Neue Dimension im Siemens-Schmiergeldskandal


Siemens gab bekannt, dass der Konzern 1,3 Milliarden Euro an Korruption- und Schmiergeld-Zahlungen identifiziert hat
Siemens-Chef Peter Löscher kündigte an, man werde in Zukunft jährlich die Zahl der Mitarbeiter nennen, die wegen Compliance-Vergehen aus dem Unternehmen ausgeschieden seien


Joe Kaeser:
Joe Kaeser: 1,3 Milliarden Euro an fragewürdigen Zahlungen identifiziert, Bild: Siemens

(09.11.07) – Alle haben es erwartet – nun ist es offiziell: Der Korruptions- und Schmiergeld-Skandal der Siemens AG hat locker die Milliarden-Euro-Schwelle übersprungen. Anlässlich der Vorlage der Bilanz des vierten Quartals in München gab Siemens am Donnerstag bekannt, dass rund 1,3 Milliarden Euro an fragewürdigen Zahlungen identifiziert worden sind, angelaufen in den Jahren 2000 bis 2006.

Ein Großteil dieser Summe soll über Schwarze Kassen im Ausland abgewickelt worden sein. Angesichts der Höhe dieser Zahlungen muss man feststellen, dass Korruption und Schmiergeldzahlungen im Konzern offensichtlich mit System betrieben worden sind.

Bisher hatte der Konzern lediglich von 449 Millionen Euro gesprochen. Weitere 857 Millionen Euro sind nun ebenfalls dem Bereich Korruption, Schmiergeld und Schwarze Kassen zuzuordnen. Aus dieser Summe resultieren weitere Steuerverpflichtungen in Höhe von 339 Millionen Euro. Laut Angaben von Siemens-Finanzchef Joe Kaeser sind rund ein Drittel aller durchleuchteten finanziellen Transaktionen im Gesamtvolumen von 3,5 Mrd. Euro von Korruption- /Schmiergeld-Aktivitäten belastet gewesen.

Richtig teuer wurde für Siemens auch der finanzielle Aufwand, den die Korruptions- und Schmiergeld-Affäre aufzudecken beziehungsweise zukünftige Verfehlungen zu vermeiden. Der Konzern gab an, in 2007 rund 347 Millionen Euro an Beraterhonoraren gezahlt zu haben. Siemens-Vorstandschef Peter Löscher sagte zwar, der Korruptionsskandal sei nun aufgeklärt worden. Die interne Revision hätte daher ihre Untersuchungen abgeschlossen. Allerdings werden die rechtlichen Ermittlungen der US-Kanzlei Debevoise & Plimpton weitergeführt.

Zudem räumte der Konzern ein, dass neue strafrechtliche und zivilrechtliche Verfahren auf die Siemens AG zukommen könnten. Erst im Oktober hatte der Siemens-Konzern eine erste Geldbuße akzeptiert: Im Straf- und Steuerverfahren gegen den Siemens-Bereich Com verhängte das Landgericht München eine bescheidene Geldbuße von 201 Mio. Euro gegen die Siemens AG.

Nicht ausgestanden ist ferner die Bewertung der Siemens-Korruptionsaffären durch die US-Börsenaufsicht SEC. Insider befürchten eine Rekordstrafe in Milliardenhöhe. Die SEC hatte bereits durchblicken lassen, dass Siemens so ziemlich alle Rekorde breche, was die SEC bisher an diesbezüglichen Vergehen aufgedeckt und geahndet hätte.

Zum ersten Mal gab die Siemens AG zudem öffentlich bekannt, wie sie mit den am Skandal beteiligten Mitarbeitern umgegangen ist bzw. bei zukünftigen Compliance-Vergehen verfahren wird.

Rund 470 Mitarbeiter hätte der Konzern im Zusammenhang mit Compliance-Verstößen im abgelaufenen Jahr identifiziert. 24 Prozent der Verstöße müssten dem Bereich Untreue und Betrug zugeordnet werden, 14 Prozent der Verstöße seien Korruptionsvergehen oder Kartellrechtsverletzungen gewesen. 30 Prozent aller belasteten Mitarbeiter seien entlassen worden, 8 Prozent hätten Gehaltseinbußen hinnehmen müssen und 62 Prozent wären verwarnt oder abgemahnt worden. Peter Löscher kündigte zudem an, man werde in Zukunft jährlich die Zahl der Mitarbeiter nennen, die wegen Compliance-Vergehen das Unternehmen verlassen müssen.

Erst kürzlich hatte Siemens bekannt gegeben, denjenigen Mitarbeitern ein Amnestie-Angebot zu machen, die sich freiwillig melden und Korruptionsverstöße anzeigen. Sie sollen weder entlassen werden noch Schadenersatz leisten müssen. (Siemens: ra)



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