Wettbewerb und Breitband-Ausbau


EU-Kommission setzt erfolgreichen Breitband-Ausbau aufs Spiel
Breko: Nationale Regulierung darf von Neelie Kroes nicht ausgehebelt werden

(28.10.13) - Der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (Breko) wehrt sich gegen die von EU-Kommissarin Neelie Kroes geplante, einseitige Privilegierung großer europäischer Telekommunikationsunternehmen wie der Deutschen Telekom. Entsprechende Pläne Kroes‘ finden sich im von ihr vorgestellten Paket zur Neugestaltung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und Dienste – besser bekannt unter dem Namen "EU single market package". Der Breko hat in diesem Zusammenhang bereits vor der Abschaffung des TAL-Zugangs am Hauptverteiler oder Kabelverzweiger gewarnt.

"Europa ist immer noch in 28 einzelne nationale Kommunikationsmärkte mit jeweils einer begrenzten Zahl von Marktteilnehmern zersplittert (…)", heißt es im Papier der EU. "Dieser Flickenteppich stellt für Betreiber, die grenzübergreifende Dienste anbieten wollen, ein Zugangshindernis dar (…)." Neelie Kroes nennt in diesem Zusammenhang die USA und China als Vorbild, deren jeweilige Binnenmärkte mit 330 Millionen beziehungsweise 1,4 Milliarden Kunden von lediglich vier bis fünf großen Betreibern bedient würden, für die ein und dasselbe Recht, dasselbe Lizenzsystem und dieselbe Funkfrequenzpolitik gelte.

Das Problem: Gerade die von Kroes kritisierte Vielfalt auf dem Telekommunikationsmarkt sorgt in vielen europäischen Staaten – insbesondere auch in Deutschland – für Wettbewerb und Breitband-Ausbau. Ohne lokal und regional operierende Anbieter gäbe es auch hierzulande vielerorts keine Highspeed-Anschlüsse (etwa per Glasfaser oder VDSL), weil sich der Ausbau für die Deutsche Telekom nicht rechnet. Seit der Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes im Jahr 1998 wurden 105,3 Milliarden Euro in den gesamten TK-Markt investiert, davon 65 Prozent in die Festnetzinfrastruktur. 55 Prozent dieser Investitionen wurden dabei durch die alternativen Anbieter getragen.

Nach den Plänen der EU soll es künftig aber große "europäische Netzbetreiber" geben, die von einer einheitlichen Regulierung und Privilegien (z.B. nur noch Pflicht zur Bitstream-Vorleistung statt TAL-Zugang, Vorteile bei der Entgeltregulierung) profitieren sollen. Hinzu kommt ein fatales Signal: Entscheidungen der Bundesnetzagentur können demnach künftig per Veto aus Brüssel blockiert werden. Im EU-Entwurf heißt es hierzu konkret: "Entscheidet die Kommission gemäß Absatz 5, die nationale Regulierungsbehörde aufzufordern, einen Entwurf zurückzuziehen, so ändert die Behörde den Maßnahmenentwurf innerhalb von sechs Monaten ab dem Datum des Erlasses der Entscheidung der Kommission oder zieht ihn zurück."

Breko-Präsident Ralf Kleint kritisiert: "Der Entwurf der EU-Kommission gefährdet den erfolgreichen Breitband-Ausbau in Deutschland, der maßgeblich erst durch den Wettbewerb zustande gekommen ist und weiterhin erfolgt. Das von Frau Kroes propagierte Leitbild passt nicht auf Europa – und nimmt auf nationale Besonderheiten keinerlei Rücksicht."

Auch Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers wehrt sich gegen die Pläne aus Brüssel und sieht weitere Motive der EU-Kommission für den vorgelegten Entwurf: "Mit dem single market package hebelt Frau Kroes Entscheidungen der nationalen Regulierer wie der Bundesnetzagentur aus. Ihre Pläne führen unweigerlich zu einem europäischen Regulierer – und damit zu einem enormen Machtzuwachs für die EU-Kommission."

Der Breko appelliert daher an das Bundeswirtschaftsministerium, sich im Ministerrat für den Breitband-Wettbewerb in Deutschland stark zu machen. (Breko: ra)

Breko: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Weitere Maßnahmen sollten folgen

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt die Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), den sektoralen Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienfinanzierungen von zwei auf ein Prozent zu senken. Damit reagiert die Aufsicht auf die veränderten Marktbedingungen und kommt einer Forderung der Kreditwirtschaft nach. Der Schritt ist ein wichtiges Signal für die differenzierte und verantwortungsvolle Anwendung makroprudenzieller Instrumente.

  • Dringend gesetzliche Klarheit & Bürokratieabbau

    Als am 1. Juli 2024 die Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV) in Kraft getreten ist, waren sich die meisten Krankenhäuser über die weitreichenden Folgen vermutlich noch gar nicht im Klaren. Denn: Auch wenn der ursprüngliche Gedanke aus dem Gesundheitsministerium durchaus begrüßenswert ist - nämlich Pflege und Versorgung im Gesundheitswesen zu verbessern - ist es wieder einmal das Wie, das eine Besserung der oftmals dramatischen Lage verhindert. In der Praxis erweist sich die Verordnung nämlich nicht als pragmatische Lösung für bessere Arbeitsbedingungen oder einen Abbau von zeitintensiver Bürokratie, sie ist ziemlich genau das Gegenteil: ein bürokratisches Monster, das an inhaltlicher Komplexität seinem eigenen Namen in nichts nachsteht.

  • Stärkung der Demokratie notwendiger denn je

    Transparency Deutschland (TI-D) hat den Koalitionsvertrag der neuen Regierung geprüft - die Bilanz fällt weitgehend ernüchternd aus. Mit Blick auf Lieferkettengesetz, Geldwäschebekämpfung sowie Klima- und Umweltpolitik seien leider erhebliche Rückschritte zu erwarten.

  • Bewertung von PCI DSS 4.0

    Am 31. März 2025 trat die neueste Version des Payment Card Industry Data Security Standard (PCI DSS) in Kraft - Version 4.0*. PCI DSS 4.0 verlangt nicht nur, dass digitale Identitäten eindeutig Personen zugeordnet werden, sondern legt zudem den Fokus auf die Aufrechterhaltung robuster Sicherheitsmaßnahmen angesichts sich ständig weiterentwickelnder Cyberbedrohungen. Organisationen, die mit Zahlungskartendaten arbeiten, müssen verbesserte Sicherheitsanforderungen umsetzen - darunter auch starke Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA).

  • EU-Richtlinie gegen Diskriminierung muss kommen

    Auf EU-Ebene fanden weitere Verhandlungen zur "5. Antidiskriminierungsrichtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung" statt. Der Sozialverband VdK fordert die Bundesregierung auf, sich endlich dafür einzusetzen, dass diese verabschiedet wird.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen