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Experten gegen neues Finanzmarktaufsicht-Gesetz


Mehr Rechte für die BaFin bedeutet eine verstärkte Steuerung des deutschen Bankenwesens durch das Bundesfinanzministerium
Warum gerade der BaFin eine größere Kontrollmacht zugesprochen werde und nicht der Deutschen Bundesbank?


(28.05.09) - Die meisten Experten haben in einer Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch den Gesetzentwurf der Regierung zur Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht (16/12783) entweder in Teilen bemängelt oder sogar den vollständigen Verzicht auf das Gesetz gefordert. "Diesen Gesetzentwurf würde ich in den Papierkorb stecken", erklärte der frühere Bank-Manager Bernd Lüthje. Der Entwurf sieht vor, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das Recht zu geben, Finanzinstituten höhere Eigenmittel vorzuschreiben. Außerdem soll die BaFin bei angespannter Liquiditätslage einer Bank die Ausschüttung von Gewinnen verbieten können. Aufsichtsräte von Finanzinstituten sollen in Zukunft eine fachliche Eignung nachweisen müssen.

Lüthje erklärte, mit dem Gesetzentwurf werde die direkte Steuerung des deutschen Bankenwesens durch das Bundesfinanzministerium verstärkt, denn das Ministerium habe eine Weisungsbefugnis gegenüber der BaFin. Die Verantwortung von Eigentümern und Geschäftsleitern von Banken werde eingeschränkt, da die BaFin die Letztentscheidung über Geschäftsmodelle und sogar einzelne Großgeschäfte erhalten werde. Auch der Bundesverband Investment und Asset Management erklärte, der Spielraum für die BaFin bei der Festsetzung der Eigenmittel erscheine "bedenklich weit". Für den Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft verstößt die Neuregelung sogar gegen die Eigentumsgarantie aus Artikel 14 des Grundgesetzes.

Fast alle Experten kritisierten das Vorhaben, von Bank-Aufsichtsräten fachliche Qualifikationen zu verlangen. Dies habe zur Folge, dass bei den regionalen Sparkassen und Volksbanken das Gros der Wirtschaftsvertreter und Handwerker nicht mehr Mitglied der Verwaltungs- und Aufsichtsräte sein könne, kritisierte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

Die Sparkassen- und Volksbanken-Verbände wiesen in einer gemeinsamen Stellungnahme darauf hin, dass bei großen und überregionalen Instituten die Aufsichtsräte oft mit ausgewiesenen Experten besetzt seien. Diese Besetzung habe die Verluste auch nicht verhindert. Die kleineren Institute hätten sich gerade in der Krise als stabil und widerstandsfähig erwiesen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Deutscher Kommunalversicherer wies darauf hin, dass in den Aufsichtsräten ihrer Versicherungen viele Oberbürgermeister, Landräte und Geschäftsführer kommunaler Unternehmen tätig seien, die mit ihrer spezifischen Kenntnis Schäden vermeiden helfen würden.

Auch die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände vertrat die Auffassung, "dass rein nach fachlicher Qualifikation besetzte Gremien keine effektive Kontrolle ausüben". Das sei eine Erfahrung aus der Finanzkrise. Die Arbeitsgemeinschaft betriebliche Altersversorgung sah in ihrer Stellungnahme die Gefahr, "dass bewährte Strukturen zerschlagen werden und die Anforderungen damit destabilisierend wirken".

Professor Wolfgang Gerke (Bayerisches Finanz Zentrum) erklärte, die Praxis der Kontrollorgane zeige, dass Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten keine systematisch schlechteren Kontrollfähigkeiten aufweisen würden als die anderen Mitglieder.

Die Deutsche Bundesbank riet von einem "nationalen Alleingang" bei der Gesetzgebung ab. Es sei besser, erst die geplanten internationalen Maßnahmen zur Änderung der Finanzaufsicht abzuwarten und diese dann in ein nationales Gesetz einzufügen.

Auch der Zentrale Kreditausschuss sprach sich gegen "nationale Insellösungen" aus.

Professor Wolfgang Paul (Ruhr-Universität Bochum) begrüßte Einzelmaßnahmen des Gesetzentwurfs, stellte jedoch auch die Frage, warum gerade der BaFin eine größere Kontrollmacht zugesprochen werde und nicht der Deutschen Bundesbank. (Deutscher Bundestag: ra)


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