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Transparenz der Zahlungsströme


Mehrere Organisationen kritisieren, dass die Bundesregierung EU-Pläne für mehr Transparenz im Rohstoffsektor blockiert hat
Enorme Geldflüsse: Die jährlichen Rohstoffexporte aus Afrika betragen rund 246 Milliarden US-Dollar


(04.04.12) - Die Organisationen Transparency International Deutschland, ONE, Global Witness, Misereor sowie Brot für die Welt und das Global Policy Forum Europe erwarten von der Bundesregierung, den Widerstand gegen verbindliche Transparenzstandards im Rohstoffsektor aufzugeben. Um die negativen Auswirkungen der Ausbeutung mineralischer und fossiler Rohstoffe zu mindern, sollen Unternehmen Zahlungen an Regierungen rohstoffreicher Länder für jede Mine und jedes andere Projekt offenlegen. Dieser Vorschlag der EU-Kommission werde von einer anfänglichen Positionierung des Europäischen Parlaments nun unterstützt. Deutschland sei daher mit seiner ablehnenden Haltung auf europäischer Ebene einen Schritt weiter in die Isolation geraten.

Simon Taylor, Gründungsmitglied Global Witness, dazu: "Transparenz ist die Voraussetzung, um Missbrauch einen Riegel vorzuschieben. Dabei geht es um enorme Geldflüsse: die jährlichen Rohstoffexporte aus Afrika betragen rund US$ 246 Milliarden. Dies ist fast das Sechsfache der geleisteten Entwicklungshilfe von rund US$ 44 Milliarden."

"Aus dem sogenannten Ressourcenfluch muss ein Ressourcensegen werden. Wichtige Voraussetzung dafür ist mehr Transparenz der Zahlungsströme. Es ist gut, dass die EU-Kommission die Forstwirtschaft in die Liste der berichtspflichtigen Industriezweige aufgenommen hat. Angesichts der verheerenden Entwicklung der Landnahme durch Agrobusiness-Konzerne sollten aber auch diese unter die geplanten Berichtspflichten fallen", hebt die Vorsitzende der Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland, Edda Müller, hervor.

Tobias Kahler von ONE sagt: "Mehrere Rohstoffkonzerne setzen gerade alles daran, die vorgeschlagenen Regeln aufzuweichen. Im Europäischen Parlament ist dies nicht gelungen. Selbst die Heimatländer der großen Rohstofffirmen unterstützen das Vorhaben." Zu der Notwendigkeit einer projektgenauen Offenlegung, die Unternehmen verhindern wollen, fügt Kahler hinzu: "Wir wollen eine Transparenz-Regel mit Substanz. Die Bundesregierung darf sich nicht zur Speerspitze von Öl-Multis machen lassen."

Michael Hippler, Leiter der Afrika-Abteilung von Misereor weist darauf hin, dass mehr Transparenz der Zahlungsflüsse ein entscheidender erster Schritt ist, damit die Bevölkerung in den rohstoffreichen Entwicklungsländern ihre Menschenrechte – u.a. auf Nahrung, auf sauberes Wasser und auf Gesundheit – besser durchsetzen kann. "Es geht darum, dass die Bürger dort in die Lage versetzt werden, Rechenschaft von ihren Regierungen über die Höhe sowie insbesondere über die Verwendung der Einnahmen aus diesem Sektor einzufordern", so Michael Hippler.

Zum Hintergrund
Die Europäische Kommission hat am 25.10.2011 zwei Richtlinien in den legislativen Prozess eingebracht: die "Transparenzrichtlinie" (1) und die hiermit verbundene "Buchungsrichtlinie" (2) zur Berichterstattung von europäischen Unternehmen. Letztere hat eine herausragende Stellung im Kampf für Transparenz im Rohstoffsektor, da hier alle für den Prozess relevanten Definitionen bestimmt werden.

Der Vorschlag sieht vor, dass alle Unternehmen der Rohstoffbranche, wie u.a. Öl, Gas, aber auch Forstwirtschaft zukünftig ihre Zahlungen an Regierungen veröffentlichen müssen. Dabei müssen nicht nur national aggregierte Zahlen (country-by-country), sondern auch die Zahlungen auf Projektebene (project-by-project) offen gelegt werden.

Nachdem nun die Kommission beide Richtlinien an das Europäische Parlament sowie an den Rat der Europäischen Union versandt hat, obliegt es dem Parlament diese zu diskutieren und einen Bericht zu erstellen. Der Vorsitzende des hierfür zuständigen Rechtsausschusses hat am 27.03.2012 seinen Entwurf für den Bericht vorgelegt. Dieser wird in den kommenden Wochen innerhalb des Europäischen Parlaments diskutiert, bevor über den endgültigen Bericht im Juni abgestimmt wird.

In seinem Vorschlag hat der Berichterstatter Klaus-Heiner Lehne nun wesentliche Punkte hervorgehoben, die für eine effektive Verbesserung der Transparenz im Rohstoffsektor und somit für den Kampf gegen Korruption und für eine Verbesserung der Entwicklung für die Bevölkerungen in rohstoffreichen Staaten maßgeblich sind. So wird in seinem Bericht das Prinzip des Berichtsniveaus von Unternehmenszahlungen auf Projektebene bestätigt. Ebenso hält der Bericht einen absoluten Wert von 100.000 EUR als Mindestlevel für die Berichterstattung von Unternehmen fest.

Derzeit laufen die Verhandlungen innerhalb des Rates der Europäischen Union, welcher auf den Bericht des Parlaments eingehen muss. Die dänische Ratspräsidentschaft unterstützt die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Zahlungen auf Projektebene und versucht, eine Einigung zwischen Parlament und Rat noch während ihrer Präsidentschaft herbeizuführen.

Die Bundesregierung verweigert sich dem Vorschlag der Veröffentlichung der Zahlungen auf Projektebene und versucht, die Schwelle für die Berichtspflicht noch höher als 100.000 EUR zu setzen. Damit isoliert sich die Bundesregierung nicht nur innerhalb Europas, sondern jetzt auch gegenüber dem Europäischen Parlament.

(1) KOM(2011)683
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2004/109/EG zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, sowie der Richtlinie 2007/14/EG der Kommission
("Transparency Directive")

(2) KOM(2011)684
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen
("Accounting Directive")
(Transparency: ra)

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