Umsetzung des EU-Leerverkaufsverbotes


Anhörung: Sachverständige gegen "Insellösungen" bei Leerverkaufsverboten
Zum Inhalt der EU-Verordnung wird mitgeteilt, diese enthalte unmittelbar geltende Verbote ungedeckter Leerverkäufe von Aktien, die zum Handel an europäischen Handelsplätzen zugelassen seien


(21.06.12) - Zur nationalen Umsetzung des EU-Leerverkaufsverbotes haben die Sachverständigen nur wenige Änderungsvorschläge gemacht. Mehrere Experten schlugen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum "Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (EU-Leerverkaufs-Ausführungsgesetz)" (17/9665) vor, eine geplante Erweiterung von Prüfungspflichten nicht nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WPhG), sondern nach dem Kreditwesengesetz (KWG) vorzunehmen.

Mit dem Entwurf werden eine Reihe von Vorschriften im Wertpapierhandelsgesetz, wie beispielsweise das nationale Leerverkaufsverbot sowie das Verbot bestimmter Kreditderivate, aufgehoben, weil sie von der EU-Vorschrift "weitgehend verdrängt" werden, wie die Regierung im Gesetzentwurf schreibt.

Zum Inhalt der EU-Verordnung wird mitgeteilt, diese enthalte unmittelbar geltende Verbote ungedeckter Leerverkäufe von Aktien, die zum Handel an europäischen Handelsplätzen zugelassen seien. Außerdem gebe es Verbote ungedeckter Leerverkäufe von Staatsanleihen von EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Union. Zudem würden Kreditversicherungen (Credit Default Swaps) auf Staatsanleihen der EU-Mitgliedsländer sowie der Europäischen Union verboten, wenn sie keinen Absicherungszwecken dienen.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer erklärte zu dem Entwurf, Wertpapierhandelsunternehmen könnten sich von der jährlichen Prüfung nach dem Wertpapierhandelsgesetz befreien lassen. Insoweit wäre selbst bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine lückenlose Prüfung der Einhaltung des Leerverkaufsverbots nicht gewährleistet, so dass die Aufsichtsbehörde die Prüfungsergebnisse in diesen Fällen nicht mehr im jährlichen Turnus erhalte. Die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Spitzenverbände der deutschen Banken, schloss sich den Bedenken der Wirtschaftsprüfer an und ergänzte, es könne zu unnötigen, kostspieligen Doppelprüfungen kommen. Gerade größere Institute könnten dadurch belastet werden.

Eine größere Rolle spielte die Empfehlung des Bundesrates, die Entscheidung über zeitlich befristete Leerverkaufsverbote an einem bestimmten Handelsplatz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin) zu überlassen und nicht den Geschäftsführungen der Börsen. Die Bundesregierung hielt mit dem Argument dagegen, dass die Börsengeschäftsführungen über die besten Informationen verfügen würden, "um eine angemessene Entscheidung für den konkreten Börsenplatz zu treffen".

Das Deutsche Aktieninstitut erklärte dazu: "Aus ökonomischer Sicht ist in der Tat zu befürchten, dass durch ein Verbot an nur einem Handelsplatz entsprechende Transaktionen sofort an anderen Handelsplätzen stattfinden." Allerdings habe auch das Argument der Regierung etwas für sich, wonach die Börsengeschäftsführung über die entsprechenden Daten verfüge. Es erscheine sinnvoll, dass ein Verbot nicht isoliert und ohne Inkenntnissetzung der anderen Handelsplätze von einem Handelsplatz allein ausgesprochen werden könne.

Für diese Informationspflicht setzte sich auch Professor Heribert Hirte (Universität Hamburg) ein und zog das Fazit: "Der Einwand des Bundesrates hinsichtlich der Möglichkeit nicht einheitlicher Entscheidungen ist ebenso berechtigt wie der Hinweis der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung, dass die Börsengeschäftsführungen bei einer Entscheidung über die Frage der Handelsaussetzung 'näher dran' sind."

Die Gruppe deutsche Börse sah es ebenfalls als kritisch an, dass die Geschäftsführung einer Börse für Leerverkaufsverbote zuständig werden soll. Damit könne keine einheitliche und harmonisierte Vorgehensweise sichergestellt werden, und es würden Insellösungen entstehen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bewertete den Gesetzentwurf grundsätzlich positiv, hätte sich aber eine noch grundlegendere Regulierung vorstellen können. So sei es nicht sinnvoll, das Leerverkaufsverbot nur auf Aktien und europäische Staatsanleihen zu beschränken. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband bezeichnete die europäische Regelung des Leerverkaufsverbots als sinnvoll und geht davon aus, dass sich die Stabilität der Finanzmärkte insgesamt erhöhen wird. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • PKGr-Bericht über Kontrolltätigkeit vorgelegt

    Als Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) liegt dessen "Bericht über die Kontrolltätigkeit gemäß Paragraf 13 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes" (21/12) für den Berichtszeitraum Oktober 2023 bis Februar 2025 vor. Das PKGr kontrolliert die Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Nachrichtendienste des Bundes (Bundesamt für Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst, Bundesnachrichtendienst).

  • Deutsche Bahn dominiert

    Die Bundesregierung hat eine auf das 9. Sektorgutachten Bahn der Monopolkommission (20/8027) bezogene Stellungnahme vorgelegt (21/21). Dabei werde auf die Marktsituation bis zum 1. Halbjahr 2024 sowie auf Maßnahmen der Bundesregierung Bezug genommen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen worden sind oder deren Umsetzung bevorsteht, heißt es in der Unterrichtung.

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen