Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Lizenznehmer von Pierre Cardin


EU-Kommission nimmt Lizenz- und Vertriebspraktiken der Modekette Pierre Cardin und ihres Lizenznehmers Ahlers unter die Lupe
Die Europäische Kommission hat Bedenken, dass Pierre Cardin und Ahlers gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstoßen haben könnten




Die Europäische Kommission will in einem förmlichen Verfahren prüfen, ob das Modehaus Pierre Cardin und sein Lizenznehmer, der Ahlers-Konzern, durch die Beschränkung des Verkaufs von Produkten der Marke Pierre Cardin ins EU-Ausland, im Internet oder an bestimmte Kundengruppen gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstoßen hat. Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager erklärte dazu: "Einer der wichtigsten Vorteile des EU-Binnenmarktes ist die Möglichkeit für Verbraucher, überall einkaufen und die Preise vergleichen zu können. Hindernisse für Parallelimporte führen zu einer unzulässigen Fragmentierung des Binnenmarkts. Deshalb werden wir jetzt prüfen, ob die Lizenzvergabe- und Vertriebspraktiken von Pierre Cardin und seinem größten Lizenznehmer Ahlers Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf von Kleidung, Schuhen und Accessoires einschränken, und zwar unabhängig davon, ob sie im Geschäft oder im Internet einkaufen wollen."

Das Modehaus Pierre Cardin vergibt Lizenzen für die Herstellung und den Vertrieb von Produkten seiner Marke. Der deutsche Bekleidungshersteller Ahlers ist der größte Lizenznehmer von Pierre Cardin im Europäischen Wirtschaftsraum.

Die Europäische Kommission hat Bedenken, dass Pierre Cardin und Ahlers gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstoßen haben könnten, indem den Lizenznehmern Einschränkungen im Hinblick auf den (Online- und Offline-) Verkauf von Produkten der Marke Pierre Cardin in andere EWR-Länder bzw. an bestimmte Abnehmergruppen auferlegt wurden. Konkret wird die Kommission prüfen, ob Pierre Cardin und Ahlers eine Strategie gegen Parallelimporte und Verkäufe von Produkten der Marke Pierre Cardin an bestimmte Kundengruppen entwickelt haben, indem sie gezielte Beschränkungen in den Lizenzverträgen durchgesetzt haben.

Das Verhalten der Unternehmen könnte, sofern es nachgewiesen wird, gegen das Verbot wettbewerbswidriger Vereinbarungen im EU-Recht (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) verstoßen.

Die Kommission wird diese eingehende Untersuchung vorrangig behandeln. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Hintergrund
Im Rahmen ihrer auf eigene Initiative durchgeführten Untersuchung mutmaßlicher wettbewerbswidriger Praktiken in der EU führte die Kommission am 22. Juni 2021 unangekündigte Nachprüfungen bei einem in Herstellung und Vertrieb von Bekleidung tätigen Unternehmen durch.

Verfahrenshintergrund
Nach Artikel 101 AEUV sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen verboten, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Wie diese Bestimmung umzusetzen ist, regelt die EU‑Kartellverordnung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates), die auch von den nationalen Wettbewerbsbehörden angewendet werden kann.

Nach Artikel 11 Absatz 6 der Kartellverordnung entfällt mit der Verfahrenseinleitung durch die Kommission die Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in der jeweiligen Sache. Artikel 16 Absatz 1 dieser Verordnung besagt ferner, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen dürfen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt.

Die Kommission hat die Unternehmen und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten von der Verfahrensleitung in dieser Sache unterrichtet.

Es gibt keine verbindliche Frist für den Abschluss einer kartellrechtlichen Untersuchung. Die Dauer einer solchen Untersuchung hängt von verschiedenen Faktoren ab, u. a. von der Komplexität der Sache, der Bereitschaft der Unternehmen zur Zusammenarbeit mit der Kommission und der Ausübung der Verteidigungsrechte.

Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens greift dem Ergebnis des Verfahrens nicht vor. Mit der Verfahrenseinleitung entfällt die Zuständigkeit der jeweiligen mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in der Sache. (EU-Kommission: ra)

eingetragen: 09.02.22
Newsletterlauf: 06.04.22


Meldungen: Europäische Kommission

  • Überarbeitung einschlägiger Vorschriften

    Die Europäische Kommission startet eine Aufforderung zur Stellungnahme und eine öffentliche Konsultation, mit denen Interessenträger aufgefordert werden, ihre Standpunkte zur Zukunft der EU-Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften zu übermitteln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Evaluierung, die im September 2024 mit der Veröffentlichung einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen abgeschlossen wurde, hat die Kommission beschlossen, das Verfahren zur Überarbeitung der einschlägigen Vorschriften einzuleiten, wobei es insbesondere darum gehen wird, die Vorschriften angesichts transformativer Veränderungen wie der Digitalisierung der Wirtschaft anzupassen. Alle Interessenträger können bis zum 2. Oktober 2025 Stellung nehmen.

  • Überprüfung der Betrugsbekämpfungsarchitektur

    Die Europäische Kommission hat einen strukturierten Reflexionsprozess zur Überprüfung der EU-Betrugsbekämpfungsarchitektur in Gang gesetzt. Die Überprüfung ergänzt die vorbereitenden Arbeiten für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Ziel ist es, einen verstärkten und effizienteren Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten.

  • Einhaltung von Verpflichtungszusagen

    Die Europäische Kommission hat Vivendi ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass das Unternehmen gegen die Anmeldepflicht und das Durchführungsverbot nach der EU-Fusionskontrollverordnung sowie gegen die Bedingungen und Auflagen des Kommissionsbeschlusses vom 9. Juni 2023 über die Genehmigung der Übernahme von Lagardère durch Vivendi verstoßen hat.

  • Marktbeherrschende Stellung

    Die Europäische Kommission hat Verpflichtungsangebote von Corning nach den EU-Kartellvorschriften für rechtsverbindlich erklärt. Die Verpflichtungen räumen die Bedenken der Kommission aus in Bezug auf von Corning geschlossene mutmaßlich wettbewerbswidrige Alleinbezugsvereinbarungen für Alkali-Aluminosilikatglas (im Folgenden "Alkali-AS-Glas"), das hauptsächlich als Abdeckglas in Smartphones und anderen tragbaren Elektronikgeräten zum Einsatz kommt.

  • Zusammenschlusses zwischen KKR und NetCo

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet, um zu ermitteln, ob KKR & Co. Inc. (im Folgenden "KKR") der Kommission im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens zur Übernahme des Unternehmens NetCo unrichtige oder irreführende Angaben übermittelt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen