Urheberrecht bei Videostream-Filmen


Recht und Verbraucherschutz: Bundesregierung hält das "reine Betrachten" eines Videostreams nicht für eine Urheberrechtsverletzung - Rechtswidrigkeit müsse für den Nutzer erkennbar sein
EU-Kommission prüfe derzeit, ob "temporäre Vervielfältigungen", die mit dem Anschauen urheberrechtlich geschützter Inhalte auf Webseiten einhergehen, von entsprechenden EU-Vorschriften gedeckt seien

(28.01.14) - Die Deutsche Bundesregierung hält das "reine Betrachten" eines Videostreams nicht für eine Urheberrechtsverletzung: So lautet die Kernbotschaft der Antwort (18/246) auf eine Kleine Anfrage (18/195) der Linksfraktion, die Auskunft über die juristische Bewertung der Affäre um das im Internet zugängliche Videostream-Portal Redtube verlangt hatte, das Sexfilme im Programm hat. Allerdings sei bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt worden, so die Regierung, ob die Nutzung von Streaming-Angeboten eine Vervielfältigung darstelle, die Rechte von Urhebern verletze. Letztlich könne diese Frage nur vom Europäischen Gerichtshof entschieden werden. Bei dieser in Luxemburg ansässigen Instanz handelt es sich um das EU-Gericht.

Im Dezember hatten zehntausende deutsche Internetnutzer, die sich Redtube-Filme angeschaut hatten, von einer Anwaltskanzlei im Auftrag der in der Schweiz ansässigen "The Archive AG" Abmahnungen erhalten: Die Betroffenen sollten 250 Euro zahlen und für die Zukunft eine Unterlassungserklärung abgeben. Anders als bei einem Download werden beim Streaming Filme nicht dauerhaft heruntergeladen und vervielfältigt, sondern nur vorübergehend zwischengespeichert, um das Betrachten zu ermöglichen. Mit Hilfe zahlreicher Fragen wollte die Linke die Redtube-Affäre durchleuchten und rechtliche Klarheit in die Nutzung von Streaming-Angeboten im Internet bringen.

In ihrer Antwort erläutert die Regierung, dass grundsätzlich ein Urheber über das alleinige Recht verfüge, sein Werk zu verwerten, es also zu verbreiten, zu vervielfältigen oder im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Eine Vervielfältigung von Filmen ohne Zustimmung der Rechteinhaber sei jedoch zulässig, "wenn es sich um vorübergehende Vervielfältigungshandlungen handelt, die flüchtig oder begleitend sind". Insofern sei das Betrachten eines Videostreams erlaubt. Einzelne Vervielfältigungen eines Werks seien zum privaten Gebrauch zulässig, heißt es in der Stellungnahme auf die Anfrage der Linksfraktion, wenn dies keinen Erwerbszwecken diene. Allerdings dürfe für eine solche Vervielfältigung keine "offensichtlich rechtswidrig hergestellte" Vorlage verwendet werden. Diese Rechtswidrigkeit müsse für den Nutzer erkennbar sein.

Die Linke wollte wissen, ob die Regierung es für nötig erachte, rechtlich verbindlich zu regeln, ob das reine Betrachten eines Videostreams eine urheberrechtlich bedeutsame Vervielfältigung darstellt. Die Regierung wolle "das Urheberrecht den Erfordernissen und Herausforderungen des digitalen Zeitalters anpassen und dabei die digitalen Nutzungspraktiken berücksichtigen", erläutert die Antwort. Zudem prüfe die EU-Kommission derzeit, ob "temporäre Vervielfältigungen", die mit dem Anschauen urheberrechtlich geschützter Inhalte auf Webseiten einhergehen, von entsprechenden EU-Vorschriften gedeckt seien.

Gefragt hatte die Linksfraktion auch, wie man sich gegen unberechtigte Abmahnungen wehren könne, wenn wie im Fall Redtube die Auftraggeber der Anwaltskanzlei, von der die Abmahnungen verschickt wurden, in der Schweiz beheimatet sind. In ihrer Antwort schreibt die Regierung, dass Betroffene auch gegenüber Abmahnern, die im Ausland ansässig seien, gerichtlich klären lassen könnten, ob eine Abmahnung berechtigt sei oder nicht. Dies sei bei Gerichten in Deutschland möglich.

Die Linke hatte kritisiert, dass in der Redtube-Affäre Zehntausende Internet-Nutzer abgemahnt worden seien, obwohl doch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken solche Massenabmahnungen habe unterbinden sollen. Dieses Gesetz sei im Oktober 2013 in Kraft getreten, erklärt dazu die Regierung, und nach so kurzer Zeit könnten die Auswirkungen dieser Regelung noch nicht beurteilt werden. Man werde das Gesetz im Jahr 2015 bewerten. (Deutsche Bundesregierung: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Bitcom lobt und kritisiert Kryptopolitik

    Der Branchenverband Bitcom warnt davor, dass Deutschland seine gute Ausgangsposition im Bereich der Kryptowirtschaft nicht aufs Spiel setzen solle. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (20/10280) sagte Bitcom-Vertreter Benedikt Faupel: "Der Standort Deutschland hat gute Voraussetzungen, ich erinnere an die Blockchain-Strategie."

  • Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte

    Der Kulturausschuss hat sich in einem öffentlichen Fachgespräch mit den Chancen und Risiken des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Medienbereich auseinandergesetzt. Geladen hatte er Sachverständige von Gewerkschaften, Berufsverbänden, Unternehmen und aus der Wissenschaft.

  • Modernisierung des Postrechts

    In einer Anhörung beschäftigten sich neun Sachverständige mit dem Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung zur Modernisierung des Postrechts (20/10283). Dieses beinhalte eine "grundlegende Novellierung des Postrechts", schreibt die Bundesregierung zu dem Entwurf.

  • Einnahmen aus dem Energiekrisenbeitrag

    Die im Zuge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine massiv gestiegenen Preise für Erdgas, Wärme und Strom haben zeitweise eine existenzbedrohende Belastung für die Bevölkerung und Unternehmen in Europa und nicht zuletzt in Deutschland dargestellt. Dabei sorgten das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) und das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) für eine zeitlich befristete, schnelle Entlastung in der Breite der Bevölkerung und der Unternehmen in Deutschland, welche durch ihre konkrete Ausgestaltung die Anreize zum Energiesparen aufrechterhalten hat.

  • Soziale und ökologische Nachhaltigkeit

    Eine nachhaltige Künstliche Intelligenz (KI) braucht politische Rahmenbedingungen. Das machte Kilian Vieth-Ditlmann, stellvertretender Leiter des Policy- & Advocacy-Teams bei der AW AlgorithmWatch gGmbH während eines öffentlichen Fachgespräches im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung deutlich. Als ersten Schritt bewertete er die im EU-Parlament verabschiedete KI-Verordnung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen