Digitale Welt und "Kostenlosphilosophie"


Internet bietet neue Formen der Vermarktung für Künstler und Kreative
Bringt der Handel mit E-Books die Buchpreisbindung in Deutschland zu Fall

(16.04.13) - Das Internet bietet für die Kultur- und Kreativwirtschaft neue und lohnende Vermarktungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle. Dies war der mehrheitliche Tenor eines öffentlichen Expertengesprächs des Kulturausschusses. Die geladenen Vertreter der Sparten Film, Buch und Musik stellten sich den Fragen der Abgeordneten zu den neuen Vertriebsmöglichkeiten und den damit verbundenen Problemen.

Joachim Birr, Vizepräsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), zeigte sich überzeugt davon, dass plattformbasierte Bezahlsysteme im Internet neben den klassischen Einnahmequellen wie dem Kino, dem Verkauf von digitalen Datenträgern und dem Verkauf von Fernsehrechten für die Filmwirtschaft die Zukunft der Vermarktung für die Filmindustrie darstellt. Die Entwicklung, wie sie etwa bei elektronischen Büchern, den E-Books, zu beobachten sei, werde auch für den Film zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Für die Musikwirtschaft zog Stefan Zilch, Managing Director des Musikstream-Anbieters Spotify GmbH, eine positive Bilanz. Im vergangenen Jahr habe die Musikwirtschaft weltweit seit Einführung des MP3-Formates erstmals wieder schwarze Zahlen geschrieben. "Das Internet ist nicht der Feind der Musikwirtschaft", sagte Zilch. Entgegen allen Befürchtungen, könne die Musikwirtschaft eben auch in Zeiten von Raubkopien und Internet-Piraterie sehr wohl gewinnbringend arbeiten. So verfüge die Plattform Spotify inzwischen 24 Millionen Nutzer, die legal Musik im Internet hören und dafür auch zahlen. Rund 70 Prozent der Umsätze würden von Spotify an die Rechteinhaber an der Musik überwiesen.

Ganz ähnlich argumentierte Christian Damke, Geschäftsführer der Firma Skoobe GmbH, für den Markt für elektronische Bücher. Seine Firma bietet gegen eine pauschale Monatsrate (Flatrate) eine Online-Bibliothek für E-Books an. Damke verwies darauf, dass die Nutzer von Skoobe laut einer firmeneigenen Befragung zum einen mehr lesen und auch seltener auf kostenlose Angebote oder Raubkopien zurückgreifen würden. Zilch bestätigte, dass diese Entwicklung auch für den Musikbereich gelte. Gerade bei Flatrate-Angeboten würden die Nutzer letztlich mehr konsumieren und damit den Markt vergrößern.

Problematischer bewerteten der Schriftsteller Mario Giordano und die Geschäftsführerin des Deutschen Bibliothekenverbandes, Barbara Schleihagen, die Entwicklung des elektronischen Buchmarktes. Prinzipiell habe die digitale Welt eine "Kostenlosphilosophie" hervorgebracht, bemängelte Giordano. Zudem befürchte er, dass der Handel mit E-Books die Buchpreisbindung in Deutschland zu Fall bringen könnte. Diese sei aber bislang entscheidend für eine angemessene Vergütung für Buchautoren gewesen. Er appellierte an den Ausschuss, sich für eine Beibehaltung der Buchpreisbindung auch für elektronische Bücher einzusetzen. Schwierigkeiten sieht Schleihagen auf kommunale Bibliotheken zukommen. Bei klassisch gedruckten Büchern könnten die Bibliotheken autonom darüber entscheiden, welche Bücher in welchen Mengen für den eigenen Bestand angeschafft werden. Da es sich bei E-Books jedoch nicht um klassische Bücher sondern um eine Lizenz handle, würden nun die Verlage darüber entscheiden, ob und für welche E-Books eine solche Lizenz an die Bibliotheken erteilt werde, kritisierte Schleihagen.

Der Journalist und Blogger Dirk von Gehlen argumentierte, es beobachte eine neue Sensibilität der Menschen für den Wert von künstlerischen Leistungen. Diese seien auch bereit Geld für neue Produkte auszugeben. Dies sei zu vergleichen mit der Einführung von Bio-Produkten im Lebensmittelbereich. C. Cay Wesnigk, Vorstandmitglied der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm, verwies auf das Beispiel des "Gangnam Style"-Videos, mit dem der südkoreanische Rapper Psy mittels der Videoplattform Youtube zu Weltruhm gekommen sei. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • PKGr-Bericht über Kontrolltätigkeit vorgelegt

    Als Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) liegt dessen "Bericht über die Kontrolltätigkeit gemäß Paragraf 13 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes" (21/12) für den Berichtszeitraum Oktober 2023 bis Februar 2025 vor. Das PKGr kontrolliert die Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Nachrichtendienste des Bundes (Bundesamt für Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst, Bundesnachrichtendienst).

  • Deutsche Bahn dominiert

    Die Bundesregierung hat eine auf das 9. Sektorgutachten Bahn der Monopolkommission (20/8027) bezogene Stellungnahme vorgelegt (21/21). Dabei werde auf die Marktsituation bis zum 1. Halbjahr 2024 sowie auf Maßnahmen der Bundesregierung Bezug genommen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen worden sind oder deren Umsetzung bevorsteht, heißt es in der Unterrichtung.

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

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