Störerhaftung behindert WLAN-Verbreitung


Mehr öffentliches WLAN: Störerhaftung abschaffen
Stellungnahme des vzbv mit Vorschlägen für rechtssichere öffentliche WLAN-Netze - Gesetzentwurf der Bundesregierung bringt keine Verbesserung zur jetzigen Rechtslage

(01.12.15) - In vielen Ländern weltweit können Verbraucher fast überall öffentliche WLAN-Hotspots nutzen und sind mit wenigen Klicks online. In Deutschland ist das anders, hier gilt die Störerhaftung: Anbieter von WLAN-Hotspots können für Rechtsverstöße von Nutzern haftbar gemacht werden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt: Die neue Gesetzesinitiative der Bundesregierung zur Störerhaftung verschärft die Haftungsregeln statt sie zu verbessern. Das führt zu noch weniger öffentlichem WLAN statt endlich die Abdeckung zu verbessern.

"Deutschland ist offline. Die Störerhaftung verhindert, dass […] Verbraucher überall und unkompliziert öffentliche WLAN-Hotspots nutzen können. Die Bundesregierung will die WLAN-Abdeckung in Deutschland zu verbessern. Das wird sie nur erreichen, wenn die Störerhaftung endlich abgeschafft wird. Das wäre auch ein wichtiges Signal für die Willkommenskultur für Flüchtlinge: Denn die Versorgung mit WLAN ist ein wichtiger Baustein für soziale Teilhabe und Integration", sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv.

Der Internetzugang ist eine zentrale Voraussetzung für soziale Teilhabe: Wer offline ist, ist von vielen Informationen oder von Kommunikations- und Konsummöglichkeiten abgeschnitten. Die Bundesregierung hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Abdeckung mit öffentlichem WLAN in Deutschland zu verbessern und für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf erreicht sie nach Einschätzung des vzbv genau das Gegenteil: Durch unklare Begriffe wie "zumutbare Maßnahmen" und "angemessene Sicherungsmaßnahmen" werden die Hürden für Anbieter von öffentlichem WLAN größer – egal ob für das Café nebenan, eine Freifunkinitiative oder für Privatpersonen, die Freunde ins WLAN lassen.

Um auf der sicheren Seite zu sein, müssten Anbieter von öffentlichem WLAN ihre Anschlüsse verschlüsseln – sonst könnten sie haftbar gemacht werden, wenn über ihren Anschluss etwa illegal Musik runtergeladen wird. Der Schlüssel für das WLAN müsste außerhalb der elektronischen Kommunikation zugänglich gemacht werden, beispielsweise per Brief oder als Ausdruck, der ausgehändigt wird. Das widerspricht der Idee eines öffentlichen WLAN, das schnell und einfach zugänglich ist.

Der vzbv begrüßt daher ausdrücklich den Beschluss des Bundesrats, für mehr Klarheit im Gesetz zu sorgen. Der Bundesrat schlägt vor, dass Anbieter von öffentlichem WLAN von der Störerhaftung befreit werden, wenn sie nicht absichtlich mit Nutzern zusammenarbeiten, um rechtswidrige Handlungen zu begehen. Wer weiß, dass jemand anderes den Zugang für Urheberrechtsverletzungen nutzt, muss das verhindern. Hat er keine Kenntnis, ist er von der Haftung befreit. Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen "zumutbaren Maßnahmen" oder "angemessenen Sicherheitsmaßnahmen" lehnt der vzbv ab.

"Die Störerhaftung muss abgeschafft werden. Wir brauchen mehr öffentliches WLAN in Deutschland", so Müller.

Verschärfung für Hostprovider: Selbstzensur droht
Die Bundesregierung sieht in ihrem Gesetzentwurf zusätzlich vor, die Haftung für Diensteanbieter zu verschärfen. Cloud-Dienste, Medienplattformen oder Social Media-Dienste sollen dafür haften, wenn Nutzer urheberrechtlich geschütztes Material in diesen Diensten unberechtigt verbreiten oder speichern. Anbieter wären dann verstärkt dazu angehalten, Inhalte zu löschen, wenn sie Urheberrechtsverletzungen vermuten.

"Die Anbieter werden zu Hilfssheriffs gemacht. Wenn sie nach eigenem Ermessen Inhalte löschen und zensieren, bedroht das die Vielfalt und künstlerische Freiheit im Netz", so Müller. (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)

Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Weitere Maßnahmen sollten folgen

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt die Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), den sektoralen Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienfinanzierungen von zwei auf ein Prozent zu senken. Damit reagiert die Aufsicht auf die veränderten Marktbedingungen und kommt einer Forderung der Kreditwirtschaft nach. Der Schritt ist ein wichtiges Signal für die differenzierte und verantwortungsvolle Anwendung makroprudenzieller Instrumente.

  • Dringend gesetzliche Klarheit & Bürokratieabbau

    Als am 1. Juli 2024 die Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV) in Kraft getreten ist, waren sich die meisten Krankenhäuser über die weitreichenden Folgen vermutlich noch gar nicht im Klaren. Denn: Auch wenn der ursprüngliche Gedanke aus dem Gesundheitsministerium durchaus begrüßenswert ist - nämlich Pflege und Versorgung im Gesundheitswesen zu verbessern - ist es wieder einmal das Wie, das eine Besserung der oftmals dramatischen Lage verhindert. In der Praxis erweist sich die Verordnung nämlich nicht als pragmatische Lösung für bessere Arbeitsbedingungen oder einen Abbau von zeitintensiver Bürokratie, sie ist ziemlich genau das Gegenteil: ein bürokratisches Monster, das an inhaltlicher Komplexität seinem eigenen Namen in nichts nachsteht.

  • Stärkung der Demokratie notwendiger denn je

    Transparency Deutschland (TI-D) hat den Koalitionsvertrag der neuen Regierung geprüft - die Bilanz fällt weitgehend ernüchternd aus. Mit Blick auf Lieferkettengesetz, Geldwäschebekämpfung sowie Klima- und Umweltpolitik seien leider erhebliche Rückschritte zu erwarten.

  • Bewertung von PCI DSS 4.0

    Am 31. März 2025 trat die neueste Version des Payment Card Industry Data Security Standard (PCI DSS) in Kraft - Version 4.0*. PCI DSS 4.0 verlangt nicht nur, dass digitale Identitäten eindeutig Personen zugeordnet werden, sondern legt zudem den Fokus auf die Aufrechterhaltung robuster Sicherheitsmaßnahmen angesichts sich ständig weiterentwickelnder Cyberbedrohungen. Organisationen, die mit Zahlungskartendaten arbeiten, müssen verbesserte Sicherheitsanforderungen umsetzen - darunter auch starke Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA).

  • EU-Richtlinie gegen Diskriminierung muss kommen

    Auf EU-Ebene fanden weitere Verhandlungen zur "5. Antidiskriminierungsrichtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung" statt. Der Sozialverband VdK fordert die Bundesregierung auf, sich endlich dafür einzusetzen, dass diese verabschiedet wird.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen