Nachhaltigkeit ein strategischer Erfolgsfaktor


Omnibus-Paket: Reduzierung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen
Weniger Berichtspflicht heißt nicht weniger Relevanz



Von Robert Szilinski, CEO der esentri AG

Die Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen wurden durch das "Omnibus-Paket" deutlich reduziert. Die betroffenen Unternehmen reagieren erleichtert, doch wie relevant ist das Thema Nachhaltigkeit auf lange Sicht? Gibt es überhaupt Gründe über die Aufweichung der Berichtspflichten erleichtert zu sein?

Die Europäische Kommission hat kürzlich mit dem "Omnibus"-Paket eine erhebliche Reduzierung der Berichtspflichten für Unternehmen vorgelegt. Mit der sogenannten "Stop-the-Clock"-Richtlinie verabschiedete das Europäische Parlament am 14. April 2025 den ersten Teil des Pakets. Besonders betroffen sind das Lieferkettengesetz (CSDDD) und die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), deren Anforderungen gelockert wurden. Diese Entscheidung soll die europäische Wirtschaft stärken, den Verwaltungsaufwand senken und Unternehmen um bis zu 40 Mrd. Euro entlasten.

Im Koalitionsvertrag der künftigen Regierungspartner ist zu lesen, dass diese die Omnibus-Initiative der EU unterstützt, und im Rahmen des angestrebten Bürokratieabbaus einige Sofortmaßnahmen beim Thema nachhaltiges Wirtschaften plant. So soll das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) abgeschafft und durch die Umsetzung der Europäischen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) ersetzt werden. Die Umsetzung soll "bürokratiearm und vollzugsfreundlich" von statten gehen.

Weniger Bürokratie ist sicherlich gut und die EU müsste im Zuge dessen ihren Regulations-Tsunami korrigieren. Aber Nachhaltigkeit als strategischen Erfolgsfaktor aus dem Blick zu verlieren, wäre aus meiner Sicht ein fataler Fehler. Denn weniger Berichtspflicht heißt nicht weniger Relevanz. Unternehmen sollten weiterhin in die Analyse wesentlicher Nachhaltigkeitsthemen investieren. Die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse (DWA) bleibt der Goldstandard, um Chancen, Risiken und Handlungsfelder für die Zukunft zu identifizieren. Nur so wird Nachhaltigkeit zum Innovationstreiber.

Hinzu kommt, dass Investoren, Banken und Versicherungen weiterhin ESG-Daten einfordern werden. Die Anpassung der Standards bedeutet nicht, dass Kapitalgeber plötzlich weniger Transparenz erwarten. Gute ESG-Scores senken Finanzierungskosten und stärken die Position von Unternehmen am Markt. Ich bin mir sicher, dass dieser Punkt weiterhin Bestand hat, denn hohe Risiken, wie zum Beispiel im Rahmen von Klimaszenario- und Klimarisikoanalysen, haben enorme wirtschaftliche Folgen.

Für mich steht außerdem fest: Unternehmen, die Nachhaltigkeit strategisch verankern, sind krisenfester und innovativer. Die aktuellen Anpassungen an der CSRD reduzieren zwar insbesondere für den Mittelstand den regulatorischen Druck; aber smarte Unternehmen nutzen die Chance, sich trotzdem - vielleicht sogar "gerade jetzt" - proaktiv aufzustellen.

Die Entbürokratisierung ist ein guter Schritt, aber Unternehmen sollten die neu gewonnenen Spielräume nicht als Freibrief sehen, um Nachhaltigkeit zu vernachlässigen. Wer jetzt strategisch investiert und weiter konsequent an den Zukunftsthemen arbeitet, sichert sich gerade jetzt einen echten Wettbewerbsvorteil. Der EU Green Deal ist so viel mehr als Bürokratie: Wir sollten die Chancen daraus nutzen, um unsere Wirtschaft fit für die Zukunft zu machen.

Der Autor
Robert Szilinski ist CEO der esentri AG, einem Beratungshaus, das Unternehmen bei der Twin Transformation, einem ganzheitlichen Veränderungsprozess berät, der die digitale und nachhaltige Transformation verbindet. (esentri: ra)

eingetragen: 14.05.25

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