Tabaksteuer ohne Lenkungswirkung?


Zigarettenindustrie begrüßt maßvolle Erhöhung der Tabaksteuer
Führt die Änderung von Verbrauchsteuergesetzen und des Antrags zur Änderung des Tabaksteuergesetzes zu einer drohenden Ausweitung des Schwarzmarktes?


(03.12.10) - Die von der Koalition von CDU/CSU und FDP geplante Anhebung der Tabaksteuer im Rahmen des Sparprogramms ist von der Zigarettenindustrie als maßvoll begrüßt worden. Zoll und Zollgewerkschaft warnten dagegen in einer Anhörung des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (17/3025) und des Antrags zur Änderung des Tabaksteuergesetzes vor einer drohenden Ausweitung des Schwarzmarktes.

So erklärte der Deutsche Zigarettenverband, die vorgesehenen "moderaten" jährlichen Steuerschritte würden nicht nur den Herstellern, sondern auch Staat, Industrie und Handel verlässliche Planungssicherheit geben. Die Anhebung sei "nachvollziehbar und ausgewogen". Im Gegensatz zu früheren stärkeren Erhöhungen werde diesmal keine Abwanderung von Konsumenten zu unversteuerten Zigaretten erwartet.

Nach Vorstellungen der Koalition sollen Zigaretten pro Packung jährlich um 4 bis 8 Cent teurer werden. Feinschnitttabak soll allerdings erheblich verteuert werden, und bei ECO-Zigarillos sollen Raucher in zwei Schritten um insgesamt über 50 Cent pro Stück belastet werden.

Wie schon der Zigarettenverband sprach der Hersteller Philipp Morris von einem Schritt in die richtige Richtung und nannte die im Vergleich zu Zigaretten geplante stärkere Besteuerung von Zigarillos und Tabak "mit Blick auf die in der Begründung angeführten gesundheits- und finanzpolitischen Ziele folgerichtig".

Auch Professor Michael Adams (Universität Hamburg) verlangte eine höhere Besteuerung von Feinschnitt, um das Steueraufkommen zu sichern.

Dagegen verwies der Verband der Rauchtabakindustrie auf den "Puffereffekt" bei Feinschnitt-Tabak. Bei früheren Steuererhöhungen seien viele Verbraucher auf den preiswerteren und legal besteuerten Tabak ausgewichen und hätten nicht zur Schmuggelware gegriffen.

Kritisch befasste sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit dem Sparpaket. Auf den ursprünglich vorgesehenen Abbau von Subventionen für energieintensive Betriebe wäre verzichtet worden. Stattdessen sollte jetzt die Tabaksteuer angehoben werden. Der DGB verwies darauf, dass die Steuererhöhung Menschen mit geringem Einkommen stärker belaste. Außerdem erschwere Deutschland die Angleichung der Steuersätze in Europa, wo es schon heute Preisunterschiede bis zu 600 Prozent gebe.

Professor Berthold Wigger vom Karlsruher Institut für Technologie sprach von "regressiven Verteilungseffekten". Einkommensschwächere Schichten würden nicht nur einen höheren Anteil ihres Einkommens für Tabakprodukte ausgeben, sondern es gebe innerhalb einkommensschwächerer Schichten auch einen höheren Anteil an Rauchern. "Aus verteilungspolitischer Perspektive sind höhere Tabaksteuern deshalb problematisch, wenn sie keinen Lenkungszweck haben, sondern nur Einnahmezwecken dienen sollen", schrieb Wigger in seiner Stellungnahme.

Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft bezweifelte die Annahme, dass Konsumenten nicht stärker auf Schmuggelware oder legale Grenzeinkäufe zurückgreifen würden. Trotz der fünf Tabaksteuererhöhungen zwischen 2002 und 2005 würden die Einnahmen zwischen 13 und 14 Milliarden Euro stagnieren. Der Absatz versteuerter Zigaretten sei in Deutschland von 143 Milliarden Stück im Jahr 2002 auf 85 Milliarden im vergangenen Jahr gesunken.

Die Gewerkschaft sprach von "dramatischen Zahlen" beim Anteil unversteuerter Zigaretten. So seien in der Region Oder-Spree 60 Prozent der Zigaretten nicht versteuert, in Berlin 54,8, im Ruhrgebiet 17,8 und in München 16,1 Prozent. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • PKGr-Bericht über Kontrolltätigkeit vorgelegt

    Als Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) liegt dessen "Bericht über die Kontrolltätigkeit gemäß Paragraf 13 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes" (21/12) für den Berichtszeitraum Oktober 2023 bis Februar 2025 vor. Das PKGr kontrolliert die Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Nachrichtendienste des Bundes (Bundesamt für Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst, Bundesnachrichtendienst).

  • Deutsche Bahn dominiert

    Die Bundesregierung hat eine auf das 9. Sektorgutachten Bahn der Monopolkommission (20/8027) bezogene Stellungnahme vorgelegt (21/21). Dabei werde auf die Marktsituation bis zum 1. Halbjahr 2024 sowie auf Maßnahmen der Bundesregierung Bezug genommen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen worden sind oder deren Umsetzung bevorsteht, heißt es in der Unterrichtung.

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen