Rechtsanwaltsgesellschaft: ra)

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