Nutri-Scores - Werbeaussagen zum Süßungsgrad


Wie süße Werbeversprechen Verbraucher austricksen
"Süße nur aus Früchten", "ohne Zuckerzusatz", "ungesüßt": Studie zeigt, wie Süße-Werbeclaims wirken



Werbebotschaften, die weniger Süße versprechen, erhöhen die Kaufbereitschaft und verleiten zu der Fehlannahme, solche Lebensmittel seien automatisch zuckerarm und insgesamt gesünder. Bei Kinderprodukten sorgen Süße-Werbebotschaften dafür, dass die allgemeine Skepsis der Verbraucher gegenüber dieser Produktgruppe verringert wird. vzbv fordert Regeln für solche Werbebotschaften und die verpflichtende Einführung des Nutri-Scores.

Werbebotschaften, die natürliche Süße oder einen geringeren Zuckergehalt von Lebensmitteln versprechen, können bei Verbrauchern zu erheblichen Fehleinschätzungen über die tatsächliche Zusammensetzung des Lebensmittels führen. Zu diesem Fazit kommt eine Studie im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), an der jeweils 1.000 Verbraucher im Rahmen zweier repräsentativer Befragungen teilnahmen. Besonders problematisch sind Botschaften, die auf eine angebliche Natürlichkeit verweisen wie "Süße nur aus Früchten" oder "nur fruchteigener Zucker": Nur 4,7 Prozent der Verbraucher bezeichnen Haushaltszucker als "gesund", während die natürlich klingende "Traubenfruchtsüße" von 35,3 Prozent der Befragten als gesund eingeschätzt wird. Tatsächlich sind beide Zuckerarten ähnlich problematisch.

"Die süßen Versprechen der Lebensmittelwirtschaft führen Verbraucher oft auf die falsche Fährte. Zu viel Zucker kann zu Übergewicht führen und krank machen. Egal, ob der Zucker nun aus Früchten oder aus der Zuckerrübe stammt. Die Politik muss die Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützen und dafür sorgen, dass sie auf den ersten Blick unmissverständlich erkennen können, wie ausgewogen ein Lebensmittel ist. Am besten geht das mit einem verbindlichen Nutri-Score. Für diese einfache, farbig unterlegte Nährwertkennzeichnung muss sich Ernährungsministerin Julia Klöckner jetzt auf europäischer Ebene mit aller Kraft einsetzen", sagt vzbv-Vorstand Klaus Müller.

Zusätzlich braucht es dringend strengere Vorgaben für die Verwendung von Werbeaussagen, die einen Gesundheitsnutzen vermitteln oder eine vermeintlich besonders natürliche Süße ausloben. Ein Lebensmittel, das nur natürliche Süße verspricht wie der Claim "ohne Zuckerzusatz. Süße nur aus Früchten" suggeriert der Mehrheit der Verbraucher, dass es insgesamt wenig Zucker enthält. Die Angabe wird auch als Nährwertinformation verstanden.

Werbeaussagen zum Süßungsgrad oder zu eingesetzten süßenden Zutaten sollten deshalb künftig unter die europäische "Health-Claims-Verordnung" über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben auf Lebensmitteln fallen. Die Europäische Kommission muss zudem dafür sorgen, dass nährwert- und gesundheitsbezogene Werbeaussagen nur noch auf Lebensmitteln verwendet werden dürfen, die insgesamt ausgewogen sind. Dafür muss sie zeitnah verbindliche Nährwertprofile vorlegen.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick
Hohes Problembewusstsein: 86,1 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass Zucker heute zu viel verwendet wird. Lediglich 11,6 Prozent halten die Diskussion über Zucker für "übertrieben".

Werbeaussagen, die natürliche oder weniger Süße versprechen, erhöhen die Kaufbereitschaft. Besonders kaufaktivierend wirken Botschaften, die auf Natürlichkeit abstellen wie "Süße nur aus Früchten" oder "mit Honig gesüßt" und "Clean-Claims" wie "ohne Zuckerzusatz" oder "ohne künstliche Süßstoffe".

Natürliche Süße-Werbeclaims werten Kinderprodukte deutlich auf: Eine Kinder-Tomatensoße ohne Claim halten 39,9 Prozent der Verbraucher für gesund, mit dem Claim "Mit Apfelsüße" tun dies 51,2 Prozent.

Sowohl Produkte, die mit einem "Clean-Claim" wie "ohne Zuckerzusatz" versehen sind, als auch solche, die mit natürlicher Süße werben, werden automatisch als gesünder interpretiert: Ein Beeren-Knusper-Müsli ohne Claim halten 55,6 Prozent der Verbraucher für gesund, mit dem Claim "Ohne Zuckerzusatz. Süße nur aus Früchten" sind das 69,6 Prozent.

Beim Begriff "ohne Süßungsmittel" rechnen sehr viele Verbraucher nicht damit, dass Zucker zugesetzt werden kann. Die Kennzeichnung "ohne künstliche Süßstoffe" wird dagegen besser verstanden.

Der Nutri-Score ist in der Lage, der übertriebenen Gesundheitseinschätzung durch Süße-Claims entgegen zu wirken, wenn er auf Produkten mit problematischem Nährwertprofil genutzt wird.

Für die Studie, bestehend aus zwei repräsentativen Verbraucherbefragungen, wurden 1.203 (Befragung 1) beziehungsweise 1.103 Personen (Befragung 2) im Rahmen eines Online-Panels im Zeitraum September/Oktober 2020 befragt.

Die Befragungen wurden in die Kategorien "Wissens-Check" (Befragung 1) und "Fallanalyse" (Befragung 2) unterteilt. Leitfrage der Befragung 1 war: Was wissen Verbraucher über Zucker, Zuckeralternativen und deren Kennzeichnung auf Lebensmitteln? Leitfrage von Befragung 2 war: "Wie verstehen Verbraucher Werbehinweise zu Süße-Eigenschaften von Lebensmitteln?".
Die Studie wurde im Auftrag des Projekts Lebensmittelklarheit durchgeführt. Das Projekt betreibt das Verbraucherportal Lebensmittelklarheit.de. Es wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

Studie: Zühlsdorf, A., Jürkenbeck, K., Mehlhose, C., Spiller, A. (2021): "Süße"-Marketingclaims: Wie verstehen Verbraucher Werbehinweise zu Zuckerreduktion, Süßungsmitteln und anderen süßenden Zutaten auf Lebensmitteln? Ergebnisse zweier repräsentativer Umfragen (zusammenfassender Ergebnisbericht), wissenschaftliche Studie im Auftrag des vzbv, Göttingen.
(Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)

eingetragen: 26.04.21
Newsletterlauf: 12.07.21

Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Markt / Unternehmen

  • Gefahren von strategischer Korruption

    Transparency International hat den Korruptionswahrnehmungsindex 2024 (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Der jährlich erscheinende Index ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator. Er umfasst 180 Staaten und Gebiete und bewertet den Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption. Der Meta-Index beruht auf der Einschätzung von Experten sowie Führungskräften.

  • Budgets für Datenschutz 2025 werden sinken

    Mehr als zwei von fünf (45 Prozent) Datenschutzbeauftragten in Europa glauben, dass das Datenschutzbudget ihrer Organisation unterfinanziert ist. Dies bedeutet einen Anstieg von 41 Prozent im Jahr 2024. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) erwartet zudem, dass die Budgets im Jahr 2025 weiter sinken werden. Das geht aus einer neuen Studie von ISACA hervor, dem weltweit führenden Berufsverband, der Einzelpersonen und Organisationen bei ihrem Streben nach Digital Trust unterstützt.

  • Compliance-Regulierungsdruck nimmt weltweit zu

    Sphera hat ihren Supply Chain Risk Report 2025 veröffentlicht. Dieser Bericht umfasst eine eingehende Analyse der dringendsten Risiken und aufkommenden Chancen, die die globalen Lieferketten verändern. Er bietet Führungskräften aus den Bereichen Beschaffung, Lieferkette und Nachhaltigkeit handlungsrelevante Einblicke, um die komplexen Herausforderungen zu meistern, mit denen sich Unternehmen angesichts neuer gesetzlicher Bestimmungen, wirtschaftlicher Unbeständigkeit und erhöhter ökologischer und sozialer Verantwortung auseinandersetzen müssen.

  • Digitale Steuer-Transformation

    Eine von Vertex veröffentlichte Studie zeigt, dass Fachkräftemangel und Qualifikationsdefizite in Steuerteams Unternehmen auf ihrem Weg zu einer erfolgreichen digitalen Steuer-Transformation behindern können. Die Studie "Global Tax Transformation" befragte 610 Fachleute in Europa und den USA, um die aktuelle Situation in den Unternehmen und die Einstellung der Fachleute zur Transformation in ihrer Organisation zu verstehen.

  • NIS2-Richtlinie & wie es um die Vorbereitung steht

    Eine aktuelle Veeam-Studie zur NIS2-Richtlinie zeichnet ein ernüchterndes Bild der IT-Sicherheitslage in deutschen Unternehmen. Während sich 70 Prozent der befragten Firmen gut auf die neue EU-Richtlinie vorbereitet fühlen, sind nur 37 Prozent von ihnen nach eigener Angabe tatsächlich konform zur NIS2. Diese eklatante Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung und Realität ist bezeichnend für den oftmals leider noch zu laxen Umgang vieler Organisationen mit Cyber-Sicherheit und vor allem im KRITIS-Bereich bedenklich.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen