Nachrichtendienste und Polizei im Verbund


Gesetzentwurf zur geplanten Verbunddatei gegen Rechtsextremismus: Es gibt auch Bedenken
Sind gemeinsame Dateien unter dem Aspekt der Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten eine "Risikotechnologie für die Demokratie und für den Datenschutz"


(03.04.12) - Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur geplanten Verbunddatei gegen Rechtsextremismus (17/8672) stößt bei Experten auf ein unterschiedliches Echo. Dies wurde bei einer Sachverständigenanhörung des Innenausschusses deutlich. Während dabei mehrere Experten die Vorlage begrüßten, äußerten andere Bedenken gegen die Vorlage.

Der Vizepräsident beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), Alexander Eisvogel, betonte, die aktuelle Bedrohung durch den Rechtsextremismus erfordere "adäquate Werkzeuge zur Gewinnung und zum Austausch von Erkenntnissen". Mit dem geplanten Gesetz werde eine moderne Informationstechnologie implementiert, die die Zusammenarbeit zwischen Nachrichtendiensten und Polizeien ergänzen und festigen werde. Die Verbunddatei werde einen schnelleren und reibungsfreieren Informationsaustausch zwischen dem BfV und Polizeibehörden ermöglichen. Mit der Möglichkeit der "verdeckten Speicherung" stelle der Entwurf einen "praxistauglichen Kompromiss zwischen dem Exekutivinteressen der Polizeibehörden und den besonderen Geheimhaltungsinteressen des BfV und der übrigen Nachrichtendienste dar".

Der Vizepräsident beim Bundeskriminalamt, Jürgen Maurer, nannte es "das Gebot der Stunde", unterschiedlich verfügbare Informationen zu verzahnen. Zentral sei dabei eine Datei, die die verschiedenen Datenbestände zusammenführe.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, forderte mit Blick auf die geplante Datei eine umfassende Prüfungskompetenz, die er gerne gemeinsam mit den Landesdatenschutzbeauftragten ausüben wolle. Eine entsprechende Regelung solle in das Gesetz eingefügt werden.

Der Berliner Rechtsanwalt Sönke Hilbrans argumentierte, gemeinsame Dateien seien unter dem Aspekt der Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten eine "Risikotechnologie für die Demokratie und für den Datenschutz". Hilbrans warf zugleich die Frage auf, ob es nicht noch viel zu früh sei, sich auf bestimmte Instrumente festzulegen. Er plädierte unter anderem dafür, zunächst die Ergebnisse der Untersuchungsausschüsse des Bundestages und des Thüringer Landtages zu der dem "Nationalsozialistischen Untergrund" angelasteten Mordserie abzuwarten.

Auch Professor Fredrik Roggan von der Polizeiakademie Niedersachsen sagte, der Bundestag solle die Ergebnisse der im Bund und mehreren Ländern eingesetzten Untersuchungsgremien abwarten.

Professor Dieter Kugelmann von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster sah in dem Gesetzentwurf "einige Unschärfen". Er regte unter anderem an, die vorgesehene Kennzeichnungspflicht für bestimmte Daten auszudehnen.

Professor Ralf Poscher von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg plädierte dafür, in den Entwurf bestimmte Mitteilungspflichten gegenüber Betroffenen aufzunehmen. Professor Heinrich Amadeus Wolff von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) sagte, die neue Datei ermögliche unter anderem, dass Sicherheitsbehörden, die von Rechts wegen Informationen austauschen dürfen, "sich wechselseitig finden und es dann zu diesem Informationsaustausch kommt". Dies sei eine sehr sinnvolle Funktion. Auf diese Weise verhindere die Datei, dass "durch die differenzierte Sicherheitsarchitektur Deutschlands ungewollt Effizienzeinbußen bei der Sicherheitsgewährleistung" anfielen. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

  • FDP legt Gesetzentwurf für flexibleres Stromsystem

    Die FDP-Fraktion hat den Entwurf eines Gesetzes (20/14705) zur "Integration von Photovoltaik- und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in den Strommarkt und zur Vermeidung solarstrombedingter Netznotfall-Maßnahmen" vorgelegt. Er soll einerseits der Umsetzung der "Wachstumsinitiative der damaligen Bundesregierung vom Juli 2024 dienen.

  • Fairer Wettbewerb im digitalen Sektor

    Bis zum 5. Dezember 2024 haben die Koordinierungsstelle für digitale Dienste in der Bundesnetzagentur (BNetzA) 747 Eingänge von Beschwerden erreicht. Bereinigt um Irrläufer und Spam seien 703 konkrete Beschwerden zu möglichen Verstößen gegen den Digital Services Act (DSA) eingelegt worden.

  • Provisionsverbot noch nicht absehbar

    Ob beziehungsweise inwieweit im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Kleinanlegerstrategie national Maßnahmen ergriffen werden könnten, um Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen zu verbieten oder zu deckeln, ist noch nicht absehbar. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14411) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (20/14172) weiter mitteilt, haben die Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht begonnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen