Compliance in der Landwirtschaft


Studie "TTIP und Landwirtschaft": Ruinöse Konkurrenz für Landwirte
Risiko für qualitätsorientierte kleine und mittlere Betriebe - TTIP würde die Kennzeichnung von Gentechnik-Produkten erschweren würde

(12.02.15) - Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin von UnternehmensGrün und Studienautorin, hat in Berlin die Untersuchung "TTIP und Landwirtschaft" vorgestellt. "Europäische Agrar-Unternehmen sind durch einen größeren Anteil bäuerlicher Familienbetriebe und kleinere Betriebsgrößen strukturell anders aufgestellt als die amerikanischen Betriebe – und damit nach strengen marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten unterlegen", so Reuter weiter.

Landwirte und Lebensmittelverarbeiter exportieren kaum in die USA, die überwältigende Mehrheit der Unternehmen in Europa habe von einem Freihandelsabkommen mit den USA darum vor allem zusätzliche Konkurrenz zu erwarten. Reuter: "In einer Situation, in der ohnehin viele Landwirte ihre Betriebe schließen müssen, ist das völlig unverantwortlich." Dass Produkte wie Getreide in den USA so billig seien wie nirgends sonst, liege zu einem erheblichen Teil auch an den dortigen Standards zum Einsatz von Gentechnik und den hohen Grenzwerten für Pestizide. "Wie die EU insbesondere die mittelständische Landwirtschaft und Verarbeitungsbetriebe in der Ernährungsbranche vor dieser Konkurrenz langfristig schützen will, ist unklar", warnt Reuter.

Denn die Studie zeigt, dass "TTIP die Kennzeichnung von Gentechnik-Produkten erschweren würde" ergänzt Joachim Weckmann, mittelständischer Bäcker aus Berlin. "Sollte die Gentechnikfreiheit vom Mainstream zur Nische werden - werden weiter gentechnikfreie produzierende Landwirte überproportional mit den Kosten von Warentrennung- und -reinhaltung belastet bzw. aus dem Markt gedrängt", so Weckmann. Hintergrund: Die USA machen seit 1986 keinen Unterschied zwischen Produkten aus konventionellen und "gentechnisch veränderten Organismen" (GVO), die genveränderten Pflanzen dominieren den Anbau von Mais, Soja, Zuckerrübe und Raps zu 90 bis 95 Prozent.

Weitere Ergebnisse:
TTIP erschwert die Kennzeichnung von Lebensmitteln, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Organismen erzeugt werden (z.B. Milch von Tieren, die Futtermittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen erhalten haben). Dabei hat die Bundesregierung die erweiterte Kennzeichnungspflicht als Ziel im Koalitionsvertrag festgeschrieben.

>> Fleisch: Ruinöse Konkurrenz aufgrund der Größenvorteile der amerikanischen Rind-, Schweine- und Geflügelfleischproduktion (Konzentration auf wenige große, hocheffiziente Produktions- und Verarbeitungsanlagen).
Obst/Gemüse: Die erlaubten Rückstände von Pestiziden in Lebensmitteln sind in den USA teils 500mal so hoch wie in der EU. Durch TTIP ist hier eine Angleichung zu erwarten – denn der Kompromissvorschlag der EU, den Codex Alimentarius zugrunde zu legen, bedeutet eine Schwächung der europäischen Standards.

>> Milch: Für kleinere Milchvieh haltende Betriebe ist eine stärkere Exportorientierung keine Lösung. Ein verschärfter Preis- und Kostendruck durch einen liberalisierten transatlantischen Milchmarkt verschärft deren Existenzgefährdung.

Reuter hebt hervor: "Die Interviews mit den Unternehmern aus der Branche zeigten deutlich, dass TTIP an den Bedürfnissen der Kleinen und Mittleren Unternehmen vorbeigeht. Wenn Export Unternehmensziel ist, wird dieser auch bereits umgesetzt." Dazu kommt: Viele der existierenden Hemmnisse wird TTIP nicht beheben. Die starke Orientierung auf heimische Märkte durch kleine und mittlere Betriebe der Agrar- und Ernährungswirtschaft wird aber fatalerweise völlig außer Acht gelassen, wenn Handel als Allheilmittel gepredigt wird", so Reuter.

"Eigentlich bräuchten wir dringend Handelsabkommen, auch mit den USA. Darin müsste sichergestellt werden, dass nicht diejenigen im internationalen Handel die Nase vorne haben, die mit den niedrigsten Standards arbeiten und den größten Teil ihrer Produktionskosten externalisieren, indem sie ihn der Umwelt, den sozial Schwachen und künftigen Generationen aufbürden. Aber genau davon ist in CETA und TTIP nichts zu sehen. Stattdessen sehe ich das Recht, eigene Standards zu setzen in Gefahr: Es werden nämlich keine Mechanismen verhandelt, die einem der Partner erlauben würden, seine höheren Standards zur Importvoraussetzung zu machen. Dass dies möglich wäre, zeigt das schon bestehende Bio-Äquivalenzabkommen zwischen USA und der EU", ordnet Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), die Ergebnisse der Studie ein.

Als Unternehmer und Gründer der erfolgreichen Bio-Bäckerei Märkisches Landbrot GmbH in Berlin sagt Joachim Weckmann: "Das Wesen der Landwirtschaft ist die Region. Wir als Märkisches Landbrot engagieren uns hier besonders - etwa 80 Prozent des verarbeiteten Getreides beziehen wir aus dem regionalen Umland. Mit TTIP aber sind regionale Lieferantenstrukturen in Gefahr, wenn der Wettbewerbsdruck zunimmt. Die EU hat gerade festgestellt, dass die Bauern in Deutschland im letzten Jahr mehr als ein Drittel - genau 37,6 Prozent je Arbeitsplatz - ihrer Einkünfte verloren haben, weil sie für Produkte wie Milch, Fleisch und Getreide kaum noch Geld bekommen. Gleichzeitig zeigen die Daten ein neues, in der Form kaum je dagewesenes Höfesterben. Die Öffnung des Europäischen Marktes für Billigkonkurrenz aus den USA würde den Tod der Höfe drastisch beschleunigen." (UnternehmensGrün:ra)

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