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Kartelluntersuchung zum Devisenkassamarkt


Kartellrecht: Europäische Kommission verhängt Geldbußen in Höhe von 344 Mio. EUR gegen UBS, Barclays, RBS, HSBC und Credit Suisse wegen Beteiligung an Kartell im Devisenkassahandel
Kommission Margrethe Vestager: Der Devisenkassamarkt zählt zu den größten Finanzmärkten weltweit. Mit der Abstimmung ihres Verhaltens haben fünf Banken die Integrität des Finanzsektors auf Kosten der europäischen Wirtschaft und der europäischen Verbraucher untergraben



Die Europäische Kommission hat ihre Kartelluntersuchung zum Devisenkassamarkt (Foreign Exchange "Forex" spot trading market) mit der Verhängung von Geldbußen gegen fünf Banken abgeschlossen. Die Kommission hat einen Beschluss erlassen, mit dem sie gegen die vier Banken, die sich zu einem Vergleich entschlossen haben, und zwar UBS, Barclays, RBS und HSBC, eine Geldbuße in Höhe von insgesamt 261 Mio. EUR verhängt. Außerdem hat die Kommission im Rahmen des ordentlichen Verfahrens Credit Suisse mit einer Geldbuße von 83 Mio. EUR belegt.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager erklärte dazu: "Wir schließen unsere sechste Kartelluntersuchung im Finanzsektor seit 2013 ab und beenden den dritten Teil unserer Untersuchung zum Devisenkassamarkt. "Mit ihren Kartellbeschlüssen gegen UBS, Barclays, RBS, HSBC und Credit Suisse bringt die Kommission deutlich zum Ausdruck, dass sie weiterhin entschlossen ist, die für Investitionen und Wachstum so wichtige Solidität und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzsektors zu gewährleisten. Der Devisenkassamarkt zählt zu den größten Finanzmärkten weltweit. Mit der Abstimmung ihres Verhaltens haben die fünf Banken die Integrität des Finanzsektors auf Kosten der europäischen Wirtschaft und der europäischen Verbraucher untergraben."

Die Untersuchung der Kommission konzentrierte sich auf den Handel mit den G10-Währungen, bei denen es sich um die liquidesten und meistgehandelten Währungen weltweit handelt. Tauschen Unternehmen große Beträge verschiedener Währungen, so tun sie dies in der Regel über einen Devisenhändler. Zu den Hauptkunden der Devisenhändler zählen Vermögensverwalter, Pensionsfonds, Hedgefonds, Großunternehmen und andere Banken.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass bestimmte Händler, die für den Devisenkassahandel mit G10-Währungen für Rechnung der mit einer Geldbuße belegten Banken zuständig sind, sensible Informationen und Handelsabsichten austauschten und ihre Handelsstrategien von Zeit zu Zeit über einen professionellen Online-Chatroom mit Namen Sterling Lads koordinierten.

Auf der Grundlage des Informationsaustauschs konnten die Händler in Kenntnis der Marktsituation entscheiden, ob und wann sie die Währungen, die sie in ihren Portfolios hielten, verkaufen oder kaufen wollten – im Gegensatz zu einer Situation, in der unabhängig voneinander handelnde Händler das mit ihren Entscheidungen verbundene Risiko eingehen.

Durch diesen Informationsaustausch konnten die Händler bisweilen auch feststellen, wann eine Koordinierung möglich war, die zum Beispiel darin bestehen konnte, dass einige von ihnen vorübergehend auf Abschlüsse verzichteten, um die Geschäfte anderer Händler nicht zu beeinträchtigen.

Geldbußen
Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 (siehe auch MEMO) festgesetzt. Ausschlaggebend für die Höhe der Geldbußen sind insbesondere der Umsatz der Kartellbeteiligten mit den betreffenden Produkten im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), die Schwere der Zuwiderhandlung, die geografische Reichweite des Kartells und seine Dauer.

Auf der Grundlage der Kronzeugenregelung der Kommission von 2006 wurde UBS die Geldbuße, die insgesamt etwa 94 Mio. Euro betragen hätte, vollständig erlassen, da das Unternehmen die Kommission über die Existenz der Kartelle informiert hatte. Die Geldbußen von Barclays, RBS und HSBC wurden ermäßigt, um ihre Zusammenarbeit mit der Kommission bei der Untersuchung zu honorieren. Die Höhe der Ermäßigung richtet sich danach, wann die Unternehmen ihre Zusammenarbeit angeboten haben und inwieweit die von ihnen vorgelegten Beweismittel zum Nachweis des Kartells beigetragen haben.

Darüber hinaus ermäßigte die Kommission die gegen Barclays, HSBC, RBS und UBS verhängten Geldbußen auf der Grundlage ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren aus dem Jahr 2008 um 10 %, da die Unternehmen ihre Beteiligung am Kartell einräumten und die Verantwortung dafür übernahmen.

Da Credit Suisse nicht im Rahmen des Kronzeugen- oder Vergleichsverfahrens kooperierte, kamen ihm keine einschlägigen Ermäßigungen zugute. Die Kommission hat Credit Suisse jedoch eine Ermäßigung um insgesamt 4 Prozent gewährt, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Credit Suisse nicht für alle Vorwürfe haftbar gemacht wird.

Gegen die einzelnen Unternehmen wurden folgende Geldbußen verhängt:

Die Kommission leitete die Untersuchung in der Sache Forex ein, nachdem UBS auf der Grundlage der Kronzeugenregelung der Kommission einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt hatte.; Bild: EU-Kommission


Hintergrundinformationen zur Forex-Untersuchung
Die Kommission leitete die Untersuchung in der Sache Forex ein, nachdem UBS auf der Grundlage der Kronzeugenregelung der Kommission einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt hatte. Daraufhin beantragten die anderen Kartellmitglieder eine Geldbußenermäßigung. Die Untersuchung ergab, dass drei getrennte Zuwiderhandlungen in Bezug auf den Devisenkassamarkt vorlagen.

Die G10-Währungen, bei denen es sich eigentlich um 11 Währungen handelt (Euro, Pfund Sterling, japanischer Yen, Schweizer Franken, US-, kanadischer, neuseeländischer und australischer Dollar sowie dänische, schwedische und norwegische Krone), sind die liquidesten und meistgehandelten Währungen weltweit. Fünf dieser Währungen waren zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung Währungen des Europäischen Wirtschaftsraums.

Mit den Beschlüssen in der Sache Forex (Sterling Lads) wird die umfassendere Forex-Untersuchung der Kommission abgeschlossen. Zu den beiden anderen Zuwiderhandlungen wurden im Mai 2019 Vergleichsbeschlüsse erlassen:

Der Forex- (Three-Way-Banana-Split-) Vergleichsbeschluss bezog sich auf den Austausch in drei verschiedenen, zeitlich aufeinanderfolgenden Chatrooms ("Three way banana split / Two and a half men / Only Marge") zwischen Händlern von UBS, Barclays, RBS, Citigroup und JPMorgan. Die Zuwiderhandlung begann am 18. Dezember 2007 und endete am 31. Januar 2013.
Der Forex- (Essex-Express-) Vergleichsbeschluss behandelte den in zwei Chatrooms ("Essex Express ‘n the Jimmy" und "Semi Grumpy Old men") erfolgten Austausch zwischen Händlern von UBS, Barclays, RBS und Bank of Tokyo-Mitsubishi (jetzt MUFG Bank). Die Zuwiderhandlung begann am 14. Dezember 2009 und endete am 31. Juli 2012.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesem Kartellfall unter der Nummer AT.40135 auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht. Eine Liste der seit 2013 angenommenen Finanzmarkt-Kartellsachen ist unter diesem Link abrufbar (Seite 8).
https://ec.europa.eu/competition-policy/cartels/statistics_en

Maßnahmen gegen Kartelle
Nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens sind Kartelle und andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verboten.

Geldbußen für Unternehmen, die gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen, werden als Einnahmen im Gesamthaushaltsplan der EU verbucht. Die Mittel sind nicht für bestimmte Ausgaben vorgesehen. Stattdessen werden die Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt für das Folgejahr entsprechend gekürzt. Die Geldbußen tragen daher zur Finanzierung der EU bei und entlasten den Steuerzahler.

Gemäß dem Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ist die Union für diesen Fall, der vor Ablauf des Übergangszeitraums eingeleitet wurde, weiterhin zuständig ("fortdauernde Zuständigkeit"). Die EU wird dem Vereinigten Königreich seinen Anteil an der Geldbuße auszahlen, sobald diese rechtskräftig geworden ist. Die Einziehung der Geldbußen, die Berechnung des Anteils des Vereinigten Königreichs und die Erstattung werden von der Kommission vorgenommen.

Weitere Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Website unter der Rubrik "Cartels". Eine Aufstellung zur Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in Kartell- und Antitrustsachen seit Dezember 2019 ist unter diesem Link abrufbar.

Das Vergleichsverfahren
Der heutige Beschluss ist der 37. Vergleichsbeschluss seit Einführung des Vergleichsverfahrens für Kartelle im Juni 2008 (siehe Pressemitteilung und MEMO). In einem Vergleich räumen Unternehmen ein, dass sie an einem Kartell beteiligt waren, und übernehmen die Verantwortung dafür.

Dann kann die Kommission auf der Grundlage der Verordnung 1/2003 des Rates ein einfacheres und kürzeres Verfahren anwenden. Die Vorteile eines Vergleichs liegen auf der Hand: Verbraucher und Steuerzahler haben geringere Kosten zu tragen, und in der Kartellrechtsdurchsetzung werden Ressourcen für andere Fälle frei. Außerdem können die Unternehmen schneller mit einem Beschluss rechnen und zahlen eine um 10 % geringere Geldbuße. Da Credit Suisse sich letztlich gegen das Vergleichsverfahren entschied, wurde dieser Fall zum 8. hybriden Vergleichsverfahren und zum 2. Fall, in dem der Vergleichs- und der Verbotsbeschluss parallel erlassen werden.

Instrument für Hinweisgeber
Die Kommission hat ein System eingerichtet, über das Einzelpersonen die Kommission leichter über wettbewerbswidriges Verhalten informieren können, ohne ihre Identität preiszugeben. Die Anonymität der Hinweisgeber (Whistleblower) wird durch ein ausgefeiltes Kommunikationssystem mit Verschlüsselung gewahrt, über das Mitteilungen ausgetauscht werden können. Das Instrument kann über diesen Link aufgerufen werden.

Schadensersatzklagen
Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind rechtskräftige Beschlüsse der Kommission ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen die Kartellbeteiligten Geldbußen verhängt hat, kann Schadensersatz zuerkannt werden. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.

Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen‚ die die Mitgliedstaaten bis zum 27. Dezember 2016 umsetzen mussten‚ macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz zu erhalten. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 06.12.21
Newsletterlauf: 03.03.22


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