Gefährliche Lücken in der Finanzbildung


Rückläufiges Interesse an Finanz- und Wirtschaftsthemen
Angesichts dieser Defizite ist es nicht überraschend, dass sich eine deutliche Mehrheit der Befragten für mehr Wirtschafts- und Finanzbildung in den Schulen ausspricht



Die Finanzwelt ist für viele Deutsche wie ein Minenfeld, das man besser meidet. Eine repräsentative Bevölkerungsumfrage des Bankenverbands zeigt, dass sich ein Großteil der Befragten nicht ausreichend mit ihren Finanzen beschäftigt und wichtige Begriffe nicht versteht. Entsprechend unsicher sind viele, wenn es um Finanzangelegenheiten geht. Die Wissenslücken machen deutlich, wie dringend wir eine bessere Finanzbildung in Deutsch­land brauchen, um den Herausforderungen der modernen Welt gewachsen zu sein.

Rückläufiges Interesse an Finanz- und Wirtschaftsthemen
Offensichtlich haben die meisten Deutschen anderes im Kopf als Wirtschaft und Finanzen. Das Interesse daran ist jedenfalls, wie die im Frühjahr erhobene Umfrage zeigt, allenfalls mäßig. Lediglich jeder Zehnte gibt an, sich für diese Themen "sehr stark", ein weiteres Fünftel immerhin noch "stark" zu interessieren. Noch alarmierender ist, dass das Interesse gegenüber 2022 (41 Prozent) damit deutlich gesunken ist. Offenbar setzen sich immer weniger Menschen aktiv mit den wirtschaftlichen Grundlagen auseinander, die auch ihre persönliche Zukunft mitbestimmen.

Selbst mit ihren eigenen Finanzen beschäftigen sich weniger als die Hälfte der Befragten (44 Prozent) regelmäßig. Und dabei bleibt die Frage offen, wie effektiv sie das tun. Dass sich ältere Menschen etwas häufiger ihren finanziellen Angelegenheiten widmen, ist zwar einerseits erfreulich, wirft andererseits aber die Frage auf, ob die Jüngeren ihre finanzielle Zukunft nicht allzu sehr auf die leichte Schulter nehmen. So ist es mehr als bedenklich, dass von den Erwerbsfähigen, also jenen, die noch nicht in Rente sind, aktuell nur mehr 35 Prozent "voll und ganz" der Aussage zustimmen, dass sie sich schon ernsthaft mit ihrer Altersvorsorge beschäftigt haben; vor vier Jahren war das noch bei über der Hälfte (56 Prozent) der Fall.

Ein fragwürdiges Selbstvertrauen
Ein weiteres interessantes Ergebnis der Umfrage zeigt sich in der Selbsteinschätzung der finanziellen Kenntnisse. Fast 60 Prozent der Befragten glauben, dass sie sich in Finanzfragen gut auskennen. Doch diese Einschätzung steht in krassem Gegensatz zu ihrem tatsächlichen Wissen. Ein erheblicher Teil der Befragten weiß beispielsweise nicht, was an der Börse wirklich geschieht. Dieses Unwissen ist besonders in einer Zeit fatal, in der die Börse eine immer größere Rolle für die Altersvorsorge und im Vermögensaufbau spielt. Noch bedenklicher ist, dass zwei Drittel der Befragten zwar den Begriff "Inflationsrate" kennen, aber nur ein gutes Drittel weiß, wie hoch die Inflation zum Zeitpunkt der Befragung überhaupt war.

Solche Wissenslücken können weitreichende Konsequenzen haben. Denn die Inflation beeinflusst ja nicht nur die Preise für unsere alltägliche Lebenshaltung, sondern auch die Kaufkraft unserer Ersparnisse, die Höhe und Kaufkraft der späteren Rentenzahlungen und, und, und. Wenn man die Wirkung der Inflation nicht versteht, kann man kaum fundierte finanzielle Entscheidungen treffen.

Lauter Ruf nach mehr Finanzbildung
Angesichts dieser Defizite ist es nicht überraschend, dass sich eine deutliche Mehrheit der Befragten für mehr Wirtschafts- und Finanzbildung in den Schulen ausspricht. Rund drei Viertel (74 Prozent) befürworten dies, und über zwei Drittel (69 Prozent) unterstützen die Forderung nach einem eigenen Schulfach, das Wirtschafts- und Finanzwissen vermittelt. Interessanterweise denken die meisten Befragten, die sich mehr Wirtschaft in der Schule wünschen, vorrangig an Themen wie den Umgang mit Geld, Möglichkeiten der Altersvorsorge und Informationen zum Finanz- und Wirtschaftssystem. Diese Bereiche sind in der Tat essenziell für eine solide finanzielle Grundbildung und sollten deshalb auch prioritär behandelt werden.

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass das Bewusstsein für die Bedeutung von Finanzbildung in Deutschland inzwischen stark verankert ist und es einen entsprechend breiten Konsens in der Gesellschaft gibt. Das ist auch ein klares Signal an die Politik, die Ansätze, die es inzwischen für eine umfassendere und zugänglichere Finanzbildung gibt, jetzt kraftvoll voranzutreiben. Finanzbildung ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Keine Kür, sondern Pflicht! Die Menschen brauchen sie, um fundierte, nachhaltige Entscheidungen für ihre finanzielle Zukunft zu treffen. (Bundesverband deutscher Banken: ra)

eingetragen: 03.09.24
Newsletterlauf: 20.11.24

Bundesverband deutscher Banken: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Studien

  • Lösungsansätze gegen den GenAI-Gender Gap

    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

  • Rote Linien für die zukünftige Nutzung von KI

    Laut einer aktuellen Studie von NTT Data droht eine Verantwortungslücke die durch KI möglich gewordenen Fortschritte zu untergraben. Mehr als 80 Prozent der Führungskräfte räumen ein, dass Führungsfähigkeiten, Governance und die Bereitschaft der Mitarbeitenden nicht mit den Fortschritten der KI mithalten können. Das gefährdet Investitionen, Sicherheit und das Vertrauen der Öffentlichkeit.

  • Europas Sanktionslandschaft

    Die Durchsetzung der europaweiten Datenschutz-Gesetzgebung hat einen neuen Höchststand erreicht: Erstmals überschreiten die öffentlich bekannten Bußgelder in Europa die Marke von fünf Milliarden Euro. Seit Inkrafttreten der General Data Protection Regulation (GDPR) im Mai 2018 wurden bis März 2025 insgesamt rund 5,65 Milliarden Euro an Strafen verhängt - ein Plus von 1,17 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Diese Rekordsumme spiegelt wider, wie stark sich die europäische Sanktionspraxis in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

  • Absicherung unternehmerischer Entscheidungen

    Die zunehmende Regulierungsdichte mit immer neuen Vorschriften erschwert Vorständen und Aufsichtsräten die rechtliche Einschätzung unternehmerischer Entscheidungen und bremst unternehmerisches Handeln. Das Deutsche Aktieninstitut und die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz haben die Studie "Absicherung unternehmerischer Entscheidungen - Entscheidungsfindung in unsicheren Zeiten" veröffentlicht.

  • Herausforderung: Datenschutz & geteilte Geräte

    Die Digitalisierung schreitet in der Transport- und Logistikbranche stetig voran und macht Prozesse innerhalb der Lieferkette immer transparenter und damit nachvollziehbarer. So kam die jüngste Studie "Digitale Innovationen: Was die Transport- und Logistikbranche jetzt braucht" von SOTI zu dem Ergebnis, dass sich 80 Prozent (weltweit 78 Prozent) der deutschen Arbeitnehmenden im T&L-Bereich durch die technische Nachverfolgbarkeit von Waren, für die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Verantwortung tragen, sicherer fühlen. Gleichzeitig empfinden jedoch 61 Prozent das Tracking dienstlicher Geräte als Eingriff in ihre Privatsphäre (weltweit 55 Prozent).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen