56 Prozent forderten Anonymität


Deutsche Chefs fürchten Whistleblower aus gutem Grund
Mehrheit der Arbeitnehmer würde Hinweise auf Missstände abgeben – moralische und professionelle Beweggründe überwiegen – jeder Dritte würde illegale IT-Aktivität bekannt machen.

23. Juni 2025

In deutschen Unternehmen herrscht keine Akzeptanz für Verstöße und Missstände. Die überwiegende Mehrheit (62 Prozent) der Befragten einer aktuellen Umfrage schreitet dagegen zur Tat: Sie würden unethisches oder illegales Handeln am Arbeitsplatz durch einen Hinweis bekannt machen. Die Haltung der Führungsebene überrascht: 55 Prozent der Geschäftsführer vermuten Missstände in Unternehmen, die ihrem eigenen ähnlich sind. 17 Prozent wissen sogar von Missständen im eigenen Unternehmen. Ganze 40 Prozent der Geschäftsführer geben an, sich große Sorgen zu machen, dass jemand einen Hinweis darauf abgeben könnte.

Korrektheit und Disziplin scheinen noch immer Werte deutscher Arbeitnehmer zu sein. Denn die äußern großes Verständnis dafür, wenn jemand einen Hinweis auf illegales oder unethisches Handeln gibt:

>> 40 Prozent meinen, dass dieser zum Vorteil seiner Kollegen handelt,
>> 50 Prozent halten den gesetzlichen Schutz von "Whistleblowern" für nicht ausreichend,
>> 82 Prozent sind der Meinung, dass Unternehmen für Verstöße wie etwa unlizenzierte Software die Verantwortung tragen sollten.

Warum würden die Arbeitnehmer illegale Praktiken melden?
>> 72 Prozent würden aus moralischen Überzeugungen handeln,
>> 44 Prozent aus professionellen Gründen,
>> 30 Prozent als Reaktion auf schlechte Behandlung,
>> 16 Prozent für eine finanzielle Belohnung.

Damit sind Mitarbeiter in Deutschland im europäischen Vergleich diejenigen, die am ehesten finanzielle Interessen als Motiv für einen Hinweis angeben.

Georg Herrnleben, Senior Director Compliance & External Affairs EMEA der BSA | The Software Alliance, sagte: "Was diese Umfrage zeigt, ist das hohe Maß an Problembewusstsein für Verstöße in Unternehmen. Interessant ist, dass viele Arbeitnehmer in Deutschland es für sehr wahrscheinlich halten, dass andere Unternehmen illegal oder unethisch handeln, aber nur wenige das vom eigenen Unternehmen vermuten. Doch in den Führungsetagen ändert sich dieses Bild – Probleme im eigenen Unternehmen wie etwa unlizenzierte Software sind vielen Verantwortlichen bekannt. Sie fürchten zu Recht, dass Whistleblower sie aufdecken könnten. Wir erleben in unserer Ermittlungsarbeit häufig, dass Klagen der Mitarbeiter ungehört bleiben. Die Entscheidung, mit den Informationen zu Verstößen nach außen zu gehen, ist dann oft der einzige Weg."

Potentielle Whistleblower fordern Anonymität
Von den Befragten, die von Missständen im eigenen Unternehmen wussten, war nur ein Bruchteil (10 Prozent) unter keinen Umständen bereit, einen Hinweis abzugeben. Die Hälfte (50 Prozent) wünschte sich dafür Anonymität, ein Drittel (38 Prozent) forderte eine finanzielle Entlohnung.

Ältere Arbeitnehmer achten stärker auf ethische Aspekte
Eine weitere Besonderheit zeigte sich im Vergleich der Altersgruppen: bei den 18- bis 34-Jährigen machten 45 Prozent eine Belohnung zur Voraussetzung eines Hinweises, 56 Prozent forderten Anonymität, 11 Prozent würden einen Hinweis abgeben, "weil es richtig ist". Anders bei den über 55-Jährigen. Hier wünschten sich 36 Prozent Anonymität, nicht ein einzelner Befragter forderte eine Belohnung, doch 45 Prozent würden einen Hinweis abgeben, "weil es richtig ist".

Unlizenzierte Software: strafrechtliche und finanzielle Konsequenzen vielfach akzeptiert.
Unlizenzierte Software in Unternehmen finden nur 4 Prozent der Befragten akzeptabel, 47 Prozent halten sie für illegal, 24 Prozent für "nicht best practice" und 17 Prozent verurteilen sie als unethisch. 9 Prozent der Befragten vermuten, dass ihr Unternehmen unlizenzierte Software einsetzt, unter den Geschäftsführern liegt dieser Wert bei 26 Prozent. Unter den Konsequenzen, die die Befragten für unlizenzierte Softwarenutzung angebracht halten, führen die strafrechtliche Verfolgung (44 Prozent) und finanzielle Konsequenzen (41 Prozent) vor dem Rufschaden (16 Prozent).

Die Umfrage wurde im April 2017 vom Marktforschungsunternehmen Opinium unter 2.000 Arbeitnehmern in kleinen bis mittleren Unternehmen in Deutschland durchgeführt. Sie ist Teil einer europaweiten Umfrage, deren Ergebnisse im Laufe des Jahres bekannt gegeben werden.
(BSA: ra)

eingetragen: 28.06.17
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