Verschärfung der Host-Provider-Haftung


Gutachten belegt: WLAN-Gesetzentwurf gefährdet Internetbranche - Neue Regelung zu "gefahrgeneigten Diensten" torpediert gesamte Host-Provider Branche
eco: "Wir erleben hier nach dem IT-Sicherheitsgesetz und der geplanten Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung einen weiteren Sonderweg der Bundesregierung, der eine Art Parallelgesetzgebung zum geltenden EU-Recht etabliert und damit Rechtsunsicherheit schafft"

(06.10.15) - Das geplante Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG) soll zum einen Fragen zur Haftung von WLAN-Betreibern regeln. Zum anderen enthält es aber auch neue Regelungen zur Verschärfung der Host-Provider-Haftung. Diese werden in der öffentlichen Diskussion des Gesetzes bislang kaum wahrgenommen, obwohl sie für viele Online-Geschäftsmodelle folgenreich wären. eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. warnt: Besonders der neu eingeführte undefinierte Begriff der "gefahrgeneigten Dienste" könnte sich potenziell auf die gesamte Host-Provider Branche negativ auswirken und zahlreiche etablierte und allgemein anerkannte Geschäftsmodelle wie Cloud-basierte Services, Medien-Plattformen und Social Media Dienste kriminalisieren, mit unabsehbaren Folgen für die Nutzer. Ein im Auftrag von eco durch die renommierten Medienrechtsexperten Dr. Dieter Frey , LL.M., Dr. Matthias Rudolph sowie Dr. Jan Oster, LL.M. angefertigtes Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die in dem Gesetzesentwurf vorgeschlagene Neuregelung aufgrund mehrerer Gesichtspunkte gegen geltendes EU-Recht verstößt und zu erheblicher Rechtsunsicherheit beitragen würde.

Neue Regelung zu "gefahrengeneigten Diensten" torpediert gesamte Host-Provider Branche
"Wir erleben hier nach dem IT-Sicherheitsgesetz und der geplanten Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung einen weiteren Sonderweg der Bundesregierung, der eine Art Parallelgesetzgebung zum geltenden EU-Recht etabliert und damit Rechtsunsicherheit schafft", sagt Oliver Süme, eco Vorstand Politik & Recht. "Das ist eine gefährliche Entwicklung, die über kurz oder lang die deutsche Provider-Branche international ins Abseits katapultieren könnte", so Süme.

Die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern ist bereits auf europäischer Ebene im Rahmen der sogenannten E-Commerce Richtlinie (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) geregelt.

Der Anwendungsbereich und die inhaltliche Reichweite der Host-Provider-Privilegierung können nicht national festgelegt werden. Die geplante Regelung steht damit auch im Widerspruch zur europäischen Strategie für den digitalen Binnenmarkt und greift gleichzeitig der Europäischen Kommission vor, die bis Ende 2015 eine umfassende Untersuchung über die Rolle von Plattformen und Mittlern im Internet einleiten will. "Dieser Gesetzesentwurf sorgt systematisch und rechtlich für Chaos", sagt Dr. Dieter Frey, Medienrechtsexperte und Verfasser des Gutachtens.

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Wachstumsmarkt Cloud Computing besonders gefährdet
Besonders gefährdet sind aus Sicht von eco cloudbasierte Dienste wie zum Beispiel Dropbox. Über ein Drittel der Deutschen nutzt diese Online-Speicherdienste bereits regelmäßig, um persönliche Daten wie Fotos, Musik oder Filme zu sichern. Die geplante Regelung könnte zu einem unkalkulierbaren Risiko für diese Geschäftsmodelle werden und damit einen der bedeutendsten Wachstumsmärkte in Deutschland sabotieren. Der Branchenanalyst IDC rechnet in einer aktuellen Studie* in Deutschland mit einem überdurchschnittlichen Jahreswachstum von 26 Prozent bei Cloud Diensten. Für 2018 prognostiziert IDC ein Marktvolumen von knapp 7,9 Milliarden Euro. "Die Cloudindustrie ist einer der wichtigsten Wachstumstreiber für die deutsche Wirtschaft", sagt Oliver Süme, "die Bundesregierung handelt unverantwortlich, wenn sie ausgerechnet diese Branche mit derart schlecht durchdachten Gesetzesregelungen belastet."

Befriedigung von Partikularinteressen der Musik- und Medienindustrie
Besonders zweifelhaft erscheint das Gesetzesvorhaben vor dem Hintergrund, dass die geplante Regelung zu "gefahrgeneigten Diensten" voraussichtlich ausschließlich legale und etablierte Geschäftsmodelle treffen wird, während die "schwarzen Schafe", denen der Gesetzgeber hier eigentlich habhaft werden will, vom Ausland aus agieren und damit unbehelligt blieben. "Die Regelung ist ein Zugeständnis an die Partikularinteressen der Rechteinhaber, insbesondere der Musikindustrie" sagt Oliver Süme. "Dem im Koalitionsvertrag und der Digitalen Agenda 2014-2017 erklärten Ziel, durch die Einschränkung des Haftungsprivilegs für Hostprovider der Verletzung von Urheberrechten entgegenzuwirken, kommt die Bundesregierung mit diesem Entwurf allerdings keinen Schritt näher, stattdessen setzt sie sämtliche Host-Provider einem unnötigen Haftungsrisiko aus". (eco: ra)

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