Sie sind hier: Home » Fachartikel » Hintergrund

Wahrung der Belange der Versicherten


Insolvenzantrag oder Rettung insolventer Lebensversicherer durch die BaFin?
Abwendung von Lebensversicherungs-Insolvenzen zu Lasten der Betriebsrenten - Warum gerade Betriebsrenten bei Versicherer-Schieflagen zu kürzen sind




Von Dr. Johannes Fiala / Dipl.-Math. Peter A. Schramm

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt unter anderem die Lebensversicherer. Allein die BaFin ist berechtigt einen Insolvenzantrag zu stellen, § 312 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Die BaFin hat jedoch mehrere Alternativen, wie beispielweise die Bestandsübertragung oder die Herabsetzung der Leistungen in der Lebensversicherung.

In Frage kommt fallweise, dass die private Auffanggesellschaft "Protektor Lebensversicherungs-AG" die Rechtsansprüche der Kunden insolventer Lebensversicherer "sichert", indem die Versicherungsverträge zur Aufrechterhaltung von garantierten Leistungen und Risikoschutz übernommen werden; §§ 221-231 VAG. Die Übernahme der Verträge bedarf einer Anordnung der BaFin, § 222 VAG – nur bis zu fünf Prozent der Garantieleistungen können dabei gekürzt werden. Bei dieser Gelegenheit können auch Tarifbestimmungen und Versicherungsbedingen angepasst werden. Freiwillig sind inzwischen auch 22 Pensionskassen dieser Sicherungseinrichtung freiwillig beigetreten.

Die unvermeidliche Insolvenz des Lebensversicherers?
Die Bafin ordnet nach Gesetz die Übertragung der Lebensversicherungen auf Protektor nur an, wenn dies für die Wahrung der Belange der Versicherten erforderlich ist. Reichen die mit Protektor möglichen Maßnahmen absehbar ohnehin nicht aus, weil auch bei fünf Prozent Garantiekürzung und mit allen verpflichtenden Nachschüssen der Branche zu viel Geld fehlt, verbietet sich Protektor ohnehin. Dann kann die Insolvenz geeigneter sein.

Für die Wahrung der Belange der Versicherten kann statt Protektor zur Abwendung der Insolvenz von vornherein aber auch das Verfahren des vorläufigen Zahlungsverbots und der dann auch ungleichmäßig zulässigen Herabsetzung der Versicherungsleistungen nach § 314 VAG besser geeignet sein. Etwa wenn große Teile der Versicherten ohnehin bereits wegen beim Lebensversicherer nur rückgedeckter Zusagen auf betriebliche Altersversorgung (bAV) oder Direktversicherungen über den zusagenden Arbeitgeber geschützt sind, werden die Belange dieser Versicherten bereits dadurch bestens gewahrt. Die versicherten Arbeitnehmer werden durch die Arbeitgeberhaftung, die sogenannte Einstandspflicht für die arbeitsvertraglichen Zusagen auf bAV-Leistungen, ausreichend gesichert.

Herabsetzung der Leistungen des Versicherers um weit mehr als fünf Prozent Geht es mithin um bAV-Lebensversicherungen, so können diese dann gezielt um weit mehr als die bei Protektor erlaubten fünf Prozent herabgesetzt werden, weil der Arbeitgeber dafür eintritt.

Die Belange der übrigen Versicherten können dann durch gezielte stärkere Herabsetzungen nur in den durch Arbeitgeber ohnehin zu 100 Prozent abgesicherten Bereichen womöglich besser gewahrt werden als durch Protektor. Ihre Verträge können bestenfalls ganz ohne Herabsetzungen fortgesetzt werden.

Die Bafin wählt möglichst das Verfahren, das zur Wahrung der Belange der Versicherten am besten geeignet ist. Das muss also nicht die Übertragung auf Protektor sein. Nirgendwo im Gesetz steht, dass die BaFin die Belange der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer berücksichtigen müsste.

Wer meinte beim WEF 2025, Berater kosten nur viel Geld - man käme besser gleich zu ihm?
Die BaFin MUSS ja laut Gesetz auf die Belange der Versicherten (also der Arbeitnehmer in der bAV), nicht der Versicherungsnehmer (VN, also der Arbeitgeber) abstellen. Das ist volle Absicht und macht Sinn. Wer durch den Arbeitgeber geschützt ist (und bei dessen ggf. auch dadurch eintretenden Insolvenz durch den Pensionssicherungsverein PSVaG), bei dem kann man zugunsten anderer Versicherter, die keine solche Kompensation erhalten, weit mehr kürzen. Seine Belange werden dadurch nicht beeinträchtigt.

Bisweilen versuchen Arbeitgeber auch gegenüber den Mitarbeitern die bAV-Leistungen herabzusetzen, womit der Fall dann rasch bei Gericht landen kann. Dabei wird es schwierig sein, die tatsächliche Kürzung genau zu beziffern, wenn man der Versicherungsmathematik nicht kundig ist. Versicherungsvermittler, insbesondere Makler, werden sich auch die Frage gefallen lassen müssen, ob und wie sie etwa den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer über diese existenziellen Risiken beraten haben wollen. In der Praxis fehlt regelmäßig bereits in der Beratungsdokumentation jeder Hinweis auf die Arbeitgeberhaftung für unbegrenzte – oder bei Protektor-AG begrenzte – Kürzungen und den Fall der Lebensversicherer-Insolvenz, wenn all das versagt.

Die Autoren
Dr. Johannes Fiala, PhD, RA, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz-und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik, Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung. (Dr. Johannes Fiala: ra)

eingetragen: 06.02.25
Newsletterlauf: 09.04.25

Dr. Johannes Fiala: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Hintergrund

  • Die vier größten Mythen zur Aufbewahrungspflicht

    Die GoBD sind für viele ein Buch mit sieben Siegeln, um das sich zahlreiche Mythen ranken. Dabei gibt es die Grundsätze nun schon seit zehn Jahren. Höchste Zeit, Licht ins Dunkel zu bringen und mit einigen der hartnäckigsten Irrtümer aufzuräumen. Veröffentlicht wurden die "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff" (kurz GoBD) im Jahr 2014.

  • Die Evolution der Massenklagen

    In der Welt des Rechts hat sich eine bemerkenswerte Entwicklung vollzogen: Massenklagen werden zunehmend industriell bearbeitet, was eine effizientere und standardisierte Abwicklung auch kleinerer Streitwerte ermöglicht. Diese Transformation wird durch die fortschreitende Spezialisierung von Anwaltskanzleien und die Unterstützung durch IT-Anbieter vorangetrieben, die die notwendige Technologie zur Verfügung stellen.

  • Künstliche Intelligenz ist kein No-Brainer

    Gartner geht davon aus, dass Generative KI bis 2026 bei 80 Prozent der Unternehmen weltweit die Mitarbeitenden bei ihren Tätigkeiten unterstützt. Obwohl Künstliche Intelligenz zweifelsfrei als eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien für die digitale Transformation gilt, hemmen rechtliche Unsicherheiten und mangelndes Fachwissen Unternehmen noch, im Arbeitsalltag stärker auf KI zu setzen.

  • Tokenisierung könnte erhöhte Liquidität bringen

    Schwache Konjunkturdaten, eine hartnäckige Inflation und die andauernde Energiekrise prägen aktuell das Bild der deutschen Wirtschaft. Die Banken reagieren zunehmend restriktiv bei der Vergabe von Finanzierungen und sehen bei vielen Unternehmen ein gestiegenes Kreditrisiko. Das verschlimmert die Lage weiter. Denn nach wie vor ist der Kredit ein Vehikel für Investitionen und somit zugleich Motor von Wachstum und Wohlstand.

  • Digital Twin der Lieferkette

    Fällt das Wort Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), schießt einem meist zeitgleich der Begriff Transparenz in den Kopf. Denn darum geht es doch, oder? Auch! Aber nur Transparenz über die eigene Lieferkette zu erhalten, bringt erstmal wenig. Der Trick ist, zeitgleich eine flexible, optimierte Lieferkette anzustreben - sowohl operativ als auch strategisch.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen