Missbrauch bei Abmahnungen


Zahlen und Fakten zu der missbräuchlichen Verwendung von Abmahnungen
Das Eintreiben hoher Abmahngebühren hatte sich teilweise zu einem Geschäftsmodell entwickelt, welches die Abgemahnten bei verhältnismäßig geringen Verstößen zur Zahlung unverhältnismäßig hoher Kosten und Vertragsstrafen verpflichtete



Nach Zahlen und Fakten zur missbräuchlichen Verwendung von Abmahnungen fragt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (19/3363). Die Abgeordneten wollen damit Transparenz schaffen und konkrete Ansatzpunkte für gesetzgeberisches Handeln identifizieren. Die Grünen hatten den Bundestag im Juni dieses Jahres aufgefordert (19/2744), einen Gesetzentwurf vorzulegen, um Rechtsklarheit bezüglich der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und einer damit möglicherweise verbundenen missbräuchlichen Abmahnwelle zu schaffen.

Die Abgeordneten fragen unter anderen, welche Maßnahmen seitens des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) oder anderer Ministerien bislang ergriffen wurden, um sich ein Bild vom gegenwärtigen Umfang und von den Ursachen missbräuchlicher Abmahnungen zu machen, und was seitens der Ministerien bislang getan wurde, um dies zu verhindern. Ferner wollen die Fragesteller wissen, wie der Zeitplan für die laut einem Zeitungsbericht vom Justizministerium angekündigte umfassende Abmahnreform ist.

Vorbemerkung der Fragesteller
Eine Abmahnung kann dazu beitragen, Streitigkeiten schnell und für die beteiligten Parteien kostengünstiger als ein unmittelbar angestrengtes Gerichtsverfahren beizulegen. Der Gesetzgeber sah jedoch bereits im Jahr 2014 den Bedarf, ein Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken zu verabschieden. Das Eintreiben hoher Abmahngebühren hatte sich teilweise zu einem Geschäftsmodell entwickelt, welches die Abgemahnten bei verhältnismäßig geringen Verstößen zur Zahlung unverhältnismäßig hoher Kosten und Vertragsstrafen verpflichtete (BGBl. I 2013, S. 3714).

Das Gesetz beschränkte sich im Wesentlichen auf Regelungen zu urheberrechtlichen Abmahnungen. Andere missbräuchliche Abmahnungen wurden davon nicht erfasst. Der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) 2017 veröffentlichte Evaluationsbericht zum Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken untersucht mit widersprüchlichem Ergebnis, ob die mit dem Gesetz eingeführten Regelungen tatsächlich zu einer Verbesserung geführt haben.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und die Trusted Shops GmbH untersuchten 2017 aus eigener Initiative, ob wettbewerbsrechtliche Abmahnungen im Sinne eines missbräuchlichen Geschäftsmodells von Rechtsanwälten, Abmahnvereinen oder von einzig zu diesem Zwecke gegründeten vermeintlichen Wettbewerbern nach wie vor häufig dazu genutzt werden, Gewinne durch Gebühren für die Abmahnung und schlimmstenfalls durch hohe Vertragsstrafen zu generieren. Eine verwertbare Untersuchung von staatlicher Seite fehlt gänzlich.

Die rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme durch Abmahnungen schadet insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und hier vor allem den Klein- und Kleinstunternehmen (bis zu 50 Mitarbeiter), für die hohe Vertragsstrafen existenzbedrohend sind und die nicht die Möglichkeit haben, sich gegen die Kosten der Rechtsverfolgung zu versichern. Gerade dieser Adressatenkreis hat mit der Bundestagspetition Nr. 77180 ("Unlauterer Wettbewerb – Reform des wettbewerbsrechtlichen Abmahnwesens" vom 8. März 2018) das Thema im Frühjahr 2018 erneut auf die Agenda gesetzt.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Bundesregierung im Juni 2018 aufgefordert (Entschließungsantrag auf Bundestagsdrucksache 19/2744), einen Gesetzentwurf vorzulegen, um Rechtsklarheit in Bezug auf die seit dem 25. Mai 2018 unmittelbar anwendbare Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und zur Entlastung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen, Freiberuflern, Vereinen und Privatpersonen herzustellen. Noch ist nicht hinreichend ermittelt, ob die DSGVO eine missbräuchliche "Abmahnwelle" tatsächlich in Gang gesetzt hat (FAZ, Artikel vom 2. Juli 2018, "Datenschutz-Abmahnwelle bislang nur ein Phantom").
Um Transparenz zu schaffen und konkrete Ansatzpunkte für gesetzgeberisches Handeln zu identifizieren sowie diese bewerten zu können, ist daher zunächst erforderlich, dem Deutschen Bundestag Informationen zum tatsächlichen Aufkommen sowie zu Art, Inhalt und Ursachen von missbräuchlichen Abmahnungen zur Verfügung zu stellen.
(Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 03.08.18
Newsletterlauf: 31.08.18


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