Dienstleistungen im Internet


Das neue Internet: Datenschutz nicht nur ein Werkzeug zur Verhinderung, sondern bietet auch Wettbewerbsvorteile
Vorschläge auf EU-Ebene notwendig, um Rechtssicherheit zu schaffen


(11.02.11) - Die Grenzen verschwimmen mit dem Wechsel vom "alten" zum "neuen" Internet. "Wir sind 'Prosumenten'", sagte der Sachverständige Sebastian Metzner, Trendforscher aus Hamburg. Das mobile Internet mit neuen Endgeräten wie Smartphones halte stürmischen Einzug in das Leben der Menschen und lässt nach Ansicht des Forschers Konsumenten und Produzenten eins werden.

"Die Welt mischt sich", sagte Metzner in einer öffentlichen Anhörung des Unterausschusses Neue Medien am Montag zu dem Thema "Chancen und Herausforderungen im Bereich der Geodatendienste und anderer innovativer Anwendungen".

Der Unterausschuss habe mit diesem Thema einen Blick in die Zukunft richten wollen. "Weil der Politik gerne nachgesagt wird, dass sie aktuellen Entwicklungen hinterherlaufe", sagte Unterausschussvorsitzender Sebastian Blumenthal (FDP). Denn neben den Möglichkeiten neuer Dienstleistungen im Internet, sollten drei eingeladene Sachverständige auch über die Risiken informieren, wenn jederzeit Standorte geortet und die darüber gesammelten Daten verwertet werden können.

Metzner unterstrich begeistert: "Das Internet geht auf die Straße." An realen Orten könnten jederzeit Informationen verfügbar gemacht werden. "Jeder Ort wird zum Hyperlink", umschrieb er den Umstand, dass zum Beispiel durch ein Smartphone ein Verweis auf Informationen über das Reichstagsgebäude im Internet hergestellt werden kann, wenn sich ein Nutzer im Regierungsviertel von Berlin vor das Parlamentsgebäude stellt. Das herkömmliche Internet werde auf diesem Wege zum "Outernet" – was die Anwendung von Dienstleistungen zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort statt vor dem heimischen PC meint.

"Das ist ein Markt, der von Unternehmen genutzt werden kann", führte Metzner fort. So könnten auf diese Weise Cafés Kundebindung betreiben, indem sie bei jeder Anmeldung eines mobilen Endgerätes in einer Filiale, die in einem sozialen Netzwerk anzeigt, dass der Nutzer dort ist, mit Gratisaktionen Werbung machen. In naher Zukunft werden laut dem Forscher auch die Darstellungswege von Smartphones auf Brillen oder sogar Kontaktlinsen wechseln. "Auf diese Weise werden Wahrnehmungsänderungen entstehen", gab Metzner zu bedenken, die der mobilen Dimension zwar gerechter werden, aber zur Folge haben könnten, dass die kritische Distanz zwischen dem Betrachter und dem Medium verschwindet.

Cornelia Tausch von der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. unterstrich, dass es schon lange möglich ist via Handy Verträge abzuschließen, zu bezahlen und ortsbezogene Informationen abzurufen und fragte: "Werden uns Unternehmen in Zukunft die anonyme Nutzung des Internets überhaupt ermöglichen?" Es bedürfe einer Vielzahl eindeutigerer Regelungen, denn wie und wann habe der Nutzer zu bemerken, dass Daten abgerufen werden, wie die Haftung in Fällen von Schäden verteilt ist und wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung eines Vertrages auszusehen hat. "Bisher sind sie schwer zu verstehen und zu lang", sagte sie.

Dem Credo Metzners wollte Tausch jedoch nicht ganz folgen: "Der Nutzer stellt zwar Daten ins Netz – werde also im gewissen Rahmen Produzent. Doch es gibt Dienstleister, die Plattformen zu Verfügung stellen." Insofern bestehe Verantwortlichkeit, die eingefordert werden kann. So könne auch auf dem durch internationale Unternehmen beherrschten Internetmarkt Recht durchgesetzt werden, "wenn wir den Standort des Verbrauchers zur Grundlage nehmen und geltendes Recht auch durchgesetzt wird."

Datenschutz sei aber nicht nur ein Werkzeug zur Verhinderung, sondern biete auch Wettbewerbsvorteile, je stärker das Bedürfnis der Konsumenten nach Schutz werde. “Das kann später zum Wirtschaftsfaktor in der Konsumentenentscheidung werden", betonte Tausch und verwies auf die frühe Förderung des Umweltschutzes, der heute neue Industrien hervorgebracht habe.

Auch Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein und Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz, sieht darin einen Vorteil, denn in Amerika sei dieser Zweig schlecht ausgeprägt. Ein Grund dafür, warum sich die entsprechenden Unternehmen so stark wehren würden. Die Vermischung aller Lebensbereiche durch das mobile Internet von der Wohnung über den Arbeitsplatz bis in die Freizeit werde weiter zunehmen. "Die mögliche permanente Lokalisierung durch in Zukunft fest zuzuordnende IP-Adressen hat Nachteile", sagte er. Überwachung, Kontrolle und Manipulation werden möglich. Die Politik sei gefragt: Die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen seien für die Zukunft nicht ausreichend und zu weich formuliert. So stehe das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dem Informationsfreiheitsgesetz gegenüber.

"Die Regeln müssen klarer werden", forderte Weichert. Vorschläge auf EU-Ebene seien notwendig, um Rechtssicherheit zu schaffen. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

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    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (21/790) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport in Deutschland deutlich zu verbessern.

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur

    Die von der schwarz-roten Koalition geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist bei einer Mehrheit der Sachverständigen auf Zustimmung zu den Zielen und Kritik an Details gestoßen. In einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses zum TKG-Änderungsgesetz 2025 bezeichnete eine Reihe von Sachverständigen den Entwurf als ein wichtiges Signal für die Branche.

  • Auskunft zum Cum/Ex und Cum/Cum

    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

  • Kosten der Vermeidung von CO2-Emissionen

    Keine konkreten Angaben zu den Kosten, die ihre Pläne zur Vermeidung von CO2-Emissionen verursachen, macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/715) auf eine Kleine Anfrage (21/296) der AfD-Fraktion. Zur Begründung verweist sie darauf, dass Deutschland zur Erreichung der Klimaschutzziele auf ein "breites Spektrum aufeinander abgestimmter Klimaschutzmaßnahmen" setze. Diese dienten neben der Minderung von Treibhausgasen auch der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, dem sozialen Ausgleich sowie der langfristigen Transformation hin zur Klimaneutralität. Die Ausgestaltung der Klimaschutzmaßnahmen gehe dabei über eine "kurzfristige, rein statische Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten" hinaus.

  • Steuerung des Windenergieausbaus

    An der von den Koalitionsfraktionen geplanten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III) besteht Nachbesserungsbedarf. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses zu dem Gesetzentwurf "zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs" (21/568) deutlich.

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