Datenschützerin kritisiert BND


Unbefriedigend seien die Antworten des BND gewesen, so dass sich die Datenschützer entschlossen hätten, in Bad Aibling selber nach dem Rechten zu sehen
Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden über Machenschaften von US-Geheimdiensten in Deutschland

(04.12.15) - Der Bundesnachrichtendienst (BND) kann nicht garantieren, dass in der gemeinsam mit der amerikanischen National Security Agency (NSA) betriebenen Abhöranlage in Bad Aibling keine Kommunikationsdaten deutscher Grundrechtsträger erfasst wurden. Dies erklärte die zuständige Referatsleiterin bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI vor dem 1. Untersuchungsausschuss ("NSA"). Die 56-jährige Juristin Gabriele Löwnau steht seit März 2012 an der Spitze des Referats V, das die Polizeien und Nachrichtendienste des Bundes in Angelegenheiten des Datenschutzes zu beraten und zu überwachen hat. Im Dezember 2013 und Oktober 2014 statteten Mitarbeiter ihrer Behörde der BND-Außenstelle Bad Aibling zwei Inspektionsbesuche ab.

Vor dem Ausschuss berichtete Löwnau über die Ermittlungen, die das Amt des Datenschutzbeauftragten nach den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden über Machenschaften von US-Geheimdiensten in Deutschland eingeleitet hatte. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe habe ihre Behörde Anfang Juli 2013 schriftliche Auskunftsersuchen an das Kanzleramt für den BND und an das Bundesinnenministerium für das Bundesamt für Verfassungsschutz gerichtet. Dabei sei es um die Frage gegangen, wie die von Snowden enthüllten Kooperationen deutscher Sicherheitsbehörden mit US-Diensten abliefen und welche Informationen dabei in die USA übermittelt wurden. Alarmiert waren die Datenschützer von einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", das unter Berufung auf die Snowden-Unterlagen gemeldet hatte, allein aus Bad Aibling seien Monat für Monat 500 Millionen Datensätze deutscher Bürger in die USA abgeflossen.

Auf die Anfragen ihrer Behörde hätten Kanzleramt und Innenministerium nur zögerlich reagiert, berichtete Löwnau. Erst nach einem vierten, energischer formulierten Schreiben Mitte August und einer Fristsetzung seien Antworten eingegangen, die aber nur teilweise zufriedenstellend gewesen seien. Ein regelrechter Disput habe sich über die Frage entsponnen, auf welcher Rechtsgrundlage deutsche Sicherheitsbehörden ihre US-Partner mit Informationen versorgten. Namentlich die Auskünfte aus Innenministerium und Verfassungsschutz seien so dürftig gewesen, dass sich die Datenschützer Ende 2013 veranlasst gesehen hätten, eine förmliche "Beanstandung" wegen fehlender Kooperation auszusprechen. Die "Beanstandung", erläuterte Löwnau, sei das "einzige Schwert" ihrer Behörde, die damit einen schwereren Verstoß gegen das Datenschutzgesetz feststellen könne. Sie habe allerdings keine weiteren Folgen.

Unbefriedigend seien aber auch die Antworten des BND gewesen, so dass sich die Datenschützer entschlossen hätten, in Bad Aibling selber nach dem Rechten zu sehen. So hätten Anfang Dezember 2013 ein Techniker, ein Jurist und eine Sachbearbeiterin ihres Referats der BND-Außenstelle eine Stippvisite abgestattet, dort allerdings den Eindruck gewonnen, dass eine weitere gründliche Inspektion erforderlich sei. Dazu seien im Oktober 2014 sechs Mitarbeiter der BfDI nach Bad Aibling gereist. Es sei überhaupt das erste Mal gewesen, dass ihre Behörde die Abhöranlage kontrolliert habe. Die Besucher hätten nicht gewusst, was sie dort erwartete.

Sie stellten fest, dass in Bad Aibling sechs Dateien geführt wurden. Nur für eine davon habe die gesetzlich vorgeschriebene Dateianordnung bestanden. Die übrigen seien der BfDI bis dahin unbekannt gewesen. Inspiziert wurde auch ein Filtersystem, das Daten deutscher Bürger, für die das grundgesetzlich garantierte Fernmeldegeheimnis gilt, aus den erfassten Informationen ausscheiden sollte. Ihre Gesprächspartner beim BND hätten selbst zugegeben, dass dies nicht vollständig, aber immerhin zu über 90 Prozent möglich sei, berichtete Löwnau. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

  • FDP legt Gesetzentwurf für flexibleres Stromsystem

    Die FDP-Fraktion hat den Entwurf eines Gesetzes (20/14705) zur "Integration von Photovoltaik- und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in den Strommarkt und zur Vermeidung solarstrombedingter Netznotfall-Maßnahmen" vorgelegt. Er soll einerseits der Umsetzung der "Wachstumsinitiative der damaligen Bundesregierung vom Juli 2024 dienen.

  • Fairer Wettbewerb im digitalen Sektor

    Bis zum 5. Dezember 2024 haben die Koordinierungsstelle für digitale Dienste in der Bundesnetzagentur (BNetzA) 747 Eingänge von Beschwerden erreicht. Bereinigt um Irrläufer und Spam seien 703 konkrete Beschwerden zu möglichen Verstößen gegen den Digital Services Act (DSA) eingelegt worden.

  • Provisionsverbot noch nicht absehbar

    Ob beziehungsweise inwieweit im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Kleinanlegerstrategie national Maßnahmen ergriffen werden könnten, um Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen zu verbieten oder zu deckeln, ist noch nicht absehbar. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14411) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (20/14172) weiter mitteilt, haben die Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht begonnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen