Wirtschaftliche Einbußen durch unklare Rechtslage


Selbständige IT-Spezialisten hochzufrieden mit ihrem Beruf, aber nicht mit der Politik
Studie liefert erstmals repräsentatives Meinungsbild zur Zufriedenheit von Selbständigen



IT-Freelancer sind weitaus zufriedener mit ihrer Arbeit als andere Berufstätige und haben fast durchweg ein erfülltes Berufsleben. Das hat eine Studie von Allensbach im Auftrag des Bundesverbandes für selbständige Wissensarbeit (vormals ADESW) ergeben. Unzufrieden sind die Digitalexperten vor allem mit der Politik – sie kritisieren die unklare Rechtslage rund um (Schein-)Selbständigkeit und fordern die Anerkennung ihrer Tätigkeit als gleichwertige Beschäftigungsform. Nach einer Untersuchung der finanziellen Situation und der sozialen Absicherung der Berufsgruppe im Frühjahr 2018 bringt die nun veröffentlichte Untersuchung weitere Einblicke in ein bislang wissenschaftlich nur wenig durchleuchtete Gruppe von Erwerbstätigen.

77 Prozent aller solo-selbständigen IT-Spezialisten sind mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. Diese Zahl beeindruckt vor allem im Vergleich: Denn unter Berufstätigen insgesamt ist es nur ein Viertel. Das ist ein zentrales Ergebnis einer Umfrage, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesverbandes für selbständige Wissensarbeit e.V. (vormals ADESW) durchgeführt hat.

Mit 94 Prozent geben fast alle befragten IT-Freelancer an, dass sie ein erfülltes Berufsleben haben. Das bedeutet, Selbständigkeit ist für sie Wunschmodell der Erwerbsform – und nicht Plan B: Nur für 8 Prozent der Teilnehmer war der Gang in die Selbständigkeit eine Notlösung. Entsprechend würden mit 96 Prozent fast alle diesen Schritt erneut gehen. "Politische Entscheidungsträger betrachten Solo-Selbständigkeit häufig als eine eher aus der Not heraus geborene, defizitäre Form der Berufstätigkeit", erklärt Studienleiter Dr. Steffen de Sombre. "Dies mag in manchen Bereichen zutreffen – für die solo-selbständigen Fachkräfte im IT-Bereich dagegen in aller Regel nicht."

Thema Scheinselbständigkeit nervt die Freelancer
Carlos Frischmuth, Vorstandsvorsitzender beim Bundesverband für selbständige Wissensarbeit, schließt sich der Einschätzung an: "Nachdem wir mit unserer ersten Studie bereits zeigen konnten, dass die finanzielle Situation und Altersvorsorge der IT-Freelancer sehr gut ist, räumt diese neue Studie mit einem weiteren hartnäckigen Klischee auf: Für IT-Experten ist die Selbständigkeit keine Not- oder Verlegenheitslösung sondern fast immer ein bewusster Karriereschritt. Dieser Schritt lohnt sich für sie nicht nur finanziell, sondern führt auch zu sehr hoher Zufriedenheit mit dem Berufsleben."

Die aktuelle Gesetzeslage sehen die Solo-Selbständigen im Hinblick auf ihren Markt und seine Belange deutlich negativ. Nur 1 Prozent der Selbständigen bewertet die Rechtslage als sehr klar. Insbesondere das Thema Scheinselbständigkeit nervt die Freelancer. Rund die Hälfte der Befragten nimmt wahr, dass Unternehmen wegen dieses Themas teilweise zögern, Aufträge an Freelancer zu vergeben, und mehr als jeder Zweite hat nach eigener Angabe deshalb bereits wirtschaftliche Nachteile erlitten. 56 Prozent sehen gar ihre komplette Selbständigkeit durch die unklare Rechtslage bedroht.

IT-Experten nehmen die Politik in die Pflicht
An den Gesetzgeber haben die IT-Spezialisten klare Forderungen, insbesondere in Bezug auf das Statusfeststellungsverfahren. Bei diesem Verfahren prüft die Rentenversicherung, ob ein Auftragnehmer als Selbständiger oder als abhängig Beschäftigter betrachtet wird. Drei Viertel der Befragten wollen eine Überarbeitung des Statusfeststellungsverfahrens. Die häufigste Forderung ist dabei mit 87 Prozent die Einführung von Positivkriterien, also von Kriterien, die eine selbständige Tätigkeit zweifelsfrei belegen und damit die notwendige Rechtssicherheit für Solo-Selbständige und ihre Auftraggeber schaffen.

Darüber hinaus fordern 83 Prozent der befragten Solo-Selbständigkeiten in der IT, ihre Erwerbsform als gleichwertig anzuerkennen. "Dieser spezifische Bereich des Arbeitsmarktes wird durch das Tempo der Digitalisierung immer mehr zur agilen Projektwirtschaft", erklärt Carlos Frischmuth. "Deutschland kann es sich daher nicht leisten, Selbständigkeit als Randphänomen zu behandeln oder gar durch eine unklare Rechtslage zu behindern. Diese Menschen bringen uns einen Modernisierungsschub. Wenn wir ihnen Steine aus dem Weg räumen, profitieren alle davon. Selbständigkeit ist für die Freelancer erfüllend und lukrativ und für die deutsche Wirtschaft unverzichtbar."

Zur Methodik der Studie:
Für die Untersuchung wurde eine Zufallsstichprobe von 12.000 IT-Spezialisten gezogen. 1.809 solo-selbständige IT-Experten nahmen an der Studie teil. Durch Filterfragen am Anfang des Fragebogens wurde sichergestellt, dass ausschließlich selbständige Solo-Unternehmer in die Auswertung einfließen.

Eine ausführliche Darstellung aller Ergebnisse inklusive Grafiken finden Sie im Ergebnisband der Studie "Solo-selbständige IT-Spezialisten - Berufliche Zufriedenheit und politische Forderungen". Unter dieser Adresse finden Sie auch unsere Vorgängerstudie zum Thema "Einkommenssituation und Altersvorsorge solo-selbständiger IT-Spezialisten".
(Bundesverband für selbständige Wissensarbeit: ra)

eingetragen: 30.12.18
Newsletterlauf: 14.02.19

Bundesverband für selbständige Wissensarbeit

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.



Meldungen: Studien

  • Lösungsansätze gegen den GenAI-Gender Gap

    Frauen drohen bei Künstlicher Intelligenz (KI), die bis 2030 allein in Deutschland 3 Millionen Jobs verändern könnte, ins Hintertreffen zu geraten. So zeigen aktuelle Zahlen von Coursera, dass lediglich 27 Prozent der Lernenden in Generative-AI (GenAI)-Kursen in Deutschland (102.000 Einschreibungen) weiblich sind. Dies liegt noch unter dem weltweiten Durchschnitt von 32 Prozent und reicht im Ländervergleich gerade für einen Platz in den Top-Ten (Platz 9). Und das, obwohl sich allein auf Coursera im vergangenen Jahr weltweit alle 10 Sekunden jemand in einen GenAI-Kurs einschrieb.

  • Rote Linien für die zukünftige Nutzung von KI

    Laut einer aktuellen Studie von NTT Data droht eine Verantwortungslücke die durch KI möglich gewordenen Fortschritte zu untergraben. Mehr als 80 Prozent der Führungskräfte räumen ein, dass Führungsfähigkeiten, Governance und die Bereitschaft der Mitarbeitenden nicht mit den Fortschritten der KI mithalten können. Das gefährdet Investitionen, Sicherheit und das Vertrauen der Öffentlichkeit.

  • Europas Sanktionslandschaft

    Die Durchsetzung der europaweiten Datenschutz-Gesetzgebung hat einen neuen Höchststand erreicht: Erstmals überschreiten die öffentlich bekannten Bußgelder in Europa die Marke von fünf Milliarden Euro. Seit Inkrafttreten der General Data Protection Regulation (GDPR) im Mai 2018 wurden bis März 2025 insgesamt rund 5,65 Milliarden Euro an Strafen verhängt - ein Plus von 1,17 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Diese Rekordsumme spiegelt wider, wie stark sich die europäische Sanktionspraxis in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

  • Absicherung unternehmerischer Entscheidungen

    Die zunehmende Regulierungsdichte mit immer neuen Vorschriften erschwert Vorständen und Aufsichtsräten die rechtliche Einschätzung unternehmerischer Entscheidungen und bremst unternehmerisches Handeln. Das Deutsche Aktieninstitut und die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz haben die Studie "Absicherung unternehmerischer Entscheidungen - Entscheidungsfindung in unsicheren Zeiten" veröffentlicht.

  • Herausforderung: Datenschutz & geteilte Geräte

    Die Digitalisierung schreitet in der Transport- und Logistikbranche stetig voran und macht Prozesse innerhalb der Lieferkette immer transparenter und damit nachvollziehbarer. So kam die jüngste Studie "Digitale Innovationen: Was die Transport- und Logistikbranche jetzt braucht" von SOTI zu dem Ergebnis, dass sich 80 Prozent (weltweit 78 Prozent) der deutschen Arbeitnehmenden im T&L-Bereich durch die technische Nachverfolgbarkeit von Waren, für die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Verantwortung tragen, sicherer fühlen. Gleichzeitig empfinden jedoch 61 Prozent das Tracking dienstlicher Geräte als Eingriff in ihre Privatsphäre (weltweit 55 Prozent).

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen